Komplexe

Ferndiagnosen sind sowieso immer mit Vorsicht zu genießen, was allerdings geschrieben werden kann, dass Menschen, die sich im Netz aufplustern in Wahrheit ganz anders sind, es ist, wie mit diesem Animé-Trend, Erwachsene verstecken sich hinter Comicfigurenmasken und spielen ein anderes Leben. 

Die überfette Erna, die keinen Schritt mehr tut, donnert mit ihren Stampfern im Datenraum als Walküre, der arme August, weich und verletzlich, gibt sich als Johnny Cool und die kleine 12-jährige Greta ist dort bereits 24 und quakt mit Erwachsenen über das Leben mit. 

Es ist ein Theater, ein Raum, in dem sie beachtet, jedoch nicht gesehen werden können, eine Möglichkeit so zu sein wie sie immer schon wollten, aber nie konnten. 

Deshalb ist es so unangenehm, weil viele übertreiben, sich in ihre Rollen hineinsteigern. Aber, hie und da, blitzt doch die Wahrheit heraus, sei es nur ein Wort, das triggert oder ein Thema, da kommt die Wahrheit dann ans Licht. Der Mensch kann nicht als Dauerschauspieler durchgehen. Ich erlebte es selbst im richtigen Leben, im Spital, als ich mit einem bekannten Entertainer eine halbe Stunde plaudern durfte. Wir kamen von A bis Z, am Schluss fragte ich ihn, ob er sich jemals als sich selbst zeigt, da sagte er: "Nein, ich bin seit meinem 18. Lebensjahr in der Showbranche, ich habe mein wahres Ich verloren." Da lächelte ich und sagte: "Das mag wohl stimmen, wenn Sie das sagen, aber vorhin, als wir draufkamen, dass mein Großvater ihr Arzt war und sie eine Ortschaft weiter gewohnt haben, redeten Sie ganz anders und da waren Sie Sie selbst." Er lächelte, sagte: "Das war vor meinem 18.Geburtstag, vor der Rolle." Wir lachten. Der ist sehr entzückend gewesen. 

Ja, so ist es auch im  Netz. Es gibt immer ein Thema, wo die Maske fällt, das ist meistens bitter.