Der Kurs, dies im Universitätsklinikum, nämlich Gerichtsmedizin begann pünktlich um 8:30, gleich nach der Visite (Visite!?). Wir standen um einen, bereits hereingeführten Leichnahm, der noch zugedeckt war.
Der Professor deckte fast theatralisch stürmisch auf. Auf dem Tisch lag eine alte Dame. Schon wieder! Sie war ziemlich dünn und nackt. Ich wich zurück. Mich ekelte es. Der Professor kam zu mir und fragte: "Ekelt Sie der Anblick?" Ich nickte. "So, so? Wir sehen irgendwann alle so aus, nämlich tot. Vor dem Tod braucht man sich nicht zu ekeln." Er wandte sich von mir ab. Ich blieb trotzdem weiter hinten.
Ich dachte über seine Worte nach, während er seine Vorgehensweise erklärte und mit der Knochensäge hantierte. Ich dachte darüber nach, was wir von uns geben, wie wir interagieren, wie gestört alle sein können, das hinterlassen wir. Was bleibt von dem Körper? Eine Erinnerung. Manche Erinnerungen sind schon zu Lebzeiten sehr unangenehm.
Ich sah Gedärme, Organe, schön das Herz. Die Seele sah ich nicht.
Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Aron Manfeld.
Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.
Kommentare zu diesem Text
Sophia (66)
(13.09.24, 21:54)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
