Unangenehme Überraschung.
„Hilfe! Da liegt ein Mann in meinem Bett!“
Mit einem Satz war Joe wieder an Ginys Wohnung und rüttelt an der verschlossenen Wohnungstüre.
„Giny! Du musst unbedingt aufsperren, damit ich dir helfen kann.“
Um dem Worten Nachdruck zu verleihen bewegt er einige Male rasch die Türschnalle hintereinander auf und ab. Dann hört Joe, wie jemand innen an die Türe tappt und den Schlüssel dreht.
Die Türe geht auf und hinter Giny erscheint ein bärtiger Kerl, der nicht mehr ganz nüchtern zu sein scheint. Weinend fällt Giny Joe um den Hals und fleht:
„Bitte! Bitte, schaff mir diesen Menschen vom Leib, ich habe solche Angst!“
Etwas unverständliches Murmelnt torkelt der Eindringling sich an Joe und Gimy vorbei und schwankt ziemlich zielstrebig der hell beleuchtenden offenen Wohnungstüre von Joe zu. Bevor noch Joe reagieren kann, schnappt der Fremdling die Flasche vom Clubtisch, setzt diese an den Mund und säuft die noch halb volle Sektflasche in einem Zug leer,
Dann folgt ein heftiger, nicht endentwollender Rülpser. Joe befürchtet schon, der Wüstling könnte ihm den Teppich und Polstermöbel verkotzen.
Kurz darauf kippt der stock besoffene Nachtruhestörer auf dem Sofa zur Seite und beginnt wie ein ganzes Sägewerk zu schnarchen.
Joe muss vom Weiten dem Vorgang tatenlos zusehen, da er noch immer die schluchzende Giny in den Armen hält.
Der ungebetene Gast muss während Giny bei Joe im Zimmer war, durch ihre unversperrte Türe in die Wohnung gelangt sein und in Seelenruhe seinen Schnaps ausgetrunken und dann Sackevoll ins Bett gefallen sein.
Joe flüstert Giny ins Ohr:
„Ich bringe dich jetzt ins Bett und dann will ich sehen, wie ich diesen besoffenen Kerl auf meinem Zimmer bekomme.“
Im Schlafzimmer angekommen, merkt Joe, dass neben dem Bett am Boden, eine leere Whiskyflasche steht. „Der hat sich wohl einen Vollrausch, aus irgendwelchen Gründen auch immer, in einer fremden Wohnung angedeihen lassen!“
Als die noch immer schniefende Giny am Bettrand platzgenommen hat, bückt sich Joe und lässt die leere Flasche unbemerkt hinter dem Nachttisch verschwinden. Eine weitere Konfrontation die an dem Eindringling erinnert, will Joe Giny unbedingt ersparen.
Giny legt sich seufzend samt Morgenmantel ins Bett, Joe Deckt sie vorsichtig zu und wünscht ihr trotz allem, eine gute Nacht.
In seiner Wohnung angekommen, will Joe den Alkoholisierten Eindringling aufwecken, was ihm jedoch auch nach größter Mühe nicht gelingt. Joe betrachtet den Schnarchenden Fremden und versucht durch irgendeinen Ausweis, oder sonst etwas, das ihm über die Person Auskunft geben könnte.
„Der hat sogar einen passablen Jogginganzug an, das muss ein Hausbewohner sein.“
In der einen Brustasche war ein Schlüsselanhänger zu erkennen. Joe zieht vorsichtig den Schlüssel aus der Brusttasche und liest:
„Zweiter Stock Zimmer 202“
„Der ist mit dem Aufzug eine Etage zu hoch gefahren und hat sich in dem Glauben, das sei
seine Wohnung in Ginys Wohnung verirrt.“
„Alles schön und gut, nun muss ich den halb Bewusstlosen in seine eigene Wohnung hinunter bringen. Das stellt mich aber vor eine fast unlösbare Aufgabe.“
Wie er es drehen und wenden mochte, das scheint für Joe eine lange, mühsame Nacht zu werden. Den Gedanken den Joe erst gehabt hat, (In den zweiten Stock hinunterfahren, um nachzusehen, ob da vielleicht noch eine Frau im Spiel ist), hat Joe gleich wieder verworfen: „Der kann plötzlich aufwachen und dann ist er schwups wieder bei Giny in der Wohnung!“
Das Schnarchkonzert nimmt Groteske Formen an. abwechselnd Atemaussetzer und dann wieder laute, wilde Rufe. Man bekommt den Eindruck, der Mensch befindet sich in einer ganz anderen Welt.
Joe gibt die schmutzigen Gläser in die Spüle. Er überlegt dabei hin und her, wie er die Nacht verbringen könnte; Da kommt ihm ein gewagter Gedanke:
„Wenn ich bei Giny im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen könnte? Die Türe wäre ja noch unversperrt, als ich die Wohnung verlassen habe, ist Giny ja schon im Bett gewesen.“
„Es sei denn, sie ist inzwischen erwacht und hat ihre Türe wieder abgeschlossen.“
Leise und ganz vorsichtig hat Joe die unverschlossene Wohnungstüre geöffnet und ist in die hell beleuchtete Wohnung getreten, da Kommt Giny grade aus dem Badezimmer und schlägt beide Hände vors Gesicht und Ruft:
„Mein Gott! Hast du mich erschreckt. Ich dachte, das ist schon wieder dieser unheimliche Typ, der sich vorhin in meine Wohnung geschlichen hat.“
„Das tut mir aber leid, das wollte ich aber gar nicht.“
Joe schildert sein Problem und schließt mit der Bitte:
„Darf ich, so lange dieser Mensch in meinem Zimmer einen ganzen Urwald umsägt, bei dir auf der Couch schlafen? so könnte ich auch auf dich aufpassen.“
Ohne lange nachzudenken, stimmt Giny der Bitte von Joe zu.
„Habe jedoch für die Couch kein Bettzeug, nur ein nacktes Kissen und ein Duvet nature.“
Freudig beeindruckt über Ginys Angebot:
„Das reicht vollkommen, damit komme ich gut zurecht.“
Joe stellt sich nahe vor Giny und blickt ihr erleichtert in ihre goldbraunen Mandelaugen.
„Das sagt aus, dass du nicht nur eine wundervolle Frau bis, sondern auch ein großes Herz hast.“ „
Mit dem großen Herzen magst du Recht haben, das wurde in der Vergangenheit oft Schamlos ausgenützt.“
Giny legt lachend beide Arme auf Joes Schultern, zieht ihn zu sich, sieht in seine freundlichen Hellblauen Augen und drückt ihm links und rechts einen Kuss auf die Wangen.
„Das ist ja viel mehr als ich erwartet habe.“
Giny huscht in ihr Schlafzimmer und Joe versucht sich auf der Couch so gut es geht zu Recht zu machen. Er fällt bald in einen flachen Schlaf, in dem seine Gedanken verrücktspielen. Einerseits beschäftigen sie sich mit der scharmanten Giny, dann wieder mit dem verrückten Eindringling aus dem unteren Stock. Alles ziemlich wirr und zusammenhangslos.
Ein Geräusch an der Türe bringt ihn aber blitzartig in die Gegenwart zurück.
„Da versucht jemand die Wohnungstüre von Außen aufzuschließen und fummelt mit einem Schlüssel vergebens am Schloss herum.“