Vom richtigen Erlernen der Philosophen

Dialog zum Thema Absurdes

von  Dart

„Ach, schönen guten Tag, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht.“
„Ach, nennen sie mich einfach Kurt.“
„Ja aber Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht, bei allem Respekt – aber das geht doch nicht.“
„Wieso denn?“
„Na all die Jahre. die sie für diese vielen Titel hart arbeiten und kämpfen mussten, kann ich doch nicht einfach mit Kurt abkürzen!“
„Frau Wagner, ich habe doch nicht wegen all der Titel studiert!“
„Ach nein?“
„Nein, ich möchte den Menschen helfen.“
„Aha…Ich merke schon, sie sind ein Profi.“
„Frau Wagner, warum sind sie eigentlich hier? Sie sagten am Telefon, dass ihr Sohn Probleme beim Lernen hätte gehabt haben könnte?“
„Genau Herr Prof. Dr. phil…“
„Frau Wagner, ich bitte sie!“
„…K. Vlicht, verzeihen sie Herr..“
„Wehe!“
„Nun, wir, also ich und mein Mann, wir versuchen wirklich alles, damit der Junge ordentlich lernt und es später mal besser hat als wir, aber…es passiert einfach nichts! Wir besorgen ihm alles, kaufen ihm jedes Buch über jeden uns bekannten Philosophen, aber der Junge behält es nicht im Kopf!“
„Frau Wagner, wie alt ist denn ihr Sohn?“
„Vierzehn, er wird im Sommer fünfzehn.“
„Nun, sechzehn ist noch ein recht junges Alter für die Philosophie, finden sie nicht?“
„Da sind mein Mann und ich ja auch einer Meinung, aber hätten wir ihm nicht vor sechs Jahren diesen tollen minutiös perfekt durchgeplanten Tagesrhythmus für ihn ersonnen, würde der Junge doch nur noch mit Vögeln beschäftigt!“
„Nun, Ornithologie ist doch ein sehr schönes Interessengebiet für Kinder, warum stattdessen Philosophie?“
„Nicht Vögel! Vögeln! Sex, poppen, ficken, Geschlechtsverkehr, Kopulation!!“
„Also mit siebzehn sollte man ruhig Sex haben dürfen, Frau Wagner. Und ich bin mir sicher, dass ihr Sohn auch andere Sachen im Kopf hat als Geschlechtsverkehr.“
„Nun, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht, sie sind der Profi, sie wissen da vielleicht mehr als ich, aber das ist ja nun nicht das Hauptproblem. Es geht ja um die Lernschwäche meines Sohnes.“
„Ja, also…wie genau äußert sich denn diese Lernschwäche? Ist er zappelig, kann er sich nicht konzentrieren oder was?“
„Er behält es nicht im Kopf, was wir ihm vorsetzen.“
„Welchen Stoff geben sie denn ihrem Sohn zum Lernen?“
„Also morgens reichen wir ihm Sokrates, gefolgt von einem leichten Platon. Um den Mittag rum gibt es Kant mit etwas Hegel. Dann, zum Abend hin, noch etwas Schweres wie Nietzsche oder Schopenhauer oder etwas Ähnliches. Und vor dem Schlafen gehen gibt es ab und zu noch einmal einen kleinen Voltaire.“
„Also das sind aber ganz schöne Brocken, die sie ihrem Sohn da hinwerfen, selbst für einen Achtzehnjährigen.“
„Mag sein, sie sind da der Profi, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht, aber…warum lernt er denn überhaupt nichts?“
„Nun, das kann ich noch nicht sagen – dazu müsste ich erst einmal mit ihrem Sohn unter vier Augen sprechen. Er ist im Wartezimmer?“
„Ja, warten sie, ich hole ihn rein.“
„Ah, hallo, ich bin Prof. Dr. phil. K. Vlicht oder für dich einfach Herr Professor. Du siehst gar nicht aus wie neunzehn.“
„Äh, ja hallo Herr Professor.“
„Nun, deine Mutter sagte mir, du kannst die Philosophen nicht richtig erlernen?“
„Erlernen? Ich verschlinge sie mit Heißhunger!“
„Nun, das Verschlingen ist nicht gleich bedeutend mit Verstehen, mein junger Freund. Erzähl mir doch einmal etwas von…Erzähl mir doch mal was über die Philosophien der Philosophen.“
„Ach, was gibt’s da schon groß zu erzählen? Nietzsche hält den Staat für ein Schattenspiel, Schopenhauer kritisiert die Kritik der vernünftigen Reinheit, Platon erklärte den totalen Krieg, Kant sagt, dass Gott tot ist und Faust hat Goethe geschrieben.“
„…genau….“
„Sie haben aber viel Papier hier zu liegen…“
„Also du bringst da ja einiges durcheinander. Du hast wirklich eine ganz schöne Lernschwäche!“
„Herr Professor, meine Mutter sagt, dass wissen sie besser als ich.“
„Deine Mutter weiß auch nicht alles. Ups, jetzt ist mir mein Notizblock runtergefallen.“
„Oh…essen sie den noch?“
„…Ich muss sofort mit deiner Mutter reden!“
„Und, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht? Was hat mein Junge?“
„Frau Wagner, als sie sagten, sie würden ihrem Sohn Philosophie vorsetzen, meinten sie da…sie würden sie ihm zu Essen geben???“
„Ja.“
„Man kann doch nichts lernen, indem man die Bücher isst!!“
„Nein? Aber wie soll er denn dann all das Wissen bei sich behalten?“
„Indem er die Bücher liest, immer und immer wieder, sich dazu Gedanken macht, überlegt, eigene Meinungen entwickelt. Aber doch nicht, wenn er Bücher isst! Das schadet doch auch seiner Entwicklung. Schauen sie – er sieht gar nicht aus wie zwanzig…eher wie…vierzehn.“
„Ich bin vierzehn, Herr Professor.“
„Und wirr ist er auch schon – er weiß gar nicht mehr, dass er einundzwanzig ist.“
„Ach, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht, sie haben ja so recht, sie sind hier der Profi. Nur, was sollen wir ihm denn dann geben?“
„Keine Ahnung, was Gesundes – gehen sie zu MacDonalds oder kaufen sie ihm einen Döner.“
„Und dann lernt er wieder was?“
„Nein, dann lassen sie ihn ganz normal zur Schule gehen, dort lernt er genug.“
„Nein!“
„Wieso nein?“
„In der Schule sind Mädchen. Er soll doch aber noch nichts mit Mädchen zu tun haben!“
„Meine Güte, Frau Wagner, der Junge ist zweiundzwanzig Jahre alt, da wird er doch wohl mal mit dem anderen Geschlecht ausgehen können.“
„Also eigentlich finde ich Jungs sehr viel erotischer…“
„Sehen sie, Frau Wagner – jetzt ist der Junge verwirrt und redet wirres Zeug! Ich würde sagen, er kommt ab jetzt für längere Zeit einmal die Woche zu mir, bis er therapiert ist.“
„Nun gut, Herr Prof. Dr. phil. K. Vlicht, sie sind da der Profi.“

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(01.03.15)
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