Teil II: Geschäft mit Biss – Rückkehr nach Dallas

Satire zum Thema Erkenntnis

von  Saira

Ich bin immer noch Rudi Pollenflug, der Mann, der in Texas beinahe zum Skelett im Anzug geworden wäre. Doch wie das so ist mit deutschen Geschäftsleuten: Wir lernen aus Fehlern – oder glauben es zumindest. Nach meiner Flucht vor George, dem Tankwart mit Haifischgrinsen, und seiner(?) Klapperschlange schwor ich mir, nie wieder auf dubiose Tipps zu hören.

 

Doch dann flatterte eine Einladung zur „Texas Business Masterclass“ ins Haus – mit dem vielversprechenden Slogan: „Wie Sie in Amerika garantiert nicht übers Ohr gehauen werden – geschäftlich wie privat!“ Das klang logisch, fast schon beruhigend. Wer wollte das nicht: endlich ein Seminar, das einem beibringt, wie man in Amerika nicht zum Opfer wird?

 

Der Veranstaltungsort? Natürlich Dallas. Ich konnte nicht widerstehen. Schließlich war ich jetzt gewappnet: Ich hatte einen Selbstverteidigungskurs besucht, trug Stiefel mit Schlangenschutz und einen Aktenkoffer mit eingebautem Pfefferspray. Was sollte schon schiefgehen?

 

Die Masterclass fand in einem Motel statt, dessen Teppichboden mehr Flecken als Muster hatte. Der Seminarleiter, ein gewisser Mr. Snakeoil, begrüßte uns mit den Worten: „Hier lernen Sie, wie Sie jeden Deal überleben – und dabei immer ein Stück schlauer werden!“ Er verteilte Broschüren mit Titeln wie:

 

-          „Wie Sie mit einem Lächeln einen Vertrag unterschreiben, den Sie nie gelesen haben –  und trotzdem gewinnen.“

-          „Texanische Handschlag-Deals: Warum Sie danach trotzdem Ihre Finger zählen sollten.“

-          „PowerPoint-Präsentieren mit Cowboyhut – so überzeugen Sie jeden Amerikaner.“

-          Und mein Favorit: „Misstrauen für Fortgeschrittene – wie Sie schon beim Smalltalk das Messer wetzen.“

 

In der Kaffeepause traf ich George wieder. Er trug diesmal einen Anzug – und ein Namensschild: „George, Certified Business Coach“. Er zwinkerte mir zu. „Na, Rudi, immer noch auf der Suche nach dem besten Deal?“

Ich lachte nervös. „Diesmal nicht, George. Ich bin hier, um zu lernen, wie man in Amerika garantiert nicht gebissen wird.“

 

George grinste. „Das ist einfach: Beiß zuerst!“

 

Am Ende des Seminars hatte ich eine neue Erkenntnis: In Texas überlebt nicht der Klügste, sondern der mit den schärfsten Zähnen. Und die besten Geschäfte macht immer noch George – jetzt als Coach für deutsche Geschäftsleute.

 

Ich stieg in den Bus zum Flughafen. Neben mir saß ein Mann im Anzug, der nervös an einer Visitenkarte kaute. Ich lächelte wissend.

 

Als ich im Flugzeug saß, drückte mir die Stewardess mit einem Lächeln eine Visitenkarte in die Hand: „George Airlines – Wir bringen Sie überall hin. Bitte unterschreiben Sie hier – und hier – und hier. Das Kleingedruckte? Lesen Sie ruhig, wir warten nicht.“

 

Und wer glaubt, nach so einem Seminar wirklich etwas gelernt zu haben, der hat vermutlich auch schon mal einen Vertrag unterschrieben, auf dem statt Unterschriftsfeld nur stand: „Willkommen im Club der Opfer.“

 

 

 

©Sigrun Al-Badri/ 2025



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (12.05.25, 09:54)
Hallo Sigi, Lektüre mit Genuss. Gute Satire darf fortgesetzt werden.

Liebe Grüße
Ekki
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