Sallys Haus (7)

Erzählung zum Thema Geister

von  Prinky

Es entwickelte sich keine pure Redseligkeit unter den Protagonisten. Ein seltsamens Schweigen hatte sich in dem alten Chevrolet breitgemacht. Pater Francis hielt seine Bibel fest, als sich der Wagen dem neuen, alten Haus der Broichs zusehends näherte. Und als es sich schließlich hinter einer Biegung in voller Größe und Schönheit zeigte, schien es so, als tauche die sich langsam verabschiedende Sonne das Haus in einen unnatürlichen Schein aus vermeintlicher Ruhe und anscheinenden Friedens.
Samantha stand mit Sam vor der Türe.
"Da seid ihr ja wieder," begrüßte sie die beiden mit belanglosem Ton. "Nett, das ihr mal wieder auftaucht. Dachten schon, die Weite der Gegend hätte euch verschluckt. Verdammt Sam, steh hier nicht so nutzlos rum...Begrüße Oma und Opa! Na los!" Samantha schubste ihren Sohn in Richtung der Großeltern, und ließ diese sodann verdutzt stehen, als sie sich wieder in das Haus bewegte.
"Hallo Oma, hey Opa, wer ist der Mann, " sprudelte es aus ihm raus, während er den anscheinend schwarzen Mann argwöhnisch betrachtete. "Das Sam," sagte ihm seine Oma, "ist ein Pfarrer. "Er wird jetzt dieses Haus segnen, und weißt du warum Sam?"
Sam verneinte. "Weißt du, wir glauben, das dieses Haus böse ist, und wir wollen nicht, daß du und deine Geschwister...Mum und Dad in einem solchen Haus leben müsst. Verstehst du das?" Myles schubste seine Frau an, so als wolle er ihr mitteilen, daß Sam nicht alles wissen müsste. Pater Francis besah sich das Haus von oben nach unten. Es fröstelte ihn etwas unter der sich verabschiedenden Sonne, und Myles bot ihm an, doch nun endlich hinein zu gehen, was Karen sogleich als Aufforderung verstand, und mit Sam an der Hand bewegte sich der Haustüre zu. "Du Oma," sagte Sam beim hereingehen,- "Sally findet auch, daß dieses Haus böse ist."
Karen sah überrascht und ängstlich zugleich nach Myles, der Pater Francis mit den Augen klarmachte, daß er nun endlich was tun müsse.
"Wer ist Sally," fragte er Sam. "Das ist meine Freundin," meinte Sam in  Richtung des Pfarrers. "Und wieso kannst nur du sie sehen? Warum zeigt sie sich uns nicht? Hat sie etwa Angst?" Sam schien einer nicht anwesenden Person zuzuhören. Seine Augen waren auf einen Punkt fixiert, an dem die anderen nichts als eine weiße Tapete sahen. Ab und an bewegte er seinen Kopf, so als würde er nicken oder etwas verneinen. "Sie zeigt sich nur Freunden," meinte er trocken zu den anderen. "Ihr seid halt keine, und deshalb zeigt sie sich euch nicht. Und sie hat das auch nicht vor. Sie meint, die Erwachsenen sind von Natur aus böse. Sie will sich den Großen nicht zeigen."
"Na gut," sagte Pater Francis. "Das ist ihr gutes Recht! Nicht wahr Sally? Das entscheidest du ganz allein!"
Eine merkwürdige Ruhe breitete sich aus, als plötzlich der neue Hausherr die Treppe herunter trat. "Wer ist der Mann," polterte er in Richtung der drei scheinbar ungebetenen Gäste. "Und du Sam...ab in dein Zimmer!"
Sam wollte ihm gerade antworten, als Kyles Augen merklich röteten, und er nur noch seinen Arm in Richtung des oberen Stockwerks bewegte. "Ab jetzt," donnerte es lautstark, und der Junge ging verstört die hölzerne Treppe hinauf.
"Nun zu euch," sagte er schnaubend zu den drei Verbliebenen. "Was schleppt ihr mir hier so einen verkackten Pfarrer an? Spinnt ihr?"
Myles wollte gerade etwas entgegnen, als ihm Kyle schon über den Mund fuhr.
"Du hast hier gar nichts zu entscheiden! Noch ist das unser Haus, und ihr seid nur Gäste. Übrigens Gäste, die mal wieder verschwinden sollten. ALSO...?"
Nun schien auch Pater Francis zu begreifen, daß hier anscheinend irgendetwas nicht stimmte. Diese Aggressivität des Vaters schien irgendwie nicht ganz stimmig zu sein. Mit angestrengt starrem Blick in Kyles Augen begann er der ganzen Situation das aggressive Potential abzuschöpfen. "Ganz ruhig, bitte...wir sind doch nur gekommen, um ihnen, und ihrer Familie zu helfen. Ihre Eltern machen sich Sorgen, und wenn ich das alles hier so reflektiere und versuche zu kommentieren, dann glaube ich das sie das zu Recht tun."
"Wenn sie meinen," sagte Kyle, "aber wissen sie was? Lecken sie mich am Arsch!" Kyles Augen verloren den rötlichen Aggressionstouch, und dann wand er ihnen den Rücken zu.
"Von mir aus können sie ihre frommen Bibelsprüche an die Tapete rotzen," meinte er im hochgehen." Sie und ihre ganze Kirchenkacke gehen mir am Arsch vorbei. Wenn sie fertig sind, könnten sie aber bitte dafür sorgen, die Schmierereien wieder zu entfernen, ja?"
Kyle entfernte sich, und während die drei Verliebenen sich nur ratlos anschauten, schwand fast jede Hoffnung aus ihnen. "Was glauben sie Pfarrer Francis," meinte Karen mit errötetem Kopf. "Glauben sie noch daran, daß die Kirche hier helfen kann?"
Der Pfarrer sah ihr in die leicht vertränten Augen, und meinte überrascht, das SIE es doch gewesen wären, die kirchlichen Schutz und Hilfe erbeten hatten. "Sicher," sagte Myles, "sicher! Und wie ihr bemerkt haben solltet, ist er nötiger als irgend etwas anderes."
Draußen war es schon dunkel geworden, und eine fast gespenstige Ruhe machte sich unterhalb der großen Treppe breit. "Kommen sie," sagte der Pfarrer zu den Großeltern. "Wir gehen jetzt da hoch, und dann Sally..." schien er zur Decke zu rufen, "dann wirst du dich zeigen, und wir helfen dir endlich deinen Frieden zu finden."

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