Wiederholend...

Text

von  Mondscheinsonate

... saß ich auf einer Bank, diesmal in der Station Rossauer Lände, die Gleise werden gerade renoviert, daher fährt die U4 nur in beiden Richtungen auf einer Seite. Auf dem Anzeiger stand 4 Minuten Schottenring, 6 Minuten Heiligenstadt. Ich saß also und vertiefte mich in mein neues Buch, es ist tödlich eine Buchhandlung um die Ecke zu haben, verbrachte Minuten in "Die Tage in der Buchhandlung Morisaki" von Satoshi Yagisawa und kurz sah ich auf, da stand auf dem Anzeiger Schottenring 6 Minuten, 9 Minuten Heiligenstadt, ich hatte also meinen Zug verpasst, nicht nur den, sondern verpasste beide, alles, was mich nicht tangierte, denn ich vertiefte mich wieder in mein Buch und es ist doch das Schönste, wenn man ein neues Buch öffnet und sofort in der Geschichte versinkt, versinken kann. Selbst die kurzen Sätze störten mich nicht, wirkten sogar eindringlicher. Ein liebeskummriges Mädchen wird von ihrem Onkel eingeladen, über seinem Geschäft zu wohnen und das ist nicht irgendeines, sondern ein Antiquariat und der Witz ist, dass sie gar nicht liest, sich natürlich nicht interessiert, aber sie wird es tun und es wird sie retten.

So vorhersehbar und doch musste ich an Elke Heidenreichs Spruch denken:"Lesen Sie ein Buch! Es löst keine Probleme, aber es lenkt sie für ein paar Stunden ab."

Und so verpasste ich nicht den nächsten Zug, der mich nach Spittelau brachte und wieder las ich im Gehen und bei der U6 emporgestiegen, sah ich, dass alle Sitzplätze besetzt waren, doch ich las unbekümmert im Stehen weiter und danach, nach der U6-Fahrt, ging ich lesend durch die Halle, da stieß ich mit einem Mann zusammen, der mich beschimpfte ("Kannst ned aufpassen, du Trampel!"), aber plötzlich sagte:"Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen!" Er war nicht allein, fiel vom Du ins Sie, weil ich ein Buch in der Hand hatte, denn er sah auf das Buch. Meine Vermutung war, dass er einer der elenden Schiefläufer war, die immer schräg durch die Halle laufen, nicht mit dem Strom schwimmen, was normalerweise okay ist, aber in Bahnhofshallen sind Schiefläufer die Pest der Menschheit. 

Ich war so sprachlos, dass ich ihn stehenließ, nichts erwiderte, weiterlas. Gute Bücher gehören dringlichst weitergelesen und weiterempfohlen, müssen Gehirne erreichen. Ich bin kein Fantasy-Fan, hasse sowas, aber "Die unendliche Geschichte" liebte ich und meine doch, dass Phantasia nicht sterben darf.


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (18.07.24, 06:49)
Traumtänzelnde Vielleser gehören mt Sicherheit einer glücklichen, wenn auch stets beschäftigten, Spezies an!

 Mondscheinsonate meinte dazu am 18.07.24 um 07:02:
Haha, ja. Das Buch ist sehr zu empfehlen.
Agnetia (66)
(18.07.24, 19:38)
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 Mondscheinsonate antwortete darauf am 18.07.24 um 19:43:
Oder Leser sind aus der Zeit gefallen.
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