Das Prinzip des Daseins

Essay zum Thema Sein

von  LotharAtzert

Um das Prinzip des Daseins zu erfassen, ist zunächst eine Dreiteilung vonnöten, auch wenn es sich um Untrennbares handelt - ähnlich wie ein Menschen, der aus Geist, Körper und Emotionen zusammengesetzt ist, auch nur als ein Ganzes erscheint.

Im Sanskrit wird von den drei Kayas
gesprochen, wobei ältere Philologen den Begriff Kaya noch mit Körper übersetzten, während heute sich mehr und mehr die Translation in Zustand  durchsetzt. Das "Trikaya" besteht aus:

Dharmakaya
Sambhogakaya
Nirmanakaya


Da ich mich im Folgenden nicht an ein "Fachpublikum" wende, ist die Darstellung so einfach, wie möglich gehalten, jedoch mit dem Hinweis, daß gerade Begriffe, wie Dharma eine multiple Bedeutungstiefe haben, auf die ich im einzelnen hier nicht eingehen kann. Das Internet bietet jedoch jedem Interessierten die Möglichkeit, weiteren Entschlüsselungen nachzugehen.


Dharmakaya wird übersetzt mit Wahrheitszustand
Samboghakaya - Freudenzustand
Nirmanakaya - Verwandlungszustand

Im Wort "wahr" schwingt das Währende - etwas Unzerhacktes, das ohne Pause währt, als unvergänglich zum einen, aber auch anfangs- und endlos. So auch der Wahrheitszustand. Er kommt nicht, geht nicht und ist frei von Konzepten. Dh. er ist unbemerkt präsent sowohl in vergehenden Zeitabläufen, als auch im Zeitlosen.

Es wurde in der Vergangenheit immer wieder versucht, den Dharmakaya mit dem Raum zu vergleichen, da er mit diesem eine gewisse Affinität besitzt: wie er, ist jener sinnlich nicht wahrnehmbar, hat keinen erkennbaren Anfang, keine Mitte, keinen Rand - und doch kann das Vorhandensein von Raum nicht geleugnet werden, denn wir alle sind ja auf die dreifache Weise in ihm und können nicht heraus fallen.
Sobald sich keine Gedanken mehr erheben, ist man ihm distanzlos nahe. Doch sein Bemerken, etwa die Feststellung "jetzt bin ich gedankenleer" verhüllt ihn augenblicklich wieder in Diskursivität. Im Tiefschlaf ist man ihm ebenfalls nahe, nur fehlt dabei das gewahrende Bewußtsein. Infolgedessen ist das Ziel jeder spirituellen Praxis, bewußt das konzeptuelle Denken ausklingen zu lassen und kein neues hinzuzufügen.
Macht man jedoch den Fehler, Gedanken willkürlich zu unterdrücken, ist das weder Dharma, noch Dharmakaya, sondern Vorstellungsgebundenheit.

Den Freudenzustand könnte man auch als Ausstrahlungszustand bezeichnen. Er ist die erste Emanation des Dharmakaya: Als Mandala der allumfassenden Bewußtheit erscheint er in den ätherischen Gegensatzspannungen Raum und Erde, Feuer, Wasser und Wind - als Spiegel der Natur des Geistes. In ihm zeigen sich spontan die entsprechenden Weisheitsmanifestationen.
In einem etwas anderen Zusammenhang - der
Tzog Chen-Tradition
- wird der Wahrheitszustand als ursprüngliche Essenz bezeichnet, der Freudenzustand als ursprüngliche Natur und der Verwandlungszustand als deren ursprüngliche Energie. Also Essenz, Freude und Energie als das Charakteristikum der Verwirklichung nondualer Buddhaschaft.

Der Verwandlungszustand ist der einzige, der mittelst Sinnesapparat verstanden werden kann: alles, was zeitlich erscheint, verändert sich permanent. Nicht ungeordnet, sondern nach der inhärenten Ordnung der Dinge. Gemäß kausaler Ursachen und Wirkung ist jedem das seine bestimmt. Das heißt, ich bin der Eigner meiner Taten, unabhängig davon, ob ich darum weiß oder es glaube oder was auch immer.
Daß die meisten von uns so wenig davon wissen, hängt auch damit zusammen, daß zwischen Ursache und Wirkung viel Zeit liegen kann, deren Rhythmen des Wiederauftauchens im Westen - außerhalb der Münchner Rhythmenlehre zumindest - wenig bis keine Aufmerksamkeit erfahren.

Was wiedergeboren wird, ist, sofern nicht freiwillig und aus mitleidender Barmherzigkeit mit allen Kreaturen gewollt, das Unerledigte, Ungewünschte, Verdrängte, was nichts anderes ist, als gebundene Energie, die solange gebunden überdauert, bis sie im entsprechenden
Ereignis erlitten bzw. wieder entbunden und somit erlöst werden kann. Nur deshalb gibt es Übungen, wie Zazen und andere Wege der allmählichen Beruhigung des Geistes - Verdienste anzusammeln, wie es heißt - um in einem fernen, zukünftigen Weltzeitalter Befreiung vom Rad des Lebens erlangen zu können.

Sollte in diesem Schriftchen Fehlerhaftes stehen, so trage ich, Lothar Atzert, der ich über keinerlei Verwirklichung der Buddhas verfüge, die alleinige Verantwortung.

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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (21.01.18)
es steht das abendland ja lange schon
in einer durchaus andren tradition
des denkens und wirft die kaum über bord
denn auf dem logos gründet auch das wort.

herzliche abendgrüße
henning

 LotharAtzert meinte dazu am 22.01.18:
Dort gibt es ein Örtchen, den Lokus,
der steht manchmal stinkend im Fokus.

Dankesgruß zurück
L.
Jack (36)
(29.05.18)
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 LotharAtzert antwortete darauf am 29.05.18:
Frage 1: korrekt!
Frage 2: Nein, noch kein Nirvana, aber schon sehr losgelöst. Der Bereich, wo man sich, ohne den langen Weg über eine Schoßgeburt zu nehmen, spontan manifestiert, als sogenannte Lotusgeburt, um bestimmte Handlungen zum Segen der Wesen vorzunehmen.
Auf jeden Fall mehr, als eine Art Urlaub. Den kann man in Deva-Chen verbringen, dem sogenannten reinen Land des Buddha Amitabha, eine leicht zu erreichende Sphäre ohne Leid, wie es heißt, wo das Lernen des Dharma leicht fällt.
Tashi delek
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