Majestati naturae par ingenium oder Worte des Grand Seigneur Buffon

Beschreibung zum Thema Mensch und Tier

von  eiskimo

Einer der ganz großen Franzosen des 18. Jahrhunderts ist ohne Zweifel Georges-Louis Leclerc, genannt Buffon, Autor der „Histoire naturelle“ in 36 Bänden, die in den Jahren 1749 bis 1789 erschien – nicht nur ein wegweisendes naturwissenschaftliches Werk, sondern auch eine Referenz für stilistische Eleganz. Schon zu Lebzeiten bekam er in Montbard, wo er zeitlebens wirkte, ein Denkmal mit der oben angeführten lateinischen Inschrift: Sein Genie kommt der Größe der Natur gleich….

Montbard liegt am Randes des Morvan, Landschaft, die ich immer wieder gerne mit allen meinen Sinnen wahr- und aufnehme. Darum gebe ich hier einen kurzen Auszug aus dem großen Werk Buffons wieder – ein sehr Sinn-betonter Anknüpfungspunkt zu den Gedanken, die er 1753 formulierte.

 

Das menschliche Begehren (le désir) wird von außen geweckt, von Dingen, die seine Sinne ansprechen. Und dieses Begehren treibt nun den Menschen an, sich dem begehrten Objekt anzunähern, vielleicht es zu besitzen. Mit aller Macht.

Bräche man ihm die Beine, er würde weiter heran robben wollen. Kappte man ihm die Arme, er wälzte sich weiter. Selbst nur mit dem Kinn oder den Zähnen zöge es den Menschen näher heran an das begehrte Ziel.  Und gäbe es nur noch einen verkrüppelten Rest seiner Physis, ein paar verquollene Atome – er würde weiter alles dransetzen, das Begehren zu stillen.

Seine äußeren Voraussetzungen sind also nicht entscheidend für sein Tun. Was ihn antreibt, sind seine Sinne und der durch sie angestachelte Wille. Natürlich wären gesunde Gliedmaße und körperliche Kontrolle für die Umsetzung des Begehrens hilfreich. Aber der Auslöser dazu, die Kraft und Entschlossenheit  - all das hat seinen Ursprung in den Sinnen.

Anders herum ausgedrückt: Verlöre der Mensch der Reihe nach diese ihn steuernden Sinne, dann verlöre er auch die Antriebe, in eine bestimmte Richtung aktiv zu werden und Veränderungen herbeizuführen.

Ohne das Augenlicht würde er nicht losgehen, schöne Dinge zu entdecken. Würde er taub, verschmähte er sicher bald die Musik. Ohne Geruchssinn gingen ihm alle Wohlgerüche ab, und wie könnte er noch zartfühlend sein, wenn ihm der Tastsinn fehlte?  Kurz: Dieser Mensch hätte zwar alle motorischen Voraussetzungen, aktiv zu werden, aber er täte es nicht, ja, er unterließe alles, was ihm einem attraktiven Objekt näher brächte. Denn er hätte ja  den Handlungsanreiz der Sinne nicht. Und so bliebe er passiv, wie verwachsen mit der einmal vorgegebenen Situation, in permanentem Stillstand.

 

 Ich gebe zu: Ich bin ein von le désir Getriebener. Und eine weitere französische Vokabel scheint mir hier wichtig: les sensations, also das, das man am Ende fühlt.




Anmerkung von eiskimo:

Frei übersetzt nach dem Artikel „Discours sur la nature des animaux“, in: Les Lumières, L´invention de l´esprit critique, Anthologie présentée par Marianne Goeury, Paris 2007, S. 27

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (24.05.25, 23:16)
Für jemanden, der mit dem Namen Buffon (plus Gianluigi) bisher einen italienischen Torhüter verbunden hat, ist das eine interessante Darstellung.

Verlöre der Mensch der Reihe nach diese ihn steuernden Sinne, dann verlöre er auch die Antriebe, in eine bestimmte Richtung aktiv zu werden und Veränderungen herbeizuführen.
Das weiß ich gar nicht. Wenn man diese Sinne nie gehabt hat, klar, aber wenn man sie verloren hat? Ich kann vielleicht nicht mehr tasten, aber ich kann Deine Freude am Tastsinn verstehen und Trauer darüber empfinden, daß sie mir nun fehlt.

 Graeculus meinte dazu am 24.05.25 um 23:19:
Majestati naturae par ingenium

Fast fürchte ich, daß Du das übersetzen solltest.

 eiskimo antwortete darauf am 25.05.25 um 12:19:
Es ist übersetzt, Ende des 1. Absatzes...

 Graeculus schrieb daraufhin am 25.05.25 um 12:22:
Stimmt, habe ich übersehen.

 eiskimo äußerte darauf am 25.05.25 um 16:48:
Ich finde witzig, dass Du bei Buffon einen italienischen Fußballer präsent hattest - die Torwarte dort haben immer sehr zupackende Namen...
Mein Buffon soll sich angeblich nicht gerne die Finger schmutzig gemacht haben, ein Ästhetik.
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