Wie ich meine Ligusterhecke schneide

Text zum Thema Heimat

von  GastIltis

Manchmal weiß man nicht, warum man bestimmte Dinge tut. Wahrscheinlich, weil es alle so handhaben oder weil die Sinnlosigkeit einem erst viel später bewusst wird. So war es mit dem Anlegen von Hecken vor fünfunddreißig Jahren um unser Bungalowgrundstück. Liguster. Was sonst. Wächst gut, schneidet sich angenehm und ist fast universell formbar. Lässt sich niedrig halten, aber auch über Sichthöhe hoch ziehen. Alles ohne Zutun.
Nur muss man sie eben schneiden. Zweimal im Jahr.

Meine Spezialität! Wusste ich nicht. Weiß ich jetzt. Das heißt, seit vier Jahren. Da kam mein Nachbar Bernhard und fragte, ob er seine Richtschnur nach der Präzision der Oberkante meiner eben fertig gestellten Hecke neu eichen könne. Ich hielt das für einen Scherz. Er nicht. Er hatte leichte Ungenauigkeiten beim Spannen festgestellt und wollte deren Ursachen ermitteln.

Ich hielt mich heraus, erlaubte ihm aber die notwendigen Schritte wie das Einschlagen von Hilfspfählen nebst Abspannungen sowie das Aufstellen eines Theodolites bzw. die Verwendung eines Laser-Gerätes, das er sich von einem Baumarkt ausgeliehen hatte. Kurz: er war mit dem Ergebnis zufrieden, kam allerdings im Folgejahr nochmals zu einer Nachjustierung.

Das Jahr darauf waren es dann vierzehn Mitglieder unserer Siedlung, die alle das gleiche Ansinnen hatten. Da stimmte ich nur unter dem Vorbehalt zu, dass nicht jeder mit eigenem Material und Abspanngerät anrückte, was die Angelegenheit doch einfacher gestaltete. Ein weiteres Jahr später hatte sich die Anzahl der Eichkandidaten mehr als verdoppelt. Mir kamen Bedenken, vor allem auch, als ein ehemaliger Hauptbuchhalter von mir ein Eichprotokoll (!) verlangte.

Mir wächst, ehrlich gesagt, die Sache über den Kopf. Jetzt hat sich auch noch für den 13.07.2017 das Eichamt Berlin-Brandenburg angemeldet, eine Einrichtung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Ohne Angabe von Gründen! Die Lizenz können sie mir nicht entziehen. Ich habe nie eine beantragt bzw. über eine verfügt. Sollten sie vom Amt eigene Versuche durchführen wollen, werde ich wohl eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen müssen. Aber meist bringen sie schon die nötigen rechtskräftigen Dokumente mit und man hat keine Chance. Die Vorstellung lässt mich kaum schlafen.

Meine Frau übrigens, die sonst immer die Fertigstellung der Heckenschnitte abgenommen hatte, sieht das ganz anders. Da geht es nach ihrem Augenmaß. Ob sie die Krümmung der Raumzeit einbezogen hat, vermag ich nicht zu sagen. Meist, wenn die Eicharbeiten abgeschlossen sind, muss ich noch heimlich nacharbeiten.


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von: franky, Dieter_Rotmund, Graeculus, Lancezarus, Sätzer, tueichler.
Vielen Dank!

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(28.06.17)
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 GastIltis meinte dazu am 03.07.17:
Lieber Graecu, glaube ich eher nicht! Der ist Profi und in Versailles gibt es sicher nur Buchsbaumhecken, die wesentlich lang- und gehorsamer wachsen als Liguster. Aber dennoch: danke für die Anteilnahme und deinen Beitrag. LG Giltis.
toltten_plag (42)
(28.06.17)
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 GastIltis antwortete darauf am 03.07.17:
Hallo toltten_plag, immerhin! Meine Texte erheben keinerlei Ansprüche. Den nächsten werde ich zur Hälfte schreiben, den Rest kannst du hinzufügen. Mal sehen, was heraus kommt. Er wird aber auf einer wahren Begebenheit beruhen. Ich verrate dir schon mal den Titel: Rigoletto, genannt das Blechpferd. Viel Spaß. Es grüßt dich Giltis.
(Antwort korrigiert am 03.07.2017)
9miles (53) schrieb daraufhin am 09.07.17:
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 GastIltis äußerte darauf am 09.07.17:
Hallo 9miles, dein Beitrag von heute ist enorm aktuell. Dennoch: aktuell zu sein heißt noch lange nicht, es allen recht zu machen. Gruß Giltis.
9miles (53) ergänzte dazu am 09.07.17:
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 GastIltis meinte dazu am 09.07.17:
Das ist nun ein typischer Fall eines Beitrages (Re-Re-Re …), von dem Graeculus in seinem Text „Überschätzung“ folgendes geschrieben hat (Auszug):
„Vielleicht läßt es sich sogar bei kV einrichten, daß statt der relativ unbedeutenden Texte nur noch die lichtvollen Kommentare dazu veröffentlicht werden.“
Was will ich damit sagen? Dass mir dein friderizianisches Abgleiten in eine mir durchaus nicht unbekannte Rede- bzw. Schreibweise nicht geläufig ist? Mitnichten!
Nur: es bezieht sich durchaus nicht auf meinen Text und kaum auf die leicht überschwellige Art der Bewertung eines harmlosen Beitrages durch t_p, der sich weise herablassend, wie es seine Art ist, mal so eben unter das Volk gemischt hat. Nein, 9miles, so kannst du mir nicht beikommen. Intelligent zu sein stellt sich anders dar. Vielleicht funkelt dann deine Krawattennadel, wobei ich bezweifele, ob du eine trägst. Mehr kann ich bisher nicht erkennen. Du kannst mich gern vom Gegenteil überzeugen. Echt, klar und deutlich. Ich bin gespannt! G.
(Antwort korrigiert am 09.07.2017)
9miles (53) meinte dazu am 09.07.17:
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 GastIltis meinte dazu am 10.07.17:
9miles, die Begriffe „ Heckentheatralisch“ und „wuchernd wölbt“ haben es mir anget(h)an. Das gebe ich unumwunden zu. Auch die Anwürfe des Vorbeikommentierens. Sie sind nicht aus der sprichwörtlichen Luft gegriffen. Nur: lohnt sich bei dieser Lappalie der Aufwand, um Subventionen für die Wiederaufnahme des Untertagebaus nachzusuchen? Bei der politischen, sprich wirtschaftlichen, Lage? Ich halte das für fragwürdig, zumal wir allein auf weiter Flur ein Scheingefecht zu führen beabsichtigen (oder auch nicht).
Jedenfalls danke ich dir für deine Mühen, die du dir aus dem Ärmel so erbarmungslos geschüttelt hast. Giltis.

 tueichler meinte dazu am 11.07.17:
wann kann ich denn mal kommen ;)

T.
9miles (53) meinte dazu am 11.07.17:
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 GastIltis meinte dazu am 11.07.17:
Hallo tueichler, eigentlich immer von Donnerstag bis Sonntag jeweils ab Frühstück. Allerdings ist die Richtstrecke, auch Eichabschnitt genannt, schon etwas ausgewachsen; ich müsste also nach schneiden. Außerdem weiß ich nicht, ob die Eichämter Rheinland-Pfalz und Brandenburg kompatibel sind. Das müsstest du vorher klären. Danke (auch für die Nachfrage). LG Giltis.

 GastIltis meinte dazu am 11.07.17:
Hallo 9miles, Tolbla: das ist mal ein Titel! Von einem Gedanken kann ich in dem Zusammenhang nichts entdecken, außer, dass eine Hyperbel, Lesch grüßt tatsächlich ganz beiläufig, sich irgendwohin verabschiedet, wo die Existenz aufzuhören und das Nichts anzufangen scheint. G.
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