Die Arbeiter

Kurzgeschichte zum Thema Absurdes

von  RainerMScholz

„Mir tut dermaßen der Arm weh, ich kann dir sagen, Frankie, der schmerzt höllisch.“
„Hier, nimm erstmal ein Bier, dann fühlst du dich gleich besser. Heute abends reibst du dich mit Franzbranntwein ein und legst dich auf die Couch.“
Frankie reicht Jonie ein Dosenbier aus dem Kühlschrank. Der Ventilator summt. Es riecht nach Fäkalien und süßlich nach verdorbenen Früchten. Jonie wischt sich mit einem Sacktuch den Schweiß von der Stirn und trinkt das Bier aus, zerknüllt die Dose und wirft sie dem zusammengesunkenen Mann in der Ecke an den Kopf.
„Ich hab´ `mal `ne Flugschrift gelesen aus den USA, als da noch die Sklaverei herrschte. Da stand, wie man es seinen Niggern zeigt, ohne dass man dabei eine Sehnenscheidenentzündung bekommt. Schön aus dem Handgelenk, locker und geschmeidig. Aber auch, wie man den Sklaven so peitscht, dass er danach noch zu gebrauchen ist.“
„Das ist mir zu akademisch. Darum geht es hier ja auch gar nicht. Da hatten es die weißen Herren in den Südstaaten besser als wir. Unsere Delinquenten müssen ja gar nicht mehr arbeiten. Hier, pass auf.“
Frankie steht von dem Hocker auf und bewegt sich zu dem kleinen Beistelltisch, nimmt den Fuchsschwanz, steckt sich Wattebäuche in die Ohren und beginnt, dem auf den Tisch geschnallten zu Verhörenden in das Fleisch des Oberschenkels zu sägen. Die Haut platzt auf und lappt ausgefranst von der Wunde weg, Blut spritzt, der Mann reißt die Augen auf und öffnet den Mund weit. Frankie knebelt ihn mit zwei Handgriffen, lässt die Säge in der Wunde stecken, nimmt sich ein Bier und setzt sich wieder auf den Holzschemel neben dem Kühlschrank.
„Und ich hab´ ihm nicht `mal eine Frage gestellt, verstehst du.“
„Ja, Psychologie. Ich müsste auch auf dem Zettel nachschauen, was bei meinem los ist.“
„Ja, ich auch. Wo ist der denn?“
Frankie kramt in seinen Hosentaschen. Jonie deutet auf seine Brusttasche.
„Da ist er doch.“
„Jesus! Ich dachte schon, ich hätte ihn verloren. Was steht denn da. Ah. Keine Ahnung, was das bedeuten soll. Aber bis jetzt kam da auch nichts Vernünftiges.“
„Ja, wie bei mir.“
Jonie sieht nach seinem zu Verhörenden in der Ecke.
„Der kann bald nicht mehr. So wie ich.“, lacht er in sich hinein und hustet.
„Oben haben sie bestimmt noch ein paar.“, entgegnet Frankie, „Meiner läuft gerade aus.“
„Schweinerei. Oben haben sie anscheinend immer noch welche, wie es scheint. Ich hab´ schon ganz aufgequollene Füße in diesen ewigen Gummistiefeln.“
„Du bist auch ständig am Meckern.“, grinst Frankie.
„Ja, ich bin ein Weichei.“, antwortet Jonie.
„Du Schwuchtel.“
„Du Arsch.“
Frankie und Jonie lachen.
„Also dann. Die Pause ist vorbei.“
„Ja.“
Er wischt das Ziffernblatt ab und sieht auf seine Armbanduhr.
„Du hast recht.“
Jonie tritt zu seinem Mann in der Ecke, fragt ihn etwas, das er von einem Zettel abliest und beginnt, ihm die Daumen in die Augenhöhlen zu drücken.
Frankie tritt zu dem Tisch, nimmt die Säge und trifft dann bald auf den Knochen.



© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text


 Cassandra (26.09.15)
Irre, aber gut.

Erinnert mich ein wenig an einen amerikanischen Schriftsteller (weiß jetzt den Namen nicht) welcher einen durchgeknallten Yuppie beschreibt. Der seziert, seine meist weiblichen Opfer, auf ekelhafteste Art und Weise. Gewöhnungsbedürftig, aber lesenswert - wie Deins

L.G.
Cassandra

 RainerMScholz meinte dazu am 28.09.15:
Du meinst bestimmt Bret Easton Ellis. Nehme ich an.
Gruß und Dank,
R.
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