Römische Grenznutzenbetrachtungen

Glosse zum Thema Lust

von  loslosch

Omnibus in rebus voluptatibus maximis fastidium finitimum est (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; De oratore). In allen Dingen mit höchsten Wonnen ist der Überdruss benachbart. Oder: Bei allen Dingen grenzt an die größten Wonnen der Überdruss.

Die ökonomische Grenznutzentheorie, ganz versteckt, im antiken Gewand. Hermann Heinrich Gossen (1810 bis 1858) lässt grüßen. Sein nach ihm benanntes (erstes) Gesetz lautet, verkürzt und parodiert: Sauf oder stopf dich voll. Am Anfang macht es bäriges Vergnügen. Von Mal zu Mal (von Mahl zu Mahl!) nimmt dieses ab, bis es im schieren Missvergnügen endet (Kotzen, Erbrechen). Ebenso gilt: Der Grenzertrag einer Produktion (Veränderung des Outputs zu Veränderung des Inputs) steigt anfangs mit zusätzlichem Faktoreinsatz, später sinken die Zuwächse des Ertrags stetig, kippen schließlich um, verwandeln sich in abnehmende. Beispiel aus der Landwirtschaft: Wenn mehr und mehr und allzu viele Bauern eine Ackerfläche gemeinsam betreiben, treten sie einander irgendwann auf die Füße. Altes, uraltes Wissen mit nie enden wollenden Regelverstößen, selten produktionsseitig (siehe Planwirtschaft, wenn zwei Kellner sich auf einen Gast stürzen), häufiger auf Seiten der Konsumenten und sonstigen Genussmenschen.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (14.04.11)
Die Menschheit hat immer schon alles bis an die Grenzen ausgereizt, um dann im Auswurf des Überflusses oder Überdrusses zu ersticken.
Mich überrascht immer deine akribische, gewissenhafte Arbeit.

LG
Franky

 loslosch meinte dazu am 14.04.11:
Tja, Gossen war eine Art Nationalheiligtum der Uni Köln. Er verbrachte seine letzten Jahre dort. Zu den Gossenschen Gesetzen  hier. Zugespitzt könnte man sagen: Cicero war der Entdecker des 1. Gossenschen Gesetzes. So viel Interesse verdient einen Link, Franky. Ich hoffe, andere nutzen ihn auch. Danke fürs verbale Lob. Lothar

 EkkehartMittelberg (14.04.11)
Wenn und solange man die Sentenz Ciceros aus ökonomischer Perspektive sieht, hat er wohl recht.
Wenn es um Erkenntnisgewinn geht, hat sich bei mir noch nie Überdruss eingestellt. Das ist auch der Grund, weshalb ich jeden Tag wieder maxima cum voluptate deine Beiträge lese. Den Vorwurf der Schmeichelei weise ich weit von mir. Es handelt sich um eine schlichte Tatsachenfeststellung.
Ekki

 loslosch antwortete darauf am 14.04.11:
Du könntest auch schreiben ... maxima cum voluntate ... Vllt. merkt keiner den Unterschied, Ekki! :) Lothar

 Didi.Costaire (14.04.11)
Hallo Lothar,
beim einzelnen, nicht vertraut mit Grenznutzenbetrachtungen, kann es zur Sinnkrise kommen. Die Wirtschaft versteht es, auch dank des Wissens um die Grenznutzentheorie, weitgehend, den natürlichen Grenzen lange Zeit auszuweichen. Bevölkerungswachstum und zumeist unzureichende finanzielle Ausstattung beim potentiellen Konsumenten tun ihr übriges.
Beste Grüße, Dirk

 loslosch schrieb daraufhin am 14.04.11:
Du bist wohl kein Ökonom, Dirk, hast aber den Link oben flink genutzt. Lothar
ichbinelvis1951 (64)
(14.04.11)
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 loslosch äußerte darauf am 14.04.11:
Die Kellner in der Planwirtschaft wussten sich zu helfen. Ein Kollege berichtete von einer 1wöchigen Konferenz im Moskau der 1970er Jahre. Am 2. Abend habe er dem "Stammkellner" ein besonders dickes Trinkgeld verpasst. Am 3. Abend sei ein neuer Kellner aufmarschiert... Lothar
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