Plüsch - Protest (Gesamter Text)
Märchen zum Thema Achtung/Missachtung
von tastifix
„Im Teddybärenregal des Spielzeuggeschäftes regte sich etwas. Die letzten Kunden waren gegangen, ein langer Stofftierarbeitstag mit Acht-Stunden-Stillsitzen und unentwegten Knopfaugen-Schmeichelblicken endlich zu ende.
"Brumm, wurd` aber auch Zeit!", quengelte Brummi und machte zur Probe erst einmal Spagat. Gottlob, die Beine waren noch dran und fit war er auch noch.
"Gib` nicht so an!", meckerte Strubbel, das Bärenmädchen neben ihm und musterte fix ihr Spiegelbild in der Vitrinentür des Schrankes ihnen gegenüber. Eine kleine Schönheit guckte ihr da entgegen. Strubbel wuchs innerlich um mindestens zwei Zentimeter und war sehr zufrieden mit sich.
"Eitle Ziege!", hänselte Brummi.
"Halt dein Maul!", verteidigte sich Strubbel weinerlich. "I... ich bin k... keine Ziege!!"
Sie war kurz davor, ihm eins mit der Tatze zu versetzen, so gekränkt fühlte sie sich. Doch solche Aktionen verstießen eindeutig gegen den strengen Teddybären-Codex. Deshalb petzte sie sich stattdessen bei Mama Bär den Frust von der Seele:
"Der hat ´eitle Ziege` zu mir gesagt!"
"Bist` ja auch eine!", kam da ein zweites Mal noch gehässiger von Brummi.
Mama Bär grollte drohend in seine Richtung:
"Und du willst ein Teddy sein? Unerhört! Sofort hört ihr auf zu zanken. Heute Abend haben wir wahrlich ernstere Sorgen."
"Wieso??"
"Gleich findet hier eine wichtige Stofftierversammlung statt. Deutschland dreht nämlich anscheinend so langsam durch und wir müssen unbedingt etwas dagegen unternehmen!"
Die gesamte Teddyschar kletterte hinunter auf den Boden und setzte sich dort im Kreis zusammen. Papa Bär lobte:
"Gut, dass ihr alle mitmachen wollt."
"Was ist denn eigentlich passiert?", löcherte ihn ein Bärenjunges.
"In unserem Heimatland wütet eine furchtbare Sucht. Die beginnt mit ´K`, hat quasi in der Mitte ein ´t` und endet mit ´itis`!"
"Diese verdammte Knuteritis – die einfach nicht mehr auszuhalten!", brauste einer der Bären zornig auf. "Wenn wir uns da nicht bald wehren, dann ... !"
"Genau! Meine Ohren tun mir ja schon weh: ´Knut guckt süß, Knut frisst, spielt. tobt im Matsch, schmust mit seinem Menschen, schläft ... "
"Oder kriegt sogaar Zähne!", warf eine Bärin ein. "Hat sich, als ihr welche gekriegt habt, schon mal irgendein Mensch deshalb so angestellt?"
"A... aber, wir kriegen solche Dinger doch gar nicht ... !", stellte ein Bär stirnrunzelnd richtig. Ihm grauste es bei dieser Vorstellung. Teddys hatten keine Beißerchen zu haben. Falls doch, galten sie als beschämende Missgeburten und wurden zu Notfällen für den Puppenchirurg zwecks sofortiger Entfernung jener Schandzacken.
"Weshalb machen sie bloß so` n Theater um Kneif-Knut?", murrten alle.
"Kann mal gerade eben alleine rum laufen und beisst überall rein, sogar in die Schlabberbuxe seines Ziehpapas."
"Der darf das alles und wir ... !"
Die Bärenkinder waren schwer sauer. Dieser Puschel-Milch-Pudding konnte ihnen mal ...
"Der schnappt uns unsere Fans weg!", empörte sich ein Bärenjunge im Teenageralter.
"Nun!", versuchte Papa Bär zu erklären. "Den haben die Menschen mit der Flasche großgezogen. Das klappt nur selten. Deshalb das Getue."
"Um den wird mehr Wind gemacht als um Lisa Bund bei DSDS. Bald gibt` s garantiert eine zweite, dann noch dämlichere Casting show: ´Deutschland sucht den Super-Knut`!", frozzelte ein anderer Twen beleidigt und korrigierte sich gleich hastig: "Nee, die wäre ja überflüssig. Den haben se ja schon!"
Sie stimmten alle darin überein, dringendst musste etwas geschehen, bevor kein Mensch mehr sie überhaupt eines Blickes würdigte. Leider hatten sie ja das Pech, kein weißes Fell wie Knuts ihr Eigen zu nennen. Nein, sie waren stattdessen in Beige, Schlamm und Dunkelbraun gekleidet. Na ja, die Teddy-Punks von ihnen präsentierten sich immerhin doch sogar in Royalblau, Grellgrün und Barbie-Rosa.
"Wären wir doch weiß ... !", seufzte eine Bärin leise.
Alle merkten auf.
„Alsoo, ich könnte ja ...“, glitt ein Leuchten über Strubbels nachdenkliches Gesicht, „ein Puppenbrautkleid anziehen ...“
„Und raus guckten dein brauner Kopf und die Tatzen!“, höhnte Brummi.
Gerne hätte er noch mehr gemeckert, aber Papa Bärs tadelnder Blick verhieß nichts Gutes. Also verkniff er sich lieber den Rest.
Anstatt weiterhin zu leuchten, färbte sich Strubbels Gesicht prompt schwarzbraun. Das kleine Möchtegern-Model starrte total frustriert vor sich hin.
Jedoch war eine Idee geboren, die sich hartnäckig in den Teddyköpfen fest- und dann durchsetzte. Nur an der Umsetzung haperte es noch.
„Stellt euch mal vor ... “, brummelten die Bären ganz aufgeregt durcheinander, „wir würden alle ... !“
„Aber wie bloß?“, raunten sie.
Bedrückt begutachteten sie gegenseitig ihr Fell. Da saßen welche mit geschniegelt glattem, hoch glänzendem Pelz, der so stark schimmerte, als ob pfundweise Pomade hineingerieben worden wäre. Andere wiederum erinnerten stark an zerzauste Wischmopps. Die Fellsträhnen hingen ihnen kreuz und quer wie ein dichter Vorhang über die Augen. Irgendwie wirkten sie besonders klug, denn auf dem Kopf standen ihnen kleine Haarbüschel wie Geistesblitzantennen zu Berge. Vor lauter Klugheit schwiegen sie denn auch nooch zu allem und überließen vorerst die Aufgeregtheit den anderen.
Ein kleines Bärenmädchen im Dirndlkleid schlug vor:
„Soll ich mal fix zum Puppenhaus traben und dort um Haarfärbemittel nachfragen?“
„Hääh??“
„Ja, die Puppen haben doch immer so tolle Haarfarben: Orange und sog ... “
„Haste schon mal eine von denen schlohweiß gesehen?“
Verdattertes Kopfschütteln ringsum. So eine verrückte Idee aber auch.
„Ich hab` s!“, triumphierte plötzlich ein Bärenjunge im Malerdress. „Aus der Bastelabteilung besorgen wir uns Deckweiß-Tuben. Ihr werdet sehen, wie toll das wird!“
„Au ja, auf diese Weise stechen wir Knut aus. Der wird dann gar nicht mehr so doll beachtet, denn dann sitzen in allen Geschäften ganz viele weiße Bären.“
„Und das ewige Knut, Knut sind wir endgültig los!“, strahlten die Kinder.
Je länger die Teddys darüber nachdachten, umso toller fanden sie diesen Einfall.
Impulsiv, wie er nun mal war, wartete Brummi nicht erst die offizielle Abstimmung über seinen Vorschlag ab, sondern spurtete los in Richtung der Bastelabteilung, die zum Glück nur um zwei Ecken weiter lag. In seiner Fantasie schnappte er sich bereits Berge jener cremigen Image-Aufbau-Helfer, um sie wenige Minuten später stolz seiner Familie zu präsentieren.
Stattdessen stand er dann leider furchtbar enttäuscht vor dem Regal mit all den Malutensilien. Da war nämlich kein Deckweiß, nicht einmal eine einzige Tube, mit der er dann wenigstens seine rechte Tatze (oder vielleicht besser die linke...?!) schon mal hätte bearbeiten können.
„Was jetzt?“, überlegte er knurrend. „Weiß muss her, koste es, was es wolle!“
Brummi war Brummi und genau deshalb wusste er schnell Rat.
„Zahnpasta! Die ist auch weiß!!“
Er flitzte zur Puppendrogerieabteilung und klaute auf dem Weg dorthin einer deshalb entgeistert keifenden Affenmeute deren Bollerwagen. Vor dem Kauwerkzeug-Polier-Regal angekommen, atmete er erleichtert auf. Da lagen massenweise Tuben, winzige, kleine, mittelgroße und riesige. In seiner Hektik hielt sich Brummi gar nicht erst damit auf, den jeweiligen Tubeninhalt auf ´Echtweiß` zu überprüfen, sondern packte kurzerhand alles sein Gefährt. Danach herrschte auch auf jenem Regal gähnende Leere. Um die so gefährdete Gesundheit der Puppenzähne sorgte sich unser pfiffiger Bärenjunge wahrlich einen Dreck.
Die anderen Teddys staunten doch sehr, als Brummi samt seinem brechend vollem Bollerwagen bei ihnen eintraf. Ungefähr Dreißig Kilo Zahnpasta plus Tubengewand wogen schwer. Brummi pfiff fast aus dem letzten Loch. Als seine Kameraden schnallten, was er da ankarrte, fielen denen fast die Augen aus dem Kopf.
„Hääh!?“
In seiner Euphorie wertete Brummi das als Zeichen der Bewunderung und war einfach nicht mehr zu bremsen.
„Tu`s nicht!“, wollten ihn die Pomade-Teddys, jene klügsten der klugen, noch warnen. Zu spät! Ihr Freund hatte bereits eine Tube gegriffen und betrachtete hingerissen die hervorquellende, strahlendweiße Paste.
„Knut, runter vom Platz Eins der Schmusetier-Hitparade. Jetzt sind wir dran!“
Ohne auch nur eine einzige Sekunde zu zögern, klatschte er sich die Creme auf Arme, Beine und den Bauch und massierte sie gründlichst ins Fell ein.
„Weiß wie mit Persil gewaschen!“, murmelte er stolz.
Seinen entgeisterten Kameraden war vor lauter Schrecken das Brummen vergangen. Aus weit aufgerissenen Augen starrten sie den Bärenjungen an, der bereits mit der dritten Riesentube zugange war. Zahnpasta verklumpt schnell zu zäher Pampe. Das musste dann auch unser Brummi einsehen. Sein schönes, einst samtweiches Fell war zum schmierig braunweiß-fleckigen, kratzigen Borstenkleid geworden, das zusätzlich zu jucken begann. Verzweifelt jammerte Brummi vor sich hin.
„Kannst` als geschecktes Zebra im Zirkus auftreten!“, versetzte ihm Strubbel. Rache ist schließlich süß.
Der Bärenjunge rubbelte wie verrückt, doch viel tat sich da nicht.
„Wie werd` ich bloß diesen Mist wieder los!?“, winselte er.
Mitleidig dachten alle Bären scharf nach.
„Sollen wir ´nen Schrubber nehmen?“
Prompt spielte Brummis Magen Waschmaschine.
„Spinnt ihr? Wollt ihr mich umbringen?“
Nein, wollten sie nicht. Dazu hatten sie den Schlingel viel zu gern.
Dann hagelte es von allen Seiten Vorschläge. Doch zu allem protestierte das Flecken-Zebra aufs Heftigste.
Endlich meldeten sich die Pomade-Teddys zu Wort:
„Der badet doch gerne. Nix wie rein ins heiße Vergnügen!“
Sie griffen sich den protestierend strampelnden Brummi und steckten ihn kurzerhand in eine extra große New-Born-Baby-Badewanne. Nach anfänglichem Entsetzen ob der Hitze registrierte Brummi dann sichtlich erleichtert, dass sich nach und nach die Krusten aus seinem Pelz lösten und dann nur noch gleich Mini-Eisbergen um ihn herum schwammen.
„Wie am Pol. Nur sind se da nicht aus Zahnpasta!“
Anscheinend herrschte an seinem Badewannenäquator wahrlich Hochsommer, denn innerhalb von Sekunden wurden die Krusten zu Schlieren, die sich in den Weiten des Wassers verliefen. Brummi war gerettet, er wieder ein brauner Bär, aber psychisch erheblich angeknackst.
„Niie wiieeder!“, beteuerte er wieder und wieder.
„Armer Brummi!“, munkelten die Teddys untereinander erschüttert und verspürten soo gar keinen Drang mehr, dem etwa nachzueifern.
Kurz darauf dagegen karrten sie alle gemeinsam den Bollerwagen samt der vermaledeiten Zahnpasta dorthin zurück, wo sie hingehörte. Sofort eilten von allen Seiten die Puppen herbei. Ihnen voran der Puppenjunge Ken, mit der Absicht, möglichst rasch sein strahlendweißes Gene-Kelly-Lächeln aufzufrischen, mit dem er infolge seine Barbie aufs Neue nachdrücklichst zu beeindrucken gedachte.
„Ob da dreißig Kilo wohl ausreichen ... ?“
Die Affen bemächtigten sich ihres Bollerwagens und anschließend dann beachtlich fix sämtlicher Bananen aus der Kaufladen-Abteilung. Tags drauf hielten sich diese Schleckermäuler ihre verdächtig geblähten Stoffbäuche. Mehr als fünf Bananen nacheinander verträgt selbst der stärkste Affenmagen nicht.
Nachdem Brummis Aktion dermaßen in die Hose gegangen war, saßen die armen Teddys kurzzeitig recht ratlos beieinander. Um sich gegenseitig diesbezüglich keine Blöße zu geben, kratzten sie sich minutenlang äußerst wichtigtuerisch hinter den Ohren, meinten „Hm“ und „Ach“, was ihnen aber auch nicht weiter half. Solch eine geistige Leistung war ihnen noch nie abverlangt worden. Die ungewohnte Anstrengung zerrte, nicht nur an den Nerven. Sie gerieten in die Gefahr, ihr knuddeliges Teddy-Outfit zu verlieren, was für Stoffbären einem Todesurteil gleichkam.
„Uns muss einfach etwas einfallen!“, mahnten Mama und Papa Bär, die sich mittlerweile ernste Sorgen machten.
Alles nickte und überlegte noch fieberhafter als bislang.
„Wir veranstalten eine Demo!“, rief ein junger Bär in Hauptsache-sich-Auflehn-Stimmung.
„Wie und wo denn?“. fragten die anderen interessiert.
„Die Achtung-Schilder dafür holen wir uns aus der Eisenbahnabteilung. Auf die Rückseiten schreiben wir Schlagwörter!“
Die Teddys wurden prompt munter und es hagelte Vorschläge:
„Knut ist doof!“
„Knut – eine eingebildete Wollkugel!“
„Knut – das Eisbärenweichei!“
„Knut- die Heulboje!“
Doch es ging auch heftiger:
„Kneifzange Knut!“
„Knut- zukünftige Gefahr für alle!“
Besonders das Letzte gefiel ihnen ausgesprochen gut.
„Und: ´Wir Teddys bleiben immer lieb!!` darf auf keinen Fall fehlen!!“, stellte ein Bärenmädchen fest. „Aber unbedingt mit zwei Rufzeichen!“
Allgemeine Begeisterung.
„Wir versammeln uns vorm Eingang und stellen uns so hin, dass kein Mensch mehr an uns vorbei kommt. Die lesen dann unsere Sprüche und Knut kann einpacken. Ihr werdet sehen!“, trumpfte ein Bär auf.
Mit Feuereifer waren sie bei der Sache. Bald hielten sie stolz die fertigen Plakate in den Pfoten. Das Schild mit ´Wir Teddys bleiben immer ´lieb!!` hatten sie noch liebevollst mit zahlreichen kleinen und großen roten Herzen verziert. In der Nacht war vor lauter Aufregung an Schlaf kaum zu denken.
„Ab morgen wird für uns alles besser!“
„Die Kinder werden uns wieder lieb haben und den ollen Knut vergessen!“
Am nächsten Morgen bildete sich sehr schnell eine Menschenansammlung vor dem Spielzeuggeschäft. Nein, so etwas hatte man hier noch nie gesehen! Die Erwachsenen und auch die Kinder quasselten aufgeregt durcheinander und lasen die Plakate.
„Knut ist gar nicht doof!“, ärgerte sich ein kleines Mädchen. „Der ist so süß!“
„Wie niedlich der ist und der spielt so knuffig mit seinem Tierpfleger!“, meinte eine Frau gerührt.
„Den muss man einfach gernhaben!“, betonte ein Mann.
Niedergeschlagen hörten die Teddys zu. Niemand hatte von ihnen gesprochen.
„Wie gemein die sind! Wir trösten sie, wenn sie traurig sind. Wir sind immer für sie da und lassen sie nie im Stich – und jetzt dies!“
Doch plötzlich meldete sich eine zarte Kinderstimme:
„Mein Teddy ist mein bester Freund. Mit dem kann ich schmusen und spielen, wann immer ich es möchte. Knut ist bald groß und dann kann man das mit dem nicht mehr.“
Ein anderes Kind meinte:
„Teddys haben ihre Menschenkinder-Mamas und –Papas, die sie nie alleine lassen und ihr Leben lang verwöhnen.“
Ein Junge setzte hinzu:
„Eigentlich kann Knut einem leid tun. Wenn er groß ist, wird ein völlig einsam in seinem Gehege leben. Dann hat ihn niemand mehr lieb. Alle haben Angst vor ihm.“
Die Menschen verstummten. Die Teddys horchten verwirrt auf. Soo hatten sie das noch nie gesehen. Sie erkannten, dass Knut ihnen gar nicht die Liebe der Menschen gar nicht nehmen konnte, sondern der kleine Eisbär die Kinder und auch die Erwachsenen nur für einige wenige Monate für sich einnähme. Dann würde Knut sein ganzes, restliches Leben lang einsam sein, keine drolligen Spiele mehr, keine streichelnden Menschenhände. Vorbei!
Bedrückt standen die Teddys da.
Kein böser Gedanke gegen Knut kam ihnen noch in den Sinn. Wie dumm sie doch gewesen waren. Je länger sie nachgrübelten, umso mehr empfanden sie Mitleid mit dem kleinen, weißen Wollknäuel.
„Stellt euch bloß einmal vor: Immer allein, nie Gesellschaft!!“, brummelten Strubbel und Brummi gleichzeitig. Nein, sie mochten gar nicht daran denken. Sie ohne ihre Familie, ohne ihre Teddy-Eltern und die Geschwister.
„Grauenhaft!“, sagte sich Brummi. „Dann besser Strubbels Launen ertragen!“
„Furchtbar!“, dachte Strubbel. „Dann lieber Brummis Gemeinheiten aushalten!“
Gegen Abend, als alle Menschen nach hause gegangen waren, verzogen sich auch die Teddys zurück in ihre Abteilung. Doch im Gegensatz zu den Menschen gönnten sie sich keine Ruhe. Wieder saßen sie in einer Runde zusammen. Wieder grübelten sie, aber diesmal waren es liebe Gedanken.
„Wir sollten etwas für Knut tun!“, forderte die Pomade-Teddys. Niemand wunderte sich, dass das von denen kam. Schließlich waren sie die klügsten der Bären. Mama Bär.
„Auf jeden Fall!“, bekräftigten Mama-Bär und Papa-Bär.
Zum zweiten Male kratzten sie sich mit den Tatzen hinterm Ohr, jedoch nicht so lange. Teddys haben das Herz auf dem rechten Fleck. Deshalb fiel ihnen auch ziemlich schnell recht viel ein.
„Ich schenk ´ihm einen bunten Ball!“, sagte ein Bärenkind stolz.
„Und ich einen schönen Lappen!“, meinte ein anderes.
„Au ja, von mir kriegt er die Fische aus dem Angelspiel. Eisbären mögen doch auch so gerne Fisch wie wir!“, brummte ein ganz Kleiner.
Die Älteren grinsten. Der Kleine sah das und fing an zu weinen.
„Das finde ich aber lieb von Dir, Tabs!“, tröstete ihn Brummel zärtlich. „Aber, ich glaub`, der mag genau wie wir lieber lebendige Fische.“
Tabs schniefte immer noch.
„Tabs, ich hab` ne Idee!“, schlug da Strubbel vor. „Hört mal alle her: Wir basteln ihm ein Bilderbuch. Da kommen Fotos von uns rein und eine schöne Teddygeschichte!“
„Toll!“, klatschten alle in die Tatzen, „dann fühlt der sich bestimmt nicht mehr so allein!“
„Und Tabs malt einen großen Fisch für Knut, ja?“
Der kleine Baby-Bär guckte selig.
Es wurde ein wunder- wunderschönes Buch. Alle Teddys hatten sich beteiligt, die hübschesten Fotos von sich eingeklebt, eine kurze Widmung darunter geschrieben und sich gemeinsam eine tolle Geschichte erdacht. Das Buch wickelten sie in einen Geschenkpapier-Schlackerlappen und knoteten noch eine königsblaue Papierschleife darum. Schließlich, so wussten sie, waren Eisbären die Könige der Arktis.
Ob die Eisbären wohl gleichfalls lesen konnten... ??
"Brumm, wurd` aber auch Zeit!", quengelte Brummi und machte zur Probe erst einmal Spagat. Gottlob, die Beine waren noch dran und fit war er auch noch.
"Gib` nicht so an!", meckerte Strubbel, das Bärenmädchen neben ihm und musterte fix ihr Spiegelbild in der Vitrinentür des Schrankes ihnen gegenüber. Eine kleine Schönheit guckte ihr da entgegen. Strubbel wuchs innerlich um mindestens zwei Zentimeter und war sehr zufrieden mit sich.
"Eitle Ziege!", hänselte Brummi.
"Halt dein Maul!", verteidigte sich Strubbel weinerlich. "I... ich bin k... keine Ziege!!"
Sie war kurz davor, ihm eins mit der Tatze zu versetzen, so gekränkt fühlte sie sich. Doch solche Aktionen verstießen eindeutig gegen den strengen Teddybären-Codex. Deshalb petzte sie sich stattdessen bei Mama Bär den Frust von der Seele:
"Der hat ´eitle Ziege` zu mir gesagt!"
"Bist` ja auch eine!", kam da ein zweites Mal noch gehässiger von Brummi.
Mama Bär grollte drohend in seine Richtung:
"Und du willst ein Teddy sein? Unerhört! Sofort hört ihr auf zu zanken. Heute Abend haben wir wahrlich ernstere Sorgen."
"Wieso??"
"Gleich findet hier eine wichtige Stofftierversammlung statt. Deutschland dreht nämlich anscheinend so langsam durch und wir müssen unbedingt etwas dagegen unternehmen!"
Die gesamte Teddyschar kletterte hinunter auf den Boden und setzte sich dort im Kreis zusammen. Papa Bär lobte:
"Gut, dass ihr alle mitmachen wollt."
"Was ist denn eigentlich passiert?", löcherte ihn ein Bärenjunges.
"In unserem Heimatland wütet eine furchtbare Sucht. Die beginnt mit ´K`, hat quasi in der Mitte ein ´t` und endet mit ´itis`!"
"Diese verdammte Knuteritis – die einfach nicht mehr auszuhalten!", brauste einer der Bären zornig auf. "Wenn wir uns da nicht bald wehren, dann ... !"
"Genau! Meine Ohren tun mir ja schon weh: ´Knut guckt süß, Knut frisst, spielt. tobt im Matsch, schmust mit seinem Menschen, schläft ... "
"Oder kriegt sogaar Zähne!", warf eine Bärin ein. "Hat sich, als ihr welche gekriegt habt, schon mal irgendein Mensch deshalb so angestellt?"
"A... aber, wir kriegen solche Dinger doch gar nicht ... !", stellte ein Bär stirnrunzelnd richtig. Ihm grauste es bei dieser Vorstellung. Teddys hatten keine Beißerchen zu haben. Falls doch, galten sie als beschämende Missgeburten und wurden zu Notfällen für den Puppenchirurg zwecks sofortiger Entfernung jener Schandzacken.
"Weshalb machen sie bloß so` n Theater um Kneif-Knut?", murrten alle.
"Kann mal gerade eben alleine rum laufen und beisst überall rein, sogar in die Schlabberbuxe seines Ziehpapas."
"Der darf das alles und wir ... !"
Die Bärenkinder waren schwer sauer. Dieser Puschel-Milch-Pudding konnte ihnen mal ...
"Der schnappt uns unsere Fans weg!", empörte sich ein Bärenjunge im Teenageralter.
"Nun!", versuchte Papa Bär zu erklären. "Den haben die Menschen mit der Flasche großgezogen. Das klappt nur selten. Deshalb das Getue."
"Um den wird mehr Wind gemacht als um Lisa Bund bei DSDS. Bald gibt` s garantiert eine zweite, dann noch dämlichere Casting show: ´Deutschland sucht den Super-Knut`!", frozzelte ein anderer Twen beleidigt und korrigierte sich gleich hastig: "Nee, die wäre ja überflüssig. Den haben se ja schon!"
Sie stimmten alle darin überein, dringendst musste etwas geschehen, bevor kein Mensch mehr sie überhaupt eines Blickes würdigte. Leider hatten sie ja das Pech, kein weißes Fell wie Knuts ihr Eigen zu nennen. Nein, sie waren stattdessen in Beige, Schlamm und Dunkelbraun gekleidet. Na ja, die Teddy-Punks von ihnen präsentierten sich immerhin doch sogar in Royalblau, Grellgrün und Barbie-Rosa.
"Wären wir doch weiß ... !", seufzte eine Bärin leise.
Alle merkten auf.
„Alsoo, ich könnte ja ...“, glitt ein Leuchten über Strubbels nachdenkliches Gesicht, „ein Puppenbrautkleid anziehen ...“
„Und raus guckten dein brauner Kopf und die Tatzen!“, höhnte Brummi.
Gerne hätte er noch mehr gemeckert, aber Papa Bärs tadelnder Blick verhieß nichts Gutes. Also verkniff er sich lieber den Rest.
Anstatt weiterhin zu leuchten, färbte sich Strubbels Gesicht prompt schwarzbraun. Das kleine Möchtegern-Model starrte total frustriert vor sich hin.
Jedoch war eine Idee geboren, die sich hartnäckig in den Teddyköpfen fest- und dann durchsetzte. Nur an der Umsetzung haperte es noch.
„Stellt euch mal vor ... “, brummelten die Bären ganz aufgeregt durcheinander, „wir würden alle ... !“
„Aber wie bloß?“, raunten sie.
Bedrückt begutachteten sie gegenseitig ihr Fell. Da saßen welche mit geschniegelt glattem, hoch glänzendem Pelz, der so stark schimmerte, als ob pfundweise Pomade hineingerieben worden wäre. Andere wiederum erinnerten stark an zerzauste Wischmopps. Die Fellsträhnen hingen ihnen kreuz und quer wie ein dichter Vorhang über die Augen. Irgendwie wirkten sie besonders klug, denn auf dem Kopf standen ihnen kleine Haarbüschel wie Geistesblitzantennen zu Berge. Vor lauter Klugheit schwiegen sie denn auch nooch zu allem und überließen vorerst die Aufgeregtheit den anderen.
Ein kleines Bärenmädchen im Dirndlkleid schlug vor:
„Soll ich mal fix zum Puppenhaus traben und dort um Haarfärbemittel nachfragen?“
„Hääh??“
„Ja, die Puppen haben doch immer so tolle Haarfarben: Orange und sog ... “
„Haste schon mal eine von denen schlohweiß gesehen?“
Verdattertes Kopfschütteln ringsum. So eine verrückte Idee aber auch.
„Ich hab` s!“, triumphierte plötzlich ein Bärenjunge im Malerdress. „Aus der Bastelabteilung besorgen wir uns Deckweiß-Tuben. Ihr werdet sehen, wie toll das wird!“
„Au ja, auf diese Weise stechen wir Knut aus. Der wird dann gar nicht mehr so doll beachtet, denn dann sitzen in allen Geschäften ganz viele weiße Bären.“
„Und das ewige Knut, Knut sind wir endgültig los!“, strahlten die Kinder.
Je länger die Teddys darüber nachdachten, umso toller fanden sie diesen Einfall.
Impulsiv, wie er nun mal war, wartete Brummi nicht erst die offizielle Abstimmung über seinen Vorschlag ab, sondern spurtete los in Richtung der Bastelabteilung, die zum Glück nur um zwei Ecken weiter lag. In seiner Fantasie schnappte er sich bereits Berge jener cremigen Image-Aufbau-Helfer, um sie wenige Minuten später stolz seiner Familie zu präsentieren.
Stattdessen stand er dann leider furchtbar enttäuscht vor dem Regal mit all den Malutensilien. Da war nämlich kein Deckweiß, nicht einmal eine einzige Tube, mit der er dann wenigstens seine rechte Tatze (oder vielleicht besser die linke...?!) schon mal hätte bearbeiten können.
„Was jetzt?“, überlegte er knurrend. „Weiß muss her, koste es, was es wolle!“
Brummi war Brummi und genau deshalb wusste er schnell Rat.
„Zahnpasta! Die ist auch weiß!!“
Er flitzte zur Puppendrogerieabteilung und klaute auf dem Weg dorthin einer deshalb entgeistert keifenden Affenmeute deren Bollerwagen. Vor dem Kauwerkzeug-Polier-Regal angekommen, atmete er erleichtert auf. Da lagen massenweise Tuben, winzige, kleine, mittelgroße und riesige. In seiner Hektik hielt sich Brummi gar nicht erst damit auf, den jeweiligen Tubeninhalt auf ´Echtweiß` zu überprüfen, sondern packte kurzerhand alles sein Gefährt. Danach herrschte auch auf jenem Regal gähnende Leere. Um die so gefährdete Gesundheit der Puppenzähne sorgte sich unser pfiffiger Bärenjunge wahrlich einen Dreck.
Die anderen Teddys staunten doch sehr, als Brummi samt seinem brechend vollem Bollerwagen bei ihnen eintraf. Ungefähr Dreißig Kilo Zahnpasta plus Tubengewand wogen schwer. Brummi pfiff fast aus dem letzten Loch. Als seine Kameraden schnallten, was er da ankarrte, fielen denen fast die Augen aus dem Kopf.
„Hääh!?“
In seiner Euphorie wertete Brummi das als Zeichen der Bewunderung und war einfach nicht mehr zu bremsen.
„Tu`s nicht!“, wollten ihn die Pomade-Teddys, jene klügsten der klugen, noch warnen. Zu spät! Ihr Freund hatte bereits eine Tube gegriffen und betrachtete hingerissen die hervorquellende, strahlendweiße Paste.
„Knut, runter vom Platz Eins der Schmusetier-Hitparade. Jetzt sind wir dran!“
Ohne auch nur eine einzige Sekunde zu zögern, klatschte er sich die Creme auf Arme, Beine und den Bauch und massierte sie gründlichst ins Fell ein.
„Weiß wie mit Persil gewaschen!“, murmelte er stolz.
Seinen entgeisterten Kameraden war vor lauter Schrecken das Brummen vergangen. Aus weit aufgerissenen Augen starrten sie den Bärenjungen an, der bereits mit der dritten Riesentube zugange war. Zahnpasta verklumpt schnell zu zäher Pampe. Das musste dann auch unser Brummi einsehen. Sein schönes, einst samtweiches Fell war zum schmierig braunweiß-fleckigen, kratzigen Borstenkleid geworden, das zusätzlich zu jucken begann. Verzweifelt jammerte Brummi vor sich hin.
„Kannst` als geschecktes Zebra im Zirkus auftreten!“, versetzte ihm Strubbel. Rache ist schließlich süß.
Der Bärenjunge rubbelte wie verrückt, doch viel tat sich da nicht.
„Wie werd` ich bloß diesen Mist wieder los!?“, winselte er.
Mitleidig dachten alle Bären scharf nach.
„Sollen wir ´nen Schrubber nehmen?“
Prompt spielte Brummis Magen Waschmaschine.
„Spinnt ihr? Wollt ihr mich umbringen?“
Nein, wollten sie nicht. Dazu hatten sie den Schlingel viel zu gern.
Dann hagelte es von allen Seiten Vorschläge. Doch zu allem protestierte das Flecken-Zebra aufs Heftigste.
Endlich meldeten sich die Pomade-Teddys zu Wort:
„Der badet doch gerne. Nix wie rein ins heiße Vergnügen!“
Sie griffen sich den protestierend strampelnden Brummi und steckten ihn kurzerhand in eine extra große New-Born-Baby-Badewanne. Nach anfänglichem Entsetzen ob der Hitze registrierte Brummi dann sichtlich erleichtert, dass sich nach und nach die Krusten aus seinem Pelz lösten und dann nur noch gleich Mini-Eisbergen um ihn herum schwammen.
„Wie am Pol. Nur sind se da nicht aus Zahnpasta!“
Anscheinend herrschte an seinem Badewannenäquator wahrlich Hochsommer, denn innerhalb von Sekunden wurden die Krusten zu Schlieren, die sich in den Weiten des Wassers verliefen. Brummi war gerettet, er wieder ein brauner Bär, aber psychisch erheblich angeknackst.
„Niie wiieeder!“, beteuerte er wieder und wieder.
„Armer Brummi!“, munkelten die Teddys untereinander erschüttert und verspürten soo gar keinen Drang mehr, dem etwa nachzueifern.
Kurz darauf dagegen karrten sie alle gemeinsam den Bollerwagen samt der vermaledeiten Zahnpasta dorthin zurück, wo sie hingehörte. Sofort eilten von allen Seiten die Puppen herbei. Ihnen voran der Puppenjunge Ken, mit der Absicht, möglichst rasch sein strahlendweißes Gene-Kelly-Lächeln aufzufrischen, mit dem er infolge seine Barbie aufs Neue nachdrücklichst zu beeindrucken gedachte.
„Ob da dreißig Kilo wohl ausreichen ... ?“
Die Affen bemächtigten sich ihres Bollerwagens und anschließend dann beachtlich fix sämtlicher Bananen aus der Kaufladen-Abteilung. Tags drauf hielten sich diese Schleckermäuler ihre verdächtig geblähten Stoffbäuche. Mehr als fünf Bananen nacheinander verträgt selbst der stärkste Affenmagen nicht.
Nachdem Brummis Aktion dermaßen in die Hose gegangen war, saßen die armen Teddys kurzzeitig recht ratlos beieinander. Um sich gegenseitig diesbezüglich keine Blöße zu geben, kratzten sie sich minutenlang äußerst wichtigtuerisch hinter den Ohren, meinten „Hm“ und „Ach“, was ihnen aber auch nicht weiter half. Solch eine geistige Leistung war ihnen noch nie abverlangt worden. Die ungewohnte Anstrengung zerrte, nicht nur an den Nerven. Sie gerieten in die Gefahr, ihr knuddeliges Teddy-Outfit zu verlieren, was für Stoffbären einem Todesurteil gleichkam.
„Uns muss einfach etwas einfallen!“, mahnten Mama und Papa Bär, die sich mittlerweile ernste Sorgen machten.
Alles nickte und überlegte noch fieberhafter als bislang.
„Wir veranstalten eine Demo!“, rief ein junger Bär in Hauptsache-sich-Auflehn-Stimmung.
„Wie und wo denn?“. fragten die anderen interessiert.
„Die Achtung-Schilder dafür holen wir uns aus der Eisenbahnabteilung. Auf die Rückseiten schreiben wir Schlagwörter!“
Die Teddys wurden prompt munter und es hagelte Vorschläge:
„Knut ist doof!“
„Knut – eine eingebildete Wollkugel!“
„Knut – das Eisbärenweichei!“
„Knut- die Heulboje!“
Doch es ging auch heftiger:
„Kneifzange Knut!“
„Knut- zukünftige Gefahr für alle!“
Besonders das Letzte gefiel ihnen ausgesprochen gut.
„Und: ´Wir Teddys bleiben immer lieb!!` darf auf keinen Fall fehlen!!“, stellte ein Bärenmädchen fest. „Aber unbedingt mit zwei Rufzeichen!“
Allgemeine Begeisterung.
„Wir versammeln uns vorm Eingang und stellen uns so hin, dass kein Mensch mehr an uns vorbei kommt. Die lesen dann unsere Sprüche und Knut kann einpacken. Ihr werdet sehen!“, trumpfte ein Bär auf.
Mit Feuereifer waren sie bei der Sache. Bald hielten sie stolz die fertigen Plakate in den Pfoten. Das Schild mit ´Wir Teddys bleiben immer ´lieb!!` hatten sie noch liebevollst mit zahlreichen kleinen und großen roten Herzen verziert. In der Nacht war vor lauter Aufregung an Schlaf kaum zu denken.
„Ab morgen wird für uns alles besser!“
„Die Kinder werden uns wieder lieb haben und den ollen Knut vergessen!“
Am nächsten Morgen bildete sich sehr schnell eine Menschenansammlung vor dem Spielzeuggeschäft. Nein, so etwas hatte man hier noch nie gesehen! Die Erwachsenen und auch die Kinder quasselten aufgeregt durcheinander und lasen die Plakate.
„Knut ist gar nicht doof!“, ärgerte sich ein kleines Mädchen. „Der ist so süß!“
„Wie niedlich der ist und der spielt so knuffig mit seinem Tierpfleger!“, meinte eine Frau gerührt.
„Den muss man einfach gernhaben!“, betonte ein Mann.
Niedergeschlagen hörten die Teddys zu. Niemand hatte von ihnen gesprochen.
„Wie gemein die sind! Wir trösten sie, wenn sie traurig sind. Wir sind immer für sie da und lassen sie nie im Stich – und jetzt dies!“
Doch plötzlich meldete sich eine zarte Kinderstimme:
„Mein Teddy ist mein bester Freund. Mit dem kann ich schmusen und spielen, wann immer ich es möchte. Knut ist bald groß und dann kann man das mit dem nicht mehr.“
Ein anderes Kind meinte:
„Teddys haben ihre Menschenkinder-Mamas und –Papas, die sie nie alleine lassen und ihr Leben lang verwöhnen.“
Ein Junge setzte hinzu:
„Eigentlich kann Knut einem leid tun. Wenn er groß ist, wird ein völlig einsam in seinem Gehege leben. Dann hat ihn niemand mehr lieb. Alle haben Angst vor ihm.“
Die Menschen verstummten. Die Teddys horchten verwirrt auf. Soo hatten sie das noch nie gesehen. Sie erkannten, dass Knut ihnen gar nicht die Liebe der Menschen gar nicht nehmen konnte, sondern der kleine Eisbär die Kinder und auch die Erwachsenen nur für einige wenige Monate für sich einnähme. Dann würde Knut sein ganzes, restliches Leben lang einsam sein, keine drolligen Spiele mehr, keine streichelnden Menschenhände. Vorbei!
Bedrückt standen die Teddys da.
Kein böser Gedanke gegen Knut kam ihnen noch in den Sinn. Wie dumm sie doch gewesen waren. Je länger sie nachgrübelten, umso mehr empfanden sie Mitleid mit dem kleinen, weißen Wollknäuel.
„Stellt euch bloß einmal vor: Immer allein, nie Gesellschaft!!“, brummelten Strubbel und Brummi gleichzeitig. Nein, sie mochten gar nicht daran denken. Sie ohne ihre Familie, ohne ihre Teddy-Eltern und die Geschwister.
„Grauenhaft!“, sagte sich Brummi. „Dann besser Strubbels Launen ertragen!“
„Furchtbar!“, dachte Strubbel. „Dann lieber Brummis Gemeinheiten aushalten!“
Gegen Abend, als alle Menschen nach hause gegangen waren, verzogen sich auch die Teddys zurück in ihre Abteilung. Doch im Gegensatz zu den Menschen gönnten sie sich keine Ruhe. Wieder saßen sie in einer Runde zusammen. Wieder grübelten sie, aber diesmal waren es liebe Gedanken.
„Wir sollten etwas für Knut tun!“, forderte die Pomade-Teddys. Niemand wunderte sich, dass das von denen kam. Schließlich waren sie die klügsten der Bären. Mama Bär.
„Auf jeden Fall!“, bekräftigten Mama-Bär und Papa-Bär.
Zum zweiten Male kratzten sie sich mit den Tatzen hinterm Ohr, jedoch nicht so lange. Teddys haben das Herz auf dem rechten Fleck. Deshalb fiel ihnen auch ziemlich schnell recht viel ein.
„Ich schenk ´ihm einen bunten Ball!“, sagte ein Bärenkind stolz.
„Und ich einen schönen Lappen!“, meinte ein anderes.
„Au ja, von mir kriegt er die Fische aus dem Angelspiel. Eisbären mögen doch auch so gerne Fisch wie wir!“, brummte ein ganz Kleiner.
Die Älteren grinsten. Der Kleine sah das und fing an zu weinen.
„Das finde ich aber lieb von Dir, Tabs!“, tröstete ihn Brummel zärtlich. „Aber, ich glaub`, der mag genau wie wir lieber lebendige Fische.“
Tabs schniefte immer noch.
„Tabs, ich hab` ne Idee!“, schlug da Strubbel vor. „Hört mal alle her: Wir basteln ihm ein Bilderbuch. Da kommen Fotos von uns rein und eine schöne Teddygeschichte!“
„Toll!“, klatschten alle in die Tatzen, „dann fühlt der sich bestimmt nicht mehr so allein!“
„Und Tabs malt einen großen Fisch für Knut, ja?“
Der kleine Baby-Bär guckte selig.
Es wurde ein wunder- wunderschönes Buch. Alle Teddys hatten sich beteiligt, die hübschesten Fotos von sich eingeklebt, eine kurze Widmung darunter geschrieben und sich gemeinsam eine tolle Geschichte erdacht. Das Buch wickelten sie in einen Geschenkpapier-Schlackerlappen und knoteten noch eine königsblaue Papierschleife darum. Schließlich, so wussten sie, waren Eisbären die Könige der Arktis.
Ob die Eisbären wohl gleichfalls lesen konnten... ??