Ausgeliefert

Ich laufe durch Wald, Tann und Heide

und fluche, weil ich schrecklich leide,

mir sagen meine harten Waden:

die Joggerei, die wird mir schaden –

mit jedem neuen Zentimeter

steigt in mir Schmerz- und Wutgezeter,

doch jeder Fluch wird krächzend stummer –

zur atemlosen Hechelnummer.

Ich spucke und bin schwer am Keuchen –

und du, mein Kerl, bist am Entfleuchen.

Ich möchte flehend nach dir brüllen,

das geht jedoch nur noch im Stillen.

Du kannst mich längst schon nicht mehr hören,

das scheint dich aber nicht zu stören.

Ganz weit entfernt bist du. Verschwommen

sehe ich zwei große Doggen kommen.

Ein Herrchen kann ich nicht erblicken,

doch ein Gebet nach oben schicken –

das wird zu einem Stotterlallen,

drum lasse ich mich lieber fallen,

als wäre ich im Lauf gestorben.

Doch die zwei Doggen sind verdorben,

weil beide ein Bedürfnis spüren

und dieses an mir ausprobieren.

Ich hoffe, zwischen Gras und Beeren,

dass die nicht noch die Därme leeren.

Schnell nähern sich jetzt Joggerschuhe,

„He, lasst die müde Frau in Ruhe!“,

rufts Herrchen beim Vorüberflitzen,

der Typ scheint nicht einmal zu schwitzen.

Und während das Getier verschwindet,

wünsch ich mir, dass mich keiner findet,

solange ich hier weinend liege

und zitternd einen Heulkrampf kriege.

Zudem fällt jetzt noch kühler Regen,

erfrischend zwar, jedoch kein Segen.

Als würde das nicht so schon reichen,

beginnt der Boden aufzuweichen,

wird matschig und läuft ziemlich munter

an meiner Jack und Hose drunter.

Ich mühe mich, um aufzustehen –

die Glitscherei lässt mich nicht gehen –

Ich rutsche bloß und klatsche wieder

auf die Matschepamape nieder.

Ich glaube schon, ich wär verloren,

da dröhnt mir Lachen in den Ohren,

so schmerzerfrischend, voller Häme,

dass ich mich noch viel schlimmer schäme.

Ich spüre plötzlich starke Hände,

ist jetzt mein Joggerleid zu Ende?

Ach Männe, du hast mich gefunden,

verdreckt, von Heide, Wald geschunden

und Tieren als WC erklommen.

Wie schön, du bist zurückgekommen

und hilfst mir hoch, obwohl ich stinke,

und stützt mich wacker, denn ich hinke.

Ich danke dir, mein Herz, doch höre

was ich dir und der Sportwelt schwöre:

Mit dir lauf ich bestimmt nie wieder

mit einem Hund lauf ich viel lieber …

©Sigrun Al-Badri/ 2019/ 2024 überarbeitet