Die drei Zeitformen - 3: Die Zukunft

Essay zum Thema Zeit

von  Graeculus

Eigentlich hätte das sich ausdehnende Universum unter der Einwirkung der Gravitation allmählich seine Bewegungsrichtung umkehren und wieder in sich zusammensinken sollen, bis hin zu einer End-Singularität von der Größe eines Atoms. Das wäre, offen gesagt, ein recht mickriges Ergebnis für einen beträchtlichen Aufwand gewesen.


Zum Glück oder zu was auch immer gibt es eine geheimnisvolle Entität namens Dunkle Energie, eine Art Anti-Gravitation, die dazu führt, daß sich die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums sogar beständig steigert. Deshalb werden wir – und damit meine ich nicht nur uns Erlöste und Unerlöste, sondern alles und alle – enden wie ein zu stark aufgeblasener Luftballon. Peng. Und auch dieser Essay wird sich dadurch erledigen.


Wie gesagt: Weihnachten wird überschätzt.

GOOD TIMES
AND BAD TIMES
AND ALL TIMES
GET OVER


Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

Jarina (33)
(23.12.22, 03:43)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Quoth meinte dazu am 23.12.22 um 08:44:
Gute Frage, Jarina - für mich macht es keinen Unterschied. Die Gefahr ist aber: Man berauscht sich an kosmischer Riesenhaftigkeit in Raum und Zeit so sehr, dass man jegliches Interesse für die kleinteiligen Zukunftsfragen und -ängste von uns unbedeutenden und mickrigen Menschen auf unserem belanglosen Winkelplanetchen Erde verliert ... Aber Du hast Graeculus, nicht mich gefragt! 8-) Gruß Quoth

 Graeculus antwortete darauf am 23.12.22 um 15:50:
Ich sehe zwei Unterschiede:
1. einen lebenspraktischen: sich selber nicht so wichtig zu nehmen, da wir ja aufgrund des - vermutlich biologisch - in uns eingebauten Egoismus dazu neigen, uns für den Nabel der Welt zu halten.
2. einen der Theorie: endlich "die drei großen Kränkungen des Menschen" zur Kenntnis zu nehmen: die kopernikanische, die darwinsche und die freudsche; in der Folge: keiner Weltanschauung bzw. Religion zu trauen, welche dagegen verstößt - denn es ist nur Wunschdenken, Selbstbetrug.

 Graeculus schrieb daraufhin am 23.12.22 um 17:28:
Vielleicht darf ich hier noch - als poetischen Ausdruck meines Gedankens - den 21jährigen Bob Dylan zitieren, in einer Sprache, die an den Kohelet erinnert und für einen jungen Mann wirklich erstaunlich ist:

You can have your beauty, it's skin deep and it only lies
You can have your youth, it'll rot before your eyes
Just give to me my gravestone with this lyric carved upon:
I've been a long time coming and I'll be a long time gone

Sehr lange waren wir nicht da, und sehr lange werden wir nicht da sein.

 Quoth äußerte darauf am 23.12.22 um 17:40:
Da Atheisten und Humanisten, bei aller Berechtigung ihrer Weltanschauung, sich nicht mit der Einrichtung von Krankenhäusern, Kitas, Altersheimen und Hospizen befassen und auch weder Feste noch Rituale erfinden, die die Menschen zusammenführen (was die meisten sehr gerne haben), werden die Religionen so schnell nicht obsolet werden. :devil:

 Quoth ergänzte dazu am 23.12.22 um 17:47:
Jules Renard: "Der Tod ist der normale Zustand. Das Leben wird überschätzt." (1907)

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 17:57:
Nein bzw. ja, die Religionen sind ein Produkt unserer Bedürfnisse. Was selbstverständlich keine sonderlich neue Erkenntnis ist. Das Problem sehe ich darin, daß man sich diesen Umstand auf keinen Fall bewußt machen darf, wenn Religionen weiterhin funktionieren sollen. Ist es das, was Nietzsche eine lebensfördernde Lüge nannte?

Ich muß mich mal um diesen Jules Renard kümmern, den Du so häufig erwähnst.

 Quoth meinte dazu am 23.12.22 um 18:34:
"Die Klarheit ist die Höflichkeit des Schriftstellers," schrieb er 1892. Dann hätte er Dich wohl höflich gefunden! 8-) 

Die kleine Sammlung von Henning Ritter ist für die Einführung nicht schlecht.

Ohne Religion, so schlimm sie oft ist, würde der Welt und vielen ihrer Bewohner auch was fehlen.

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 23:03:
Ohne Religion wäre für viele Menschen das Leben unerträglich ... und sie würden gleich eine erfinden.

(Gibt es übrigens noch neue Religionen? Die des Bhagwan war die letzte, deren Entstehung ich zur Kenntnis genommen habe.)

Das sagt allerdings nur etwas über die Bedürfnisse der Menschen, nicht über die Wahrheit der Religion.
Jarina (33) meinte dazu am 23.12.22 um 23:16:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 23:23:
Wenn man sie als Mythen versteht, durchaus. (Ich halte viel und lerne viel von den Religionen der Antike.) Aber nicht, wenn man sie als buchstäbliche Wahrheit versteht. Vor allem stört mich das bei monotheistischen Religionen entwickelte Konzept der Orthodoxie vs. Heterodoxie; es führt zu viel Intoleranz. Die Menschen der heidnischen Antike kannten dergleichen nicht.
Taina (39)
(23.12.22, 08:37)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 nadir meinte dazu am 23.12.22 um 11:08:
eine gigantische Unbekannte? Da fallen mir so einige Namen ein ...

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 15:54:
Von 95 % des Universums (Dunkle Materie, Dunkle Energie) haben wir keine Ahnung, was das ist. D.h. wir können von den Wirkungen her sagen, daß da etwas sein muß, was sich bisher jedoch jedem direkten Nachweis entzieht.
Das ist in der Tat sehr spannend und zeigt, wie wenig wir wissen.
Daß es immer noch nicht gelungen ist, die Quantenmechanik (Elektromagentismus, starke und schwache Kernkraft) mit der Relativitätstheorie (Gravitation) zu einer Grand Unified Theory zu verbinden, wirkt dagegen - auf mich - schon fast zweitrangig, weil das nur die verbleibenden 5 % betrifft.

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 15:55:
Wenn es eine Auszeichnung des Menschen gibt, dann ist es m.E. die, daß wir uns solche Gedanken machen können.
Taina (39) meinte dazu am 23.12.22 um 18:40:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 23:06:
Das könnte, so habe ich gelesen, auf die Dunkle Materie zutreffen - allerdings gibt es keine bessere Theorie.
Und daß das Universum sich beschleunigt ausdehnt, ist eine Tatsache, die mit den bekannten Naturgesetzen nicht zu vereinbaren ist. Kein Meßfehler. Daher die Annahme der Dunklen Energie.
Taina (39) meinte dazu am 24.12.22 um 07:58:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 24.12.22 um 12:26:
In beiden Fällen, der zu starken Kohäsion der Galaxien (Dunkle Materie) und der zunehmenden Expansionsgeschwindigkeit (Dunkle Energie), tut das Universum ja etwas, was es nach dem Gravitationsgesetz nicht tun dürfte.
Sieht man von der Möglichkeit eines Meßfehlers ab, ist eigentlich klar, wo die alternative Deutung liegt: Es stimmt etwas nicht mit dem Gravitationsgesetz.
Ich weiß nicht, ob Dir das sympathischer wäre.
Taina (39) meinte dazu am 24.12.22 um 14:13:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 24.12.22 um 14:56:
Es geht wohl momentan nicht recht voran damit, weder mit dem Nachweis von Dunkler Materie und Dunkler Energie, noch mit der Revision des Gravitationsgesetzes.

 Naja (23.12.22, 09:49)
Stimmt, Weihnachten sowie das gesamte Drumherum wird überschätzt. Aber wir sollten wir es auch anders hinkriegen? Tiere sind uns in vielem überlegen, wir beginnen gerade erst, dies zu begreifen. Die Welt ist so gemacht, dass Eins das Andere vernichten muss, um selbst zu überleben. Was mich immer wieder zu der Annahme führt, dass es ganz gut ist, dass wir nicht wissen, was nach dem Nichtüberleben kommt. Man stelle sich vor, wir wüssten, dass diese "Zukunft" um vieles besser ist! Das würde die "Gegenwart" unnütz und müßig machen ... Du machst mir heute morgen schon wieder so komische Gedanken mit Deinen Texten, lieber Philosyk. Jetzt gehe ich mal weiter sinnieren und auch Notwendiges tun, ich habe heute einen ganz banalen Friseurtermin und eigentlich keine Lust dazu ... vielleicht könnte ich den mit diesen Gedanken ja sausen lassen ...
Lieben Gutenmorgengruß vom Naja :)

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 16:02:
Heute morgen habe ich eine Nachbarin im Flur getroffen, die sich unsicher war, ob sie mir irgendetwas zu Weihnachten sagen solle. Als ich mich selber mit "Weihnachten wird überschätzt" zitiert habe, war sie beruhigt: "Ja, könnte man von mir aus abschaffen."

***

Was den Menschen - auch gegenüber den anderen Tieren - auszeichnet, ist m.E. nicht, daß sich der Schöpfer des Universums in Gestalt seines Sohnes auf unsere kleine Erde bemüht hat, sondern der Umstand, daß wir uns über dieses gigantisch große Universum und sogar noch ein mögliches Metaversum Gedanken machen können. Die Grenzen von Zeit und Raum zu erforschen, das macht uns kein anderes Tier nach.

Friseurtermine sind damit in der Tat schwer vereinbar ... Friseure reden so gerne.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.12.22 um 19:18:
Lieber Graeculus,
du Hast mit allem, was du kritisch zu Weihnachten sagst, recht, aber selbst kluge Menschen wollen ganz bewusst inkonsequent sein und sich Weihnachten wider alle Vernunft bewahren.Das muss man ihnen wohl zugestehen.

 Graeculus meinte dazu am 23.12.22 um 23:08:
Das ist ihnen zuzugestehen, und selbstverständlich wird kein Argument etwas daran ändern. Denn die wichtigsten Entscheidungen unseres Lebens treffen wir (alle? die meisten?) nicht aufgrund von Argumenten. Soll man sich darüber freuen? Zumindest muß man es zur Kenntnis nehmen.

Dir jedenfalls ein frohes Weihnachtsfest im Kreise Deiner Lieben!

 Teichhüpfer (09.03.23, 16:25)
Die vierte Kraft im Atom, ist diese Unvorstellbare in der Physik. Es gab eine Explosion, die bis zur Hälfte das Universums weg zauberte. Die Religion, wegen ihrer Intoleranz, stimmt leider.

Kommentar geändert am 09.03.2023 um 16:31 Uhr

Kommentar geändert am 09.03.2023 um 16:33 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 09.03.23 um 21:46:
Eine solche Explosion gab es? Ich habe ja schon Schwierigkeiten mit Dunkler Materie und Dunkler Energie.

An welche Religion denkst Du?

 Teichhüpfer meinte dazu am 10.03.23 um 09:59:
Mit allen Möglichen, Graeculus. Die Moslems so aktuell, aber der Jesus Christus. Alleine schon, weil ich in der Grundschule Religionsunterricht hatte. Da , wo Du mit aufwächst, das ist richtig.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram