Der Baptismus - oder die Wiederentdeckung der Glaubenstaufe

Essay zum Thema Vergangenheit und Zukunft

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes. ...
Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. (Apostelgeschichte 2)
Sich zuerst bekehren und dann taufen lasssen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Apostelgeschichte und findet auch in den neutestamentarischen Briefen immer wieder Erwähnung.
    Diese Praxis der Glaubenstaufe scheint sich dann aber später - als das Christentum immer dominanter und einflussreicher wurde - in Richtung Kindstaufe verschoben zu haben. Lediglich Neubekehrte in sogenannten Missionsländer erhielten eine solche Taufe.
    Erst im Zuge der reformatorischen Rückbesinnung auf die Bibel begannen einige christliche Kreise diese Glaubenstaufe nach neutestamentarischen Vorbild wieder in den christlichen Ländern einzuführen. Eine Glaubenspraxis, die durchaus auch zu Verfolgungen seitens der katholischen Kirche führte.   
    Dennoch begann dies sich im 18. Jahrhundert besonders in Nordamerika in puritanischen Kreisen durchzusetzen. Dann Anfang des 19. Jahrhunderts geschah dies auch  in Europa. Die sogenannten Baptisten faßten, trotz teilweise heftigen Widerstandes, hier Fuss. Heute sind sie mit ca. 80 000 Mitgliedern fester Bestandteil der christlichen Glaubenslandschaft in Deutschland.
    Und mittlerweile wird auch in vielen anderen Freikirchen diese Glaubenstaufe praktiziert. Bekehrung und Taufe gehören wieder zusammen, so wie es am Anfang war.

Gedankenimpuls:
Man kann die Wahrheit unter den Deckel zu halten versuchen, aber irgendwann setzt sie sich doch durch. Auch wenn es manchmal tausend Jahre dauert. 

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (21.10.20)
Die Glaubens- oder Erwachsenentaufe ist ein guter Reformvorschlag. Man müßte dazu allerdings eine bestimmte Glaubensüberzeugung (katholischerseits m.W. ein Dogma) aufgeben: daß alle ungetauften Menschen in die Hölle und keinesfalls in den Himmel kommen. So lautete nämlich das 'Argument' für die Kinder- bzw. Säuglingstaufe.

Konsequenterweise müßte man auch über die Beschneidung bei Juden und Moslems nachdenken, die nach Auffassung einiger Juristen sogar den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt und ganz gewiß nicht auf der Glaubensentscheidung eines mündigen Menschen beruht.

 Bluebird meinte dazu am 21.10.20:
Diese Vorstellung, dass eine formal-sakramentale Handlung einen himmelsförderlichen Effekt habe, ist tatsächlich katholischer Natur ... persönlich war ich immer der Ansicht, dass der persönliche Glaube mit der sakramentalen Handlung verbunden sein sollte ... reiner Formalismus wenig zielführend sein dürfte ...

Ich lehne übrigens die Kindtaufe im Sinne einer "Weihung" jetzt auch nicht unbedingt ab!

 AlexxT (21.10.20)
Das Problem ist, dass die Glaubenstaufe voraussetzt, dass man eine bewusste Entscheidung treffen kann: "Ich bin Christ" - dazu gehört auch die Möglichkeit, zu sagen: "Ich bin kein Christ". Im mittelalterlichen Denken Europas war diese letztere Option aber gar nicht gegeben. Es galt als selbstverständlich, dass man nur (offiziell zumindest) Christ sein konnte, wenn man nicht sowieso in eine Minderheit mit anderer Religion hineingeboren war (Juden, Moslems). Und weil man quasi nur Christ sein konnte als Angehöriger des Mehrheitsvolkes, konnte man auch gleich jeden nach der Geburt taufen. Außerdem gab und gibt es, wie schon richtig erwähnt, diverse Aberglauben in Richtung "ungetaufte Kinder landen im (für das Mittelalter typischen) frühen Todesfall auf der dunklen Seite der Schöpfung". Sei es Hölle, irgendwelche kleinen Teufelskräfte hier auf der Erde werden oder was auch immer in der Art. Wer könnte so etwas einem Kind wünschen? Niemand.

 Bluebird antwortete darauf am 21.10.20:
Ja, im mittelalterlichen Denken Europas galt sozusagen jeder automatisch als Christ, wurde man demzufolge auch als Christ geboren ... und auch noch zu meiner Schulzeit war man entweder katholisch oder evangelisch getauft

 Graeculus schrieb daraufhin am 21.10.20:
Ja, im mittelalterlichen Denken Europas galt sozusagen jeder automatisch als Christ [...]
Jedes Kind von Christen! Für Juden galt das natürlich nicht.
Eine freie Wahl des Glaubens war - so oder so - nicht vorgesehen. Atheismus erst recht nicht.
Und die freie Wahl des Glaubens, wie sie heute besteht, mußte gegen die Kirchen erkämpft werden.

Was aber passiert, wenn ein Baptistenkind mit 14 oder 15 sagt: "Nee, Mama, Papa, nee, ich will nicht!"?

Und übrigens: Kennen nicht auch Jeohvas Zeugen nur die Erwachsenentaufe?

 Bluebird äußerte darauf am 21.10.20:
Ein Baptistenkind wird erst dann getauft, wenn es dies auch wirklich will ... denn nach baptistischem Verständnis macht eine Taufe wenig Sinn, wenn der echte Glaube fehlt.

Die Zeugen Jehovas taufen erwachsen, aber nicht trinetarisch, wie ich heute gelesen habe
Dieter Wal (58) ergänzte dazu am 21.10.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 AlexxT meinte dazu am 21.10.20:
Aber die Zeugen Jehovas haben immerhin den Vorteil, dass sie nicht an die Hölle glauben. Sprich, wer aus der Organisation verstoßen wurde, aber die Ideologie ganz oder teilweise für wahr hält - darf sich zwar auf die Vorstellung gefasst machen, Gott finde ihn, als Abtrünnigen, ab jetzt zum Kotzen. Ich glaube, das halten die auch für unumkehrbar. Aber: "Gott findet dich zum Kotzen" heißt für einen ZE "Du kannst vergessen, ins Paradies zu kommen, sondern stirbst für immer, wenn du stirbst". Aber nicht "Du wirst für immer leiden".
Dieter Wal (58)
(21.10.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird meinte dazu am 21.10.20:
Ja, die Baptisten haben - nach meiner Beobachtung - im Allgemeinen eine gute Mischung zwischen engagiertem Glauben und gesellschaftlicher Bodenhaftung hinbekommen
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram