Ambiguoser Rat

Aphorismus zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  loslosch

Cautela abundans non nocet (aus dem Mittelalter; nach K. F. W. Wander, Deutsches Sprichwörterlexikon). Zu viel Vorsicht schadet nicht.

Der Satz kann keine Allgemeingültigkeit beanspruchen. Wer auf der Landstraße übervorsichtig ein langsames Fahrzeug überholt, läuft erhöhte Gefahr, in einen fatalen Unfall verwickelt zu werden. Wer aus lauter Vorsicht den Termin verpasst, hat das Nachsehen. Wer auf Anraten des Wünschelrutengängers sein Bett im Zimmer verschiebt, um den ominösen Erdstrahlen zu entgehen, richtet keinen Schaden an. Wenn der Agnostiker auf dem Sterbebett die priesterlichen Worte leise nachspricht, schadet es gleichfalls nicht. - Ein Aphorismus der fragwürdigen Sorte.

Anders dagegen: Peccat aliquando nimia circumspectio. Allzu große Vorsicht ist manchmal ein Fehler. Ebenfalls aus dem Mittelalter. Das stimmt - und riecht verdächtig nach einer Leerformel.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (25.08.13)
Ja, im Mittelalter harrschte halt ein allgemeines Überholverbot...

Allerdings wäre hier der gedanklich Zusammenhang hier interessant. Setzt man "zu viel Vorsicht schadet nicht" nämlich in den Zusammenhang z.B. mit "zu viel Tollkühnheit nimmt zwangsläufig ein schlimmes Ende" (oder so ähnlich), dann denke ich mir, dass es uns allen sehr schnell nach 'zu viel Vorsicht' dürstet.

 loslosch meinte dazu am 25.08.13:
man muss auf der hut sein, dass es nicht tautologisch wird.

 niemand (25.08.13)
... ein wenig mehr Rücksicht würde so manchem auch nicht schaden, denn daran mangelt es allerorten.
Wobei ich auch eine Rück-Sicht meine und zwar ein sich besinnen auf Zeiten in welchen man noch nicht so sehr
sein ICH vergötterte. Aus der Rücksicht ergibt sich dann eine Vorsicht beim Handeln - der Mensch dächte, bevor er den Macker herauskehrt, sowas schadet nie. Natürlich gibt es Situationen in welchem man weniger vorsichtig sein muss, schon um zu retten, was nach Rettung verlangt.
Doch das sind dann nicht die Alltäglichkeiten, sondern Größeres. LG Irene

 loslosch antwortete darauf am 25.08.13:
die ausnahme bestätigt die regel. mein text ist taufrisch. das (famose) beispiel vom agnostiker, der leise das gebet murmelt, passierte am 15.8.13, bei der ölung vor dem todestag. (siehe akrostichon "Entnazifizierung", soeben überarbeitet. es steht jetzt ganz vorn.) lo

 EkkehartMittelberg (25.08.13)
Es gibt Menschen, die aus zu viel Vorsicht kaum noch wagen, den Mund aufzumachen. Sie gelten zu Recht als humorlos und erscheinen schlimmstenfalls als langweilige Antipathen, mit denen man keine Zeit verbringen mag.
Ein Beleg mehr dafür, dass zu viel Vorsicht doch schaden kann.
t.t.
Ekki

 loslosch schrieb daraufhin am 25.08.13:
die fälle, dass zu viel vorsicht schadet, scheinen mir seltener zu sein als die der nicht schadenden. auch wenn ich 4 fälle halbe-halbe nannte. eben ambiguos.

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 25.08.13:
Wir beginnen ja erst gegen den Strich zu bürsten. Bald ändern wir jede Statistik.

 niemand ergänzte dazu am 26.08.13:
@ Ekki
vielleicht haben diese Menschen eine stärkere Sensibilität
anderen gegenüber und bedenken vieles, was andere noch nichtmal im Traum dächten. Ich weiß nicht, ob man das als Humorlosigkeit bezeichnen könnte, denn die sogenannten Humorvollen haben ja auch oft einen ziemlich grobschlächtigen, unsensiblen Humor, einen krachledernen
und sind häufig nichts als Blender, die zwar vordergründig ganz amüsant sein können, aber näher betrachtet doch nur Luftblasen von sich geben. Es fehlt solchen oft an Tiefe.
Natürlich sind sie gesellschaftlich betrachtet bequemer -
sie verlangen oft nicht viel, als den Lacher und die Bewunderung des Gegenübers. Ich wäre da vorsichtig mit der Abklassifizierung vorsichtiger, sprich sensibler Menschen. Mit herzlichen Grüßen, Irene

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.08.13:
Danke, Irene. Du empfiehlst Differenzierung. Die kann nie schaden.
Herzliche Grüße
Ekki
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