Das Schwimmbad

Alltagsgedicht zum Thema Einsamkeit

von  AchterZwerg


Ein offenes Maul aus Beton

grell ausgeleuchtet

an klaren Wintertagen

schreit sein Begehren hinaus

nach Wasser, den Spielen


dem Lachen

dem Plumpsflug der Körper

dem Zetern der Aufsicht

am Rande

der heulende Knabe



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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (04.02.22, 07:29)
Genau erfasster Ausriss einer Erinnerung, allerliebstes Zwerglein.

Schließlich sind wir irgendwie alle chlorwassergestählt.
Früher war ich gern in Hallenbädern, weil es da keine Algen und Quallen und Seegras gibt. Mittlerweile denke ich mir, dass da noch so viel Licht auf Jugenstilfliesen wie auch Chlor ins Blau fließen kann - das Schwimmbad ist und bleibt ein künstlicher Tümpel, den man nur mit Badelatschen ertragen kann.

Liebe Grüße
Llu ♥

Kommentar geändert am 04.02.2022 um 10:37 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 06:59:
Liebe Llu,
viele deiner Sorgen lösen sich ja vor einem leeren Pool auf. ;)
Aber natürlich trügt hier die Erinnerung: Die Vorstellung visualisert das volle Bassin.
Außerdem weisen boshafte Zwerge gern einmal den "falschen" Weg ... :P

 Moja (04.02.22, 08:35)
Ein Schwimmbad wie ein Aufschrei, aus der Perspektive des Betrachters - mein erster Gedanke, grotesk! Die Leere, Verlassenheit  wird fühlbar - und Wut. 

Begeisterten Gruß!
Moja

 AchterZwerg antwortete darauf am 05.02.22 um 07:07:
Danke schön, Moja,
das lese ich natürlich gern.
Leergepumpte, menschenentleerte Freibäder wirken auf mich stets ganz besonders trostlos.

Liebe Grüße
der8.

 eiskimo (04.02.22, 08:37)
Meine Hallenbad-Erfahrung riecht stark nach Desinfektionsmitteln, und da ist kein Lachen - eher griimmig dreinblickende Senioren, die in frühsportlicher Andacht  ihre Bahnen abspulen.
Zu anderen Tages- und Besucherzeiten mag es etwas fröhlicher zugehen.
Jedenfalls malst Du hier ein schönes Bild menschlicher Begegnung.
LG
Eiskimo

 AchterZwerg schrieb daraufhin am 05.02.22 um 07:13:
Ja, in der Hinsicht hat sich vieles geändert.
Beim Erwerb meines "Freischwimmers" (dem heutigen Seepferdchen) wurde ich noch durch einen entnervten Bademeister vom sog. Einer geschubst, weil ihm mein stetes ängstliches Zurückweichen zu lange gedauert hatte.
Trotzdem schwimme und springe ich heute gern! :P

Liebe Grüße
der8.

 indikatrix (04.02.22, 10:14)
Sehnsucht, Einsamkeit und  starke Lebenslust sehe ich in dem wunderbar treffenden  Bild,
lg
indi

 AchterZwerg äußerte darauf am 05.02.22 um 07:17:
Danke schön, Indi.
Gottlob gibt es in den meisten Städtchen zwei Bäder; so dass der Knabe evtl. in ein Hallenbad ausweichen kann.
Was natürlich weitaus weniger Spaß bereithält.

Herzliche Grüße
der8.

 Tula (04.02.22, 10:25)
Moin 8er

Der Sommer war sehr kurz.
Wenn jetzt die Fische aus den Wolken fallen,
lass uns in Scharen ziehen, in chlorierte Hallen


Oh, die Erinnerung ... Wir hatten in meiner Kindheit da eine alte Schwimmhalle, da schwamm mein Opa bereits in den 30ern. Erbaut 1928 im Dessauer Bauhausstil, nach der Wende geschlossen, nun wird es Denkmal. Werde ich mir irgendwann anschauen.


LG
Tula

 AchterZwerg ergänzte dazu am 05.02.22 um 07:19:
Hoffentlich ein beschwimmbares Denkmal, lieber Tula.
Ich liebe alte Bäder! <3 

Herzlichst
der8.
Teolein (70)
(04.02.22, 10:34)
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 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:23:
Lieber Teo,
es ist für mich interessant zu sehen, welche Auslegungsmöglichkeiten das Gedicht bereithält. - Ich glaube, dies gelingt nur mit einem betont schlichten Text.
Stellst du dir ein volles Bad vor, gewinnt der heulende Knabe eine ganz andere Bedeutung.

Schöne Grüße
der8.
Teolein (70) meinte dazu am 05.02.22 um 10:40:
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 Didi.Costaire (04.02.22, 10:45)
Hallo 8.,

ich bin ja so ein Wassermann, der lieber Wasser trinkt als darin zu schwimmen. Dein gelungenes Schwimmbad-Gedicht bestärkt mich.

Schöne Grüße aus dem Trockenen,
Dirk

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:25:
Lieber Dirk,

aber doch hoffentlich mit Schuss, oder? ;)

 minimum (04.02.22, 12:50)
Politisch korrekt müsste es am Schluss wohl heißen:

"am Rande
das heulende Diverse"

Aber über einen so kleinen Makel sieht der Leser gerne hinweg :)

Kommentar geändert am 04.02.2022 um 13:13 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:28:
Danke, dass du mich auf diesen Fauxpas aufmerksam gemacht hast.
Allerdings stellt sich hier die Frage nach der passenden Badekappe. Am kleidsamsten sind ja die mit den Gummiblüten (60er Jahre) ...

 Oggy (04.02.22, 17:16)
Die zahlreichen vor der Zeit ertrunkenen Spinnen, Mistkäfer und Regenwürmer, die immer genau vor deinem nach Luft japsenden Mund durch das apokalyptisch chlorierte Naß taumeln...
Benns ersoffener Bierfahrer taucht aus dunkelsten Versen wie aus dem Nichts vor dem (zugegebenermaßen oftmals blauen) geistigen Auge des geschockten Lesers auf.
Shakespeares Ophelia segelt grazil im Plumpsflug vom 10-Meter-Brett in den unvermeidbaren Untergang.
Der fiese megafette Typ, der mit seinem heimtückischen Bauchklatscher den größten Tsunami auslöst, den man hinter den sieben Bergen je erlebt hat.
Das Allerschlimmste aber ist ein Zwerg, der beim Brust-Kraulen statt einer schicken Latexbadekappe partout seine fusselige Zipfelmütze trägt und stets seine vermaledeiten Gummienten mitschwimmen läßt!!

Ein kafkaesker Alptraum für Wasserscheue, Thalassophobiker und nicht zuletzt Turn(schwimm)beutelvergesser.
Kein Nichtgeimpfter fürchtet sich vor der spitzesten Spritze mehr, als der Nichtschwimmer vor solch einem abgrundtiefen Desaster, wie es der 8. mal wieder frech beschönigen will!
Einziger Lichtblick, die Blondine, die nicht merkt, daß ihr Bikini-Oberteil verrutscht ist.

Wie er das schafft, weiß ich nicht, aber der 8. macht uns hier mal wieder komplett naß!

Kommentar geändert am 04.02.2022 um 17:17 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:33:
O Oggy,
dir gebührt der 1. Preis für den witzigsten Kommentar.
Auch ich kann mich noch sehr gut an die eng anliegenden Badekappen erinnern, die sich zu "meiner Zeit" entsetzt von sog. Dreiecksbadehosen abzuwenden suchten, die so manches Gemächt Spätpubertierender freilegten.
Nicht immer hielt die gute alte Zeit nur Gutes bereit ...

weiß der lachende8.

 EkkehartMittelberg (04.02.22, 17:17)
Hallo Piccola, die Kunst besteht darin, die Sehnsucht nach Frühling und Sommer zu wecken, ohne sie wörtlich zu erwähnen.
Liebe Grüße
Ekki

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:37:
Du hast ganz Recht, lieber Ekki.
Den "armen" Kindern vergeht die Zeit noch dazu besonders langsam ...

Herzliche Grüße
Piccola

 mannemvorne (04.02.22, 17:58)
.
Arschbombe
Seemannsköpper
(Aua)-Auerbacher
vom Fünfer oder Zehner
nen Achter gabs leider nüscht…

Gruß aus der Umkleide 
(mit Guckloch-Glory Hole)
mv



.

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:40:
Vom Fünfer hab ich mich irgendwann auch zu springen getraut, vom Zehner nur den bleifüßigen Abstieg gewagt. -

"Guckloch-Glory-Hole" kannst nur du so trefflich erinnern!

:O

 Saira (04.02.22, 18:18)
Liebe Achte,
 
du beschreibst eine Szene im Hallenbad und ich verbinde sie mit deinem Thema „Einsamkeit“.
 
Für mich rückt der heulende Knabe in den Vordergrund. Nun lässt sich hier viel hineininterpretieren, das ist für mich das Besondere an deinem Gedicht.
 
Schwimmbäder sind mir ein Gräuel … der Geruch nach Chlor, die vielen Menschen eng beieinander … nee.
 
Liebe Grüße
Sigrun

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:45:
Liebe Sigrun,

zur Not tuts auch ein Freibad. :)
Ich habe als Kind gern und oft Zeit in Berliner Schwimmbädern verbracht, den ersten Winzbikini ausgeführt und auf Bockwurst am Kiosk gehofft ...

Herzliche Grüße
Heidrun

 niemand (04.02.22, 19:37)
Eine Anspielung auf das umgewandelte riesige Schwimmbad in Peking zugunsten der Olympischen Winterspiele? Die Einsamkeit des entarteten Ortes
ließe sich auch auf Menschen übertragen. Ein Mensch, welcher sich zu einem ihm fremden Zweck/Größe quasi "ummodeln" lässt, verspürt vielleicht die Sehnsucht nach seinem früheren/alltäglichen/normalen Leben.
Mit lieben Grüßen, Irene

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 07:48:
Liebe Irene,

an Peking habe ich nicht gedacht; eine solche Auslegung ist aber durchaus möglich.

Interessante Perspektive!
Heidrun

 monalisa (05.02.22, 09:12)
Hi 8.,
das offene Maul aus Beton ist eine sehr gelungene Metapher, bildlich vorstellbar, zusätzlich schwingt die Bedrohung, verschluckt zu werden mit, sodass das Schwimmbecken zu einer Art Raubtier wird.

Solche Schwimmbecken im Winter sind schon ein trauriger Anblick, sie kommen mir auch vor wie Wunden, die in die Gärten gerissen wurden, wenn ich an die vielen privaten Pools denke. Die "Aufsicht" am Ende von S2 legt vielleicht eher eine öffentliche Badeanstalt nahe ...

Ein sehr gelungenes Bild für Vereinsamung, Nutzlosigkeit und Tristesse im Winter, möglicherweise auch ein Spiegel für den letzten Abschnitt eines Menschenlebens, der sich in Rückblicken ergeht ...

Liebe Grüße
mona

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.22 um 16:23:
Liebe Monalisa,
vielen Dank für diese weiterführende Interpretation.
Ich glaube schon auch, dass die öffentlichen Schwimmbäder und -kurse nicht für jedes Kind ein Vergnügen waren und sind und mancher, als Weichei verschriener Knabe, nur mit Grausen an diese Orte zurückdenkt.
Ausgeschlossen zu sein, ist wohl nur in den seltensten Fällen ein Vergnügen ...

Herzliche Grüße
der8.

 harzgebirgler (06.02.22, 11:47)
so gähnende leere
kommt viel'n in die quere. :(
Agnete (66)
(06.02.22, 12:58)
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