Blödigkeit: Publizieren auf Internetliteraturforen als eine Einübungsform in Unbedeutsamkeit

Essay zum Thema Literatur

von  toltec-head

Natürlich ist alles - jede Form des Bloggens, alles Publizieren auf Internetliteraturforen - eitel. Genau so wahr ist aber, dass man ganz schön uneitel bis hin zur Blödigkeit sein muß, um bei der Stange zu bleiben. Das kleine narzisstische Ich, wie sollte es denn nicht am Anfang stehen? Ein Buddha publiziert nicht, das gilt aber sogar für die Duineser Elegien, und wenn es sogar für die Duineser Elegien gilt, wie denn dann nicht für die  Bloggossphäre? Den kleinen sich aufplusternden Hefeteilchen auf Internetliteraturforen Eitelkeit vorzuwerfen, ist daher müßig. Interessanter ist, den sich immer weiter Aufplusternden beim Aufplustern zuzuschauen, und zu sehen, was dann passiert. Meist nämlich: Nichts. Nirvana. Die intelligenteren User - und heißt das aber nicht: die eitleren - hören nämlich so unvermittelt wie sie damit angefangen haben, mit dem Bloggen auch wieder auf. Das kleine narzisstische Ich sucht den Jahrmarkt der Eitelkeiten, aber als Jahrmarkt der Eitelkeiten eignet sich die Bloggossphäre, schaut man genauer hin, letztlich gar nicht. Jahrmärkte der Eitelkeiten leben davon, dass die kleinen narzisstischen Iche in ihrem kleinen narzisstsichen Ichsein belohnt werden, und mit dem Belohnungselement ist es in der Bloggossphäre so eine Sache. Prinzipiell taucht es in zwei Formen auf: Klickzahlen und Kommentare, (Gefällt-mir-Äußerungen sind Mini-Kommentare). Klickzahlen und Kommentare: das Foren-Geld. Nun wollen wir aber schauen, ob dieses Geld auch taugt, zum "Kapitalisten" der Bloggossphäre zu werden. So wie Geld nämlich erst dann richtig Spaß macht, wenn es sich von alleine vermehrt, wäre das kleine im Internet publizierende Ich erst dann richtig befriedigt, wenn Klickzahlen und Kommentare sich sozusagen zwecks Selbstvermehrung horten ließen und aus diesem Hort ein immer größerer Gewinn flösse. Die Foren-Wahrheit ist aber: Klickzahlen und Kommentare verpuffen und das kleine narzisstische Ich muss am nächsten Tag wieder bei Null anfangen. Und weil das so ist, geben die Intelligenteren, wenn sie sich nicht auf die Blockwart-Positionen eines Webmasters, Moderators oder Vereinsvorsitzenden zurückziehen können, nach mehr oder weniger kurzer Zeit mit dem Bloggen auf, und nur die Blöden bleiben bei der Stange. Es ist wirklich so: Wem das Publizieren in Foren nicht nach eine Weile peinlich wird, muß halt schon ganz schön blöde sein.

Sind denn dir nicht bekannt viele Lebendigen?
Geht auf Wahren dein Fuß nicht, wie auf Teppichen?
Drum, mein Genius!, tritt nur
Bar ins Leben, und sorge nicht.


Publizieren im Internet als eine Form der Einübung in Blödigkeit oder Unbedeutendheit. Dass in der Bloggossphäre jemals Duineser Elegien entstehen werden, mag ausgeschlossen sein. Aber wer bei der Stange bleibt, landet vielleicht woanders. Das Nirvana der Internetliteraturforen ist ein Bereich sichtbarer Unsichtbarkeit, einer Blödigkeit, die man sich erarbeiten muß, einer bedeutsamen Unbedeutsamkeit, die dadurch entsteht, dass das kleine narzisstische Ich gezwungen ist, sich beim eigenen Verschwinden zuzusehen.

Was geschieht, es sei alles gelegen dir!
Sei zur Freude gereimt, oder was könnte denn
Dich beleidigen, Herz, was
Dir begegnen, wohin du sollst?


Über dem Blogger der blaue Himmel, Klickzahlen und Kommentare sind eigentlich nur wie Wolken, die über diesen alles überwölbenden blauen, blauen Himmel hinwegtäuschen. Sich auf den Boden legen und 30 Minuten ohne zu zwinkern nur in den blauen Himmel starren. Eine Einübungsform in Unbedeutendheit. Das Publizieren auf Internetliteraturforen, wenn man es denn lang genug macht, eine andere.

Wo sich vieles gesellt, freudig und jedem gleich,
Jedem offen, so ist ja,
Unser Nobodaddy, der Bloggossphäre Gott.


Bare und holes all open, wer das auf Dauer nicht aushält, muß wohl zu erdhaltigeren Formen des Publizieren zurückkehren.

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Kommentare zu diesem Text

michaelkoehn (76)
(03.08.14)
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Scheester (80) meinte dazu am 03.08.14:
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 toltec-head antwortete darauf am 03.08.14:
Würdet ihr bitte das Wichsen einstellen, so komme ich nie zu einer auch weiblichen Leserschaft!

 Regina (03.08.14)
Inhaltlich zwar nichts Neues aus deiner Feder, auf die Unbedeutsamkeit machst du ja öfter aufmerksam, aber schön geschrieben.

 EkkehartMittelberg (03.08.14)
Wenn du in der Unbededeutsamkeit verschwunden bist, kannst du dich nicht mehr bemerkbar machen.
Deshalb warne noch so lange, wie dich jemand liest. ))
parkfüralteprofs (57)
(04.08.14)
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Graeculus (69)
(04.08.14)
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 toltec-head schrieb daraufhin am 28.01.15:
Konsequent sein überlasse ich einem Graeculus.
Jack (33)
(28.01.15)
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 toltec-head äußerte darauf am 28.01.15:
Was den BJ angeht, kann man abgesehen von Geschlechtskrankheiten nur  hoffen.
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