Eine Weihnachtskrise

Anekdote zum Thema Ehe

von  Graeculus

Trotz der Covid-19-Pandemie haben wir es uns in diesem Jahre nicht nehmen lassen, wenigstens im kleinen Familienkreis Weihnachten zu feiern. Zu fünft saßen wir um den gedeckten Tisch und sprachen nach dem Essen dem Wein zu. Weil ich die Antike liebe und die Stimmung noch mehr auflockern wollte, schlug ich vor, das altgriechische Kottabos-Spiel zu spielen. Dabei werden die Weinreste im Glas oder Becher nach einem vereinbarten Ziel im Raum geschleudert, und wer am besten trifft, hat gewonnen. Ein einfaches Spiel, das den Griechen jahrhundertelang große Freude bereitete. Was konnte an meinem Vorschlag falsch sein?

Meine Frau aber schaute mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte.
Verunsichert sagte ich: „Ich meine doch nicht, daß wir nach dem Hund zielen sollten! Tierquälerei ist mir fremd.“

Unser Besuch begann zu kichern. Meine Frau lief inzwischen dermaßen rot an, daß ich mir geradezu Sorgen machte und sie ermahnte, an ihren Blutdruck zu denken.

Nach einer Woche hat sie wieder mit mir gesprochen. Ganz normal. Allerdings habe ich das Wort Kottabos noch nicht wieder erwähnt. Das werde ich auch erst dann tun, wenn es mir gelungen ist, preisgünstig eine Sklavin zu erwerben, welche zuverlässig die Weinflecken vom Boden entfernt.


Anmerkung von Graeculus:

Von den drei aus der Antike überlieferten Berichten zum Tode des Sokrates schreibt einer, der des Stoikers Teles, Sokrates habe den Giftbecher nicht ganz ausgetrunken, sondern einen Rest des Schierlings in den Raum geschleudert und dazu gerufen: "Ἀλκιβιάδῃ τῷ καλῷ! - Dies ist für den schönen Alkibiades!"
Nicht nur seines Geliebten hat er so gedacht, sondern auch zum letztenmal in seinem Leben Kottabos gespielt.
Auf seine Ehefrau Xanthippe brauchte er dabei keine Rücksicht mehr zu nehmen.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (31.12.20)
Gespannt, wie es bei euch dann erst an Silvester zugeht.

 Graeculus meinte dazu am 31.12.20:
Ruhiger. Jetzt hat meine Frau Dienst. Da sind der Hund und ich unter uns. Und ich werde mir keine dummen Späße mit ihm erlauben.

Ein gutes, ein besseres Jahr wünsche ich Dir.

 DanceWith1Life (31.12.20)
es soll schon leute gegeben haben, die brauchen zum giftspucken weder Sokrates, noch einen Becher.
die welt ist voller anektoden, nicht wahr, wohl dem der eine findet, die ihm zum lachen gereicht.
diese hier hat wohl ein lachendes und ein, weinendes Auge, wäre vielleicht übertrieben, aber ich denke, du weisst, was ich sagen wollte.

Kommentar geändert am 31.12.2020 um 00:52 Uhr

 LotharAtzert antwortete darauf am 31.12.20:
Gefunden auf Aneck-tot.com?

 Graeculus schrieb daraufhin am 31.12.20:
Deine erste Bemerkung, DanceWith1Life, ist gut - fast ein eigener Aphorismus.
Die jetzige Anekdote ist eigentlich nur zum Lachen gedacht, denn schon nach dem zweiten Satz wechselt sie ins Reich der Phantasie.
Zwar ist meine Frau Kummer gewohnt mit mir (Dank sei ihr, daß sie dennoch zu mir hält), aber einen solchen Vorschlag würde sie mir nicht ernsthaft zutrauen.

Auch Dir wünsche ich ein Jahr, das etwas besser als 2020 sein möge.

 EkkehartMittelberg (31.12.20)
Menschen und die humores sind verschieden. Ich habe mich köstlich amüsiert.

 AchterZwerg äußerte darauf am 31.12.20:
Ich auch.
Muss allerdings auch nicht dem graecischen Haushalt vorstehen. :)

 Graeculus ergänzte dazu am 31.12.20:
Ich hoffe, daß Ihr mir einen solchen Vorschlag nicht allen Ernstes zutraut.
Dieses Kottabos-Spiel muß eine erstklassige Sauerei gewesen sein. Das funktionierte sicher nur auf der Basis von Sklavenhaltung.

Euch wünsche ich ein Jahr, an dessen Ende wir - in alter Frische, wie man so sagt - immer noch voneinander lesen und miteinander sprechen können. Das ist dann zugleich ein Wunsch für keinVerlag.

Euer Graeculus

 AchterZwerg meinte dazu am 31.12.20:
Sklavenhaltung bringt sicherlich auch Vorteile mit sich.
Wenn, beispielsweise, ein schöner Nubier dem 8. bei 38° + mit einem Palmenwedel Luft zufächelte, wäre das zwar unter aller Sau - aber bestimmt schee!

Geduckt in der Ecke:
das grundgute Zwergilein

Antwort geändert am 31.12.2020 um 14:59 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 31.12.20:
Es lassen sich so viele Verwendungen denken, beginnend mit dem Einkaufen bei Schneefall, endend mit dem Palmenwedel und dem Reichen gekühlter Getränke bei großer Hitze.
Gewiß wärst Du ebenso eine gute Herrin wie ich ein guter Herr.
Aber die Menschenrechte sind da unnachsichtig.
Ist vielleicht auch gut so, denn wer weiß?, vielleicht müßten andernfalls wir in Afrika wedeln.

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 31.12.20:
Ich möchte hier keineswegs "moralinsauer" wirken, aber die Witze mit dem Sklaven, bzw. der Sklavin gefallen mir nicht.

Immerhin habe ich im Heim die Zwangsarbeit kennengelernt. (Vielleicht demnächst mehr?

Guten Rutsch! Kreatives neues Jahr!
Tom

 Graeculus meinte dazu am 01.01.21:
Auch Dir ein gutes Jahr 2021.
Und verzeih die Witze mit Sklaven. Ein antike Komödie ohne - oft sehr pfiffige - Sklaven gibt es wohl nicht. Das ist halt meine Welt.

 AndreasG meinte dazu am 01.01.21:
Mich stört die Nennung von Sklaven nicht, aber mir ist durchaus bewusst, dass viele Menschen nur das feste Bild der menschenverachtenden Sklaverei der Neuzeit im Kopf haben.
Darum: die antiken Sklaven sind nicht mit den (meist afrikanischen) Sklaven im Süden der USA oder Mittelamerika zu vergleichen. Vielmehr war die antike Sklaverei sehr vielschichtig und meist dadurch gekennzeichnet, dass die Versklavten einen erheblichen Wert darstellten. Selbst die Kriegsgefangenen, die als Sklaven dienen mussten, wurden darum nicht so entmenschlicht, wie in den "moderneren". Zeiten.
(Mancher Lohnarbeiter im 19. Jahrhundert hätte die mittelalterliche Leibeigenschaft oder antike Sklaverei als Verbesserung empfunden ... denke ich)

Wikipedia hat interessante Artikel dazu.

Allen ein angenehmes 2021.

 Graeculus meinte dazu am 01.01.21:
Die antike Sklaverei umfaßte ein breites Spektrum vom Haussklaven (der auch gebildet und ein Lehrer der Kinder oder ein Arzt sein konnte) bis hin zum Bergwerkssklaven, der sicher eine arme Sau war. Speziell die römischen Kaiser haben sich für ihre Verwaltungsaufgaben gerne gebildeter Sklaven bedient.
Als man zu Hundertausenden Afrikaner nach Amerika verfrachtet hat, hat man nicht an solche gehobenen Funktionen gedacht. Und man hat sie auch nicht freigelassen, wie es bei verdienten Sklaven in der Antike häufig vorkam.

In der Antike konnten höhergestellte Sklaven sogar ihrerseits Sklaven 'besitzen' - auch dafür gab es in Amerika m.W. keine Entsprechung.

Ein berühmter Sklave ist der Fabeldichter Aesop.

Jetzt haben wir ziemlich viel Ernst aufgebracht für etwas, das eigentlich nur als Scherz gedacht war.

 AndreasG meinte dazu am 01.01.21:
Manchmal scheitern Witze oder Diskussionen daran, dass das gleiche Wort unterschiedlich verstanden wird. Da kann eine Erklärung sehr hilfreich sein.

Kennst Du das? - Mir war es neu:
 

 Graeculus meinte dazu am 01.01.21:
Noch nie gehört. Danke für die Information. Aber man sieht, daß ein Sklave zu sein nicht das Schlechteste sein mußte, was einem passieren konnte.
una (56)
(31.12.20)
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 Graeculus meinte dazu am 31.12.20:
Der Sinn ist doch klar: um eine Geschichte daraus zu machen.
Eine Geschichte, keinen Tatsachenbericht.
Agnete (66)
(01.01.21)
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 Graeculus meinte dazu am 01.01.21:
Wenn's gefallen hat, hat es seinen Sinn erfüllt.

Die Xanthippe ist ja sprichwörtlich geworden. Gut, daß ich sie nochmal erwähnt habe. Wörtlich übersetzt, bedeutet der Name: fahle Stute. Auch nicht nett.

Grüße von
Graeculus

 TassoTuwas (01.01.21)
Die Griechen mögen ja schlau gewesen sein, aber die Russen sind da schlauer.
Die schmeißen mit Wodkagläsern um sich, was erstens keine Weinflecken gibt und zweitens bei der Politeikontrolle auf der Heimfahrt keine Fahne macht.
Zugegeben, das konnte den alten Griechen egal sein, schließlich fuhren sie alle ohne Führerschein

 Graeculus meinte dazu am 02.01.21:
Interessante Parallele. Die Russen veranstalten aber kein Zielwerfen mit ihren Gläsern, oder? Daß Wodka keine Alkoholfahne bringt, habe ich immer für ein Gerücht gehalten; ich weiß es aber nicht.
Polizeikontrollen mit Promille-Test waren den Griechen tatsächlich unbekannt und sind den Russen möglicherweise schnurz; die wissen wohl, wie man sowas regelt.
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