Spielen bis zum Tod

Aphorismus zum Thema Spiel(e)

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Aphorismen
1.Wer noch im Alter selbstvergessen und zweckfrei spielt, hat sich kindliche Kreativität bewahrt.

2. Wer sich spielend verliert, hat die Chance, sich neu zu entdecken.

3. Wer spielerisch aus dem Leben scheidet, hat dem Tod ein Schnippchen geschlagen.*

© Ekkehart Mittelberg, Januar 2015


Anmerkung von EkkehartMittelberg:

*Ich dachte hier an Petronius, den arbiter elegantiarum, einen Zeitgenossen Neros. Vgl. http://www.zauberspiegel-online.de/index.php/zauberstern-kolumnen-mainmenu-75/teestunde-mit-rolf-mainmenu-196/20660-petronius-rom-und-nero

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (03.01.15)
Spielen ist die Kunst der Weisen. Den Kindern will man es immer mehr nehmen, sie sollen lernen. Welche Welt wird uns das wohl bringen?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Ich freue mich, dass dir die Aphorismen gefallen, Trekan.
Das Lernen könnte für Kinder zwar auch ein Spiel sein, aber nicht das gnadenlos zweckrationale Lernen, das heute an den weitaus meisten Schulen praktiziert wird.

 niemand antwortete darauf am 03.01.15:
@ Trekan
wo ich auch gucke, sehe ich am Handy (oder wie heißt dieses Wunder-Phon?) spielende Kinder und Jugendliche, so spielend, dass sie oft vergessen auf Ampeln zu achten und bei Rot, spielerisch (wie denn sonst) über die Straßen latschen. Mehr spielen geht doch wohl nicht, oder?
So kann man alles Wichtige im Leben verspielen.
LG niemand
P.S. Deine Frage "Welche Welt uns das wohl bringen wird"
finde ich in diesem Zusammenhang (auch wenn Du sie anders gestellt hast) berechtigt.

 Regina schrieb daraufhin am 03.01.15:
So ist es. Die Kinder dürfen nicht mehr spielen. Aber in der Erwachsenendidaktik und in der Altenbetreuung hält man es für das Allheilmittel. Verkehrte Welt.

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 03.01.15:
@ niemand: Zum Spielen gehört das Abstraktionsvermögen zu erkennen, dass das, was man tut, ein Spiel ist. Darum ist das von dir beschriebene Phänomen kein Spiel, es ist ein Teil des Lebens, ein überflüssiger, belangloser Teil des Lebens.
Abulie (45) ergänzte dazu am 03.01.15:
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 Kontrastspiegelung (03.01.15)
Nummer 2 und 3 finde ich cool. Bzw. mag ich die Gedanken sehr!
Die Nr. 1 eigentlich auch, aber irgendwie habe ich es öfters mal in anderen Formen gelesen oder so. Ansonsten, wie schon gesagt. 2 und 3 sind TOP, verbunden, optimistisch :'D

Liebe Neujahrsgrüße, Konti

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Merci, Konti, mir reicht es völlig, wenn dir 2 und 3 etwas sagen.

Du hast recht damit, dass 1 gleichsam auf dem Wege lag. Mein Googeln ergab jedoch, dass es noch nicht als Aphorismus formuliert wurde.

Ein gesundes und glückliches neues Jahr auch für dich.
Sätzer (77) meinte dazu am 03.01.15:
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Gerhard-W. (78)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Merci, Gerhard, es steckt tatsächlich ein bisschen Persönliches in dem Bekenntnis zur Bedeutung des Spielens.

 niemand (03.01.15)
Zu Nr. 3
Wer scheidet denn schon spielerisch aus dem Leben?
Ach, so, ja, die von mir oben erwähnten Spielekinder
(Phon) die auf nichts achtend überall und ständig spielen,
die könnten in der Tat spielerisch aus dem Leben scheiden, allerdings wohl eher ungewollt. Mit herzlichen Grüßen
Irene

 niemand meinte dazu am 03.01.15:
P.S. noch einen kleinen Nachschlag: In der Sylvesternacht sind wohl so einige "spielerisch" aus dem Leben geschieden.
Auch so eine Sache mit dem Spielen, man muss wissen womit man spielt.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Irene, ich bin noch bei Trost und halte es statistisch gesehen nicht für erwähnenswert, dass jemand dem Tod spielerisch ein Schnippchen schlägt. Aber es ist eine uralte Sehnsucht in der Literatur. In der Erzählung "Das war Onkel Manoah" von Siegfried Lenz kauft der Neffe für ein Festmahl ein, das sein Onkel mit ihm vor seinem Ableben einnimmt, um danach friedlich aus dem Leben zu scheiden. Manoah hat den Zeitpunkt seines Todes selbst bestimmt und scheidet mit spielerischer Leichtigkeit aus dem Leben.
Petroniuns hat tatsächlich bis zum Schluss Spottgedichte auf Nero verfasst. Das darf man doch spielerisch nennen.
(Antwort korrigiert am 03.01.2015)
holzköpfchen (31)
(03.01.15)
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 niemand meinte dazu am 03.01.15:
Das ist ja echt krass! Ich stehe dem Spielen auch zur Hälfte negativ gegenüber, weil es zwei Seiten hat. Die gute Seite wäre die harmlos-spielerische, die schlechte ist die welche viele heutzutage praktizieren und zwar das Spielen mit anderen, mit deren Leben, mit deren Existenz, mit deren Persönlichkeit etc. Es wird gerne mit Dingen gespielt, die eher eine ernsthafte Einstellung verlangen. Vieles wird heutzutage spielerisch verharmlost. LG niemand

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Danke, Holzköpfchen. Ich kann deine berechtigte Einschränkung nachvollziehen. Man muss wohl zwischen kindlichem und kindischem Spielen unterscheiden.
Wenn wir das schöpferische Spielen bis ins Alter als eine Tugend betrachten, dann ist es auch mit dieser Tugend so wie mit jeder anderen. Sie hat eine Kehrseite, in die sie pervertieren kann.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
@Irene. Du zeigst bedauerliche Perversionen des Spielens auf, die ich keineswegs verharmlosen möchte. Aber es handelt sich um Perversionen. In der Philosophiegeschichte ist das Spielen so positiv besetzt, dass es den Begriff "homo ludens" (der spielende Mensch) gibt.
Hier ein Zitat aus dem gleichnamigen Wikipedia-Artikel:

"Friedrich Schiller hob in seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen die Bedeutung des Spielens hervor und sprach sich gegen die Spezialisierung und Mechanisierung der Lebensabläufe aus. Nach Schiller ist das Spiel eine menschliche Leistung, die allein in der Lage ist, die Ganzheitlichkeit der menschlichen Fähigkeiten hervorzubringen. Schiller prägte auch die berühmt gewordene Sentenz: »der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.«

Eine der Schillerschen ähnliche Kritik an der Reduzierung der Lebensweise übte schließlich auch Herbert Marcuse in seinem 1967 erschienenen Werk Der eindimensionale Mensch, in dem er die mit der Vorherrschaft der »instrumentellen Vernunft« in den Industriegesellschaften einhergehende Beschränkung der Lebensweise und Kultur kritisierte, die keinen Platz mehr für Ganzheit, Persönlichkeitsentfaltung und autonome Selbstwerdung lasse. Ähnlich wie Friedrich Schiller hält Herbert Marcuse daher eine Rückbesinnung auf das Ästhetische und Spielerische für erstrebenswert, um entgegen den allgegenwärtigen Zwängen einen Freiraum für eine menschliche Betätigung nach selbst gewählten Regeln und um ihrer selbst willen zu schaffen."

 Jorge (03.01.15)
Ob Kartenspiele, Würfelspiele, selbst Casinospiele alle können unterhaltsam und entspannend sein. Gemischt mit den anderen schönen Dingen im Leben sind sie ein Teil der Melange, die ich als Lebensfreude empfinde.
Sätzer (77) meinte dazu am 03.01.15:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
@Jorge und Sätzer: Merci, auch für mich gehört das Spielen zur Lebensfreude und zum Lebensgenuss. Nebenbei können sich noch Lerneffekte wie von selbst einstellen.
Warnungen vor Entartungen des Spielens nehme ich selbstverständlich ernst.
michaelkoehn (76)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Grazie, Michael, Spielen kann njur dann wirklich kreativ sein, wenn der Weg als Ziel akzeptiert wird.
LG
Ekki

 AZU20 (03.01.15)
Nehme ich mir zu Herzen. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Merci, Armin, ich bin sicher, dass es dir immer eine Herzensangelegenheit war und bleibt.

LG
Ekki
wa Bash (47)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Merci, wa Bash, so habe ich es gemeint. Die besten Ideen entstehen aus der Lockerheit des zweckfreien Spiels.
kleinerflirt (47)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Was willst du damit sagen?
kleinerflirt (47) meinte dazu am 04.01.15:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.15:
macht nichts, kleiner Flirt. Ich nehme die Absicht für die Tat, denn diese Ergänzung ist wichtig. Manchmal sehe ich in Tiersendungen die kreativen Paarungsspiele von Tieren, von denen lieblose Menschen lernen könnten.
Schreibst du mir mal per pN, ob du noch immer in dem kleinen schmucken Ländchen lebst, wo meine Wurzeln väterlicherseits liegen?

liebe Grüße
Ekki
kleinerflirt (47) meinte dazu am 04.01.15:
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LottaManguetti (59)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.01.15:
Hach Lotta, das tut gut. Vor allem der überfällige Transfer auf das Zeichnen und schreiben.
Grazie especiale
Ekki
Silvi_B (48)
(03.01.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.15:
Grazie, Silvi, du siehst den Tod als Freiheit. Ich bin ganz sicher, ohne es beweisen zu können - das kann kein Sterblicher - dass er das auch ist.
Wir wissen auch nicht, ob wir für unser eigenes Bewusstsein spielerisch aus dem Leben scheiden können. Bei Petronius arbiter war es so, aber aus der Außensicht.
Es ist interessant, wie sich die Bedeutung von Begriffen, zynisch zum Beispiel, je nach Situation und Kontext verändern kann. Ich denke, das Menschen in bestimmten Phasen ihres Lebens ein Recht auf Zynismus haben.

Liebe Grüße
Ekki
Silvi_B (48) meinte dazu am 04.01.15:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.15:
Danke. Das Jahr hat erst begonnen, Silvi. Mal sehen, vielleicht kann man dem Kennenlernen nachhelfen.

 monalisa (04.01.15)
Nun, lieber Ekki, ich denke, dass auch hier wie überall gilt: Spiel ist nicht gleich Spiel! Gefährlich wirds, wenn Spiel zur Sucht und/oder (Lebens-)Flucht wird.
So aber fasse ich deine Aphos nicht auf. Ich lese darin vielmehr von spielerischem Umgang mit dem Ernst des Lebens, von Neugier und Lust zum Entdecken, davon, Althergebrachtes zu hinterfragen und auf den Kopf zu stellen, von der Fähigheit zu selbstvergessener Konzentration, die mit sich selbst in Berührung bringt ... In diesem Sinne halte ich deine Aphos für sehr gelungen.

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.15:
Liebe Mona,

Aphorismen sind schutzlos. Sie können nicht gegen Fehldeutungen, wie das in einem Essay möglich wäre, abgesichert werden. Aber in der Schutzlosigkeit liegt auch ihr Vorteil. Sie lösen Diskussionen aus.
Ich habe nicht daran gedacht, dass meine Aphorismen im Sinne von Spielsucht oder törichter Entertainment-Spiele missdeutet werden könnten. Die Warnungen davor sind selbstverständlich berechtigt.
Du hast die unterschiedlichen Aspekte des kreativen Spiels, um das es mir ging, gebündelt. Dafür herzlichen Dank.

Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (04.01.15)
Lieber Ekki,
jetzt geh ich meine Mundharmonika suchen und wenn ich sie finden sollte, werde ich mit Begeisterung "Spiel mir das Lied vom Tod" blasen ))
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.15:
Danke, Tasso, das werde ich bis zum Tode gerne hören.

Herzliche Grüße
Ekki
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