Ein Charakterkopf

Essay zum Thema Angst

von  Graeculus

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Den Menschen, der mich als Charakterkopf, also auch von der äußeren Erscheinung her, trotz seiner lädierten Nase in meinem Leben am meisten beeindruckt hat, möchte ich Ihnen vorstellen. Es handelt sich um den griechischen Philosophen Epikur, der von 341 bis 270 v.u.Z. gelebt und hauptsächlich in Athen gewirkt hat.


Der prüfende Blick, fast wie der eines Arztes beim Anblick eines Patienten – Epikuros heißt tatsächlich der Fürsorgende, der Arzt -, stellte mir eine Frage: Wie sieht es in deinem Leben aus? Bist du gesund und glücklich, oder bist du krank und bedarfst der Heilung? Ja, mußte ich als Jüngling von 17 Jahren zugeben, ich leide am Leben. Ich leide an der mir von Kind auf eingeimpften Religion der Sünde und des richtenden Gottes. Ich leide an Angst vor der Vergänglichkeit und dem Tod. Und überhaupt habe ich Angst vor dem Schmerz, nicht so sehr dem durch Krankheit, sondern dem, den mir andere Menschen zufügen können.


Dieser Blick bildete für mich das Motiv, das schmale Bändchen aufzuschlagen, das die wenigen erhaltenen Werke des Philosophen Epikur enthielt. Alle Lebewesen, so hieß es darin, streben danach, glücklich zu sein. Es gibt vieles, was sie daran hindert – bei Menschen ist es vor allem die Angst. Die Angst ist diejenige Krankheit, an der die meisten von uns leiden, das konnte ich spontan bestätigen. Es gibt, so meint Epikur, vor allem drei Typen von Ängsten, die unserem Glück im Wege stehen: die Angst vor Gott oder Göttern, die Angst vor dem Tod und die Angst vor Schmerzen. Wieder ein Treffer!


Was jetzt aber kommt, war für mich eine Sensation: eine Argumentationskette, die Geschichte geschrieben hat. Alle drei Ängste sind grundlos und können durch vernünftige Einsicht überwunden werden:


1. Götter sind per definitionem nichtmenschliche, übermenschliche Wesen. Sie haben daher keine menschlichen Eigenschaften, vor allem keine menschlichen Schwächen wie Zorn, Rache, nicht einmal Liebe (denn Liebe zeigt einen Mangel, ein Bedürfnis an und ist daher ein Indiz für Unvollkommenheit). Deswegen leben Götter in ihrer eigenen Welt und kümmern sich nicht um uns. Sie bedrohen uns nicht mit Strafe und sie belohnen uns auch nicht, wenn wir ihnen dienen, denn sie brauchen uns nicht. Daher gibt es keinerlei Grund, Angst vor ihnen zu haben. Die meisten Menschen aber übertragen unbedacht menschliche Eigenschaften auf Gott, und vor denen haben sie dann Angst.


2. Alles Glück und Unglück beruht darauf, daß wir es empfinden. Wenn wir tot sind, bedeutet dies, daß wir keine Empfindung mehr haben, daß wir nicht mehr da sind. Ein Leben nach dem Tod kommt für Epikur nicht ernsthaft in Betracht, weil unsere Existenz einschließlich unseres Bewußtseins von unserem Leib abhängig ist, der bekanntlich im Tode zerfällt. Für jemanden, der nicht mehr existiert, kann der Tod, dieses Nicht-Existieren, nichts Schlimmes sein. Entweder sind wir da, dann ist der Tod nicht da; oder der Tod ist da, dann sind wir nicht mehr da – wir begegnen einander nie. Es gibt keinen vernünftigen Grund, vor dem Totsein Angst zu haben. Zwar werden wir dann nicht mehr vereint sein mit den Menschen, die wir – jetzt! – lieben, aber wir werden auch nicht mehr das Bedürfnis danach haben, weil wir eben nicht mehr da sind. Und es wäre doch töricht, jetzt, da wir noch leben, Angst zu haben vor einem Zustand, der, wenn er einmal eingetreten ist, nicht schlimm ist.


3. Der Schmerz schließlich kann schrecklich sein. Aber Epikur ist eine tröstliche Eigentümlichkeit aufgefallen: daß wir uns nämlich an ihn gewöhnen können und daß er nach Wochen und Monaten  nicht mehr so quälend ist wie zu Anfang. Daraus folgert Epikur: Entweder ist der Schmerz stark, dann dauert er nicht lange, oder er ist langandauernd, dann aber nicht so stark. In dieser Hinsicht bin ich mir nicht so sicher, was die chronischen Schmerzen angeht; aber vor der Entdeckung wirksamer Schmerzmittel war es wohl das Beste, was man sagen konnte.


Ein wahrer Arzt der Seele, dieser Epikur. Und nach allem, was wir wissen, hat er sogar nach seiner Lehre gelebt. Sein letzter Brief (an Idomeneus) lautet:

An diesem wahrhaft glücklichen Tag meines Lebens, der zugleich mein letzter ist, schreibe ich euch dies: Schmerzen durch Harnzwang und Ruhr folgen einander; sie haben eine solche Stärke erreicht, daß sie sich nicht mehr steigern können. All diese Schmerzen aber wiegt auf die Freude meines Herzens in der Erinnerung an die Gespräche, die wir miteinander geführt haben. Du aber sorge für die Kinder des Metrodoros so treu, wie du seit deiner Jugend zu mir und zur Philosophie gestanden hast.


[Diogenes Laertios: Leben und Meinungen berühmter Philosophen X, 22]


 Die Schule des Epikur in Athen, „Der Garten“, war übrigens die einzige, bei der Frauen und Sklaven zugelassen waren, was ihn uns heute zusätzlich sympathisch macht.

Sie alle kennen das „Vaterunser“ aus den Evangelien, das Jesus uns gelehrt hat. Jahrzehnte vorher hat der römische Dichter Lukrez in seinem Werk „De rerum natura“ uns ein anderes Vaterunser vorgestellt. Es ist Epikur gewidmet und beginnt mit den Worten: „Tu, pater, es rerum inventor – Du, Vater, bist den Dingen auf den Grund gekommen.“ Und ein anderer römischer Dichter, Horaz, hat sich als „Epicuri de grege porcum – Schweinchen aus der Herde des Epikur“ bezeichnet.

Diese Wirkung hatte auf mich ein Charakterkopf. Und heute bin auch ich ein dankbares Schweinchen.


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Kommentare zu diesem Text


 Regina (03.02.23, 21:58)
Sehr schöner Text, toll geschrieben. Aber ich empfinde das nicht als Essay. Kommt nicht ein anderes Genre infrage?

Kommentar geändert am 03.02.2023 um 21:59 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 04.02.23 um 16:18:
Hm. An welches Genre denkst Du denn?


Essay: kürzere Abhandlung über einen wissenschaftlichen Gegenstand, eine aktuelle Frage des geistigen, kulturellen oder sozialen Lebens u.ä. in leicht zugänglicher, doch künstlerisch wie bildungsmäßig anspruchsvoller, geistreicher oder ästhetische befriedigender Form, gekennzeichnet durch bewußte Subjektivität der Auffassung ...

[Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur]

Das paßt doch einigermaßen, oder?

 Regina antwortete darauf am 05.02.23 um 21:20:
Es hat aber auch einen gewissen Erzählcharakter.

 Graeculus schrieb daraufhin am 06.02.23 um 10:55:
Gehören zu einer Erzählung nicht Handlung, handelnde Personen, eine dramatischer Verwicklung usw.? Also eine literarische Geschichte?

 AlmaMarieSchneider (04.02.23, 00:32)
Epikur, mein Lieblingsphilosoph.
Dein Text ist empfehlenswert lieber Graeculus, doch heute empfehle ich Epikur.

Herzlichst
Alma Marie

 Graeculus äußerte darauf am 04.02.23 um 16:21:
Gerne trete ich Deine Empfehlung dem Meister ab. Wie könnte ich meinem geistigen Vater das mißgönnen, auch wenn ich manchmal ein unfolgsamer Sohn bin?

 AchterZwerg (04.02.23, 07:49)
Kann es sein, dass Epikur deinem Avatar Modell gestanden hat?
Wäre keine schlechte Wahl ... :)

Lächelnde Grüße
der8.

 Graeculus ergänzte dazu am 04.02.23 um 16:28:
In der Antike sagte man: "Wer Epikur nicht gesehen [!] hat, hat die Sonne nicht gesehen."
Unser Vater, die Sonne ... in dieser Spielklasse spiele ich - auch optisch - nicht.
Obendrein ist meine Nase noch unbeschädigt.

(Die oft beschädigten Körperteile an antiken Statuen sind übrigens in der Regel das Werk von Christen, die sich auf diese Weise mit heidnischer Tradition auseinandergesetzt haben. Speziell der mit christlicher Religion inkompatible Epikur war ihnen ein Dorn im Auge.)

Danke aber für den Vergleich!
Graeculus

Antwort geändert am 04.02.2023 um 16:28 Uhr

 LotharAtzert (04.02.23, 10:05)
Alle drei Ängste sind grundlos und können durch vernünftige Einsicht überwunden werden:
Was im Text folgt, sehe ich naturgemäß anders und erlaube mir, die kürzlich vorgestellten vier Punkte, wie sie mir von buddhistischen Lehrern gegeben wurden, dagegen zu halten:
Die vier Betrachtungen, die den Geist auf das Wesentliche lenken

Der erste Punkt: Die Kostbarkeit der menschlichen Geburt, die schwer zu erlangen und leicht zu zerstören ist. Viele günstige Faktoren und Verdienste müssen zusammenkommen, bis man Mensch wird, wozu nicht bloß die geeigneten Eltern am bestimmten Ort in der entsprechenden Zeit gehören, sondern vor allem Mitgefühl mit anderen Wesen ...
 
- Der zweite Punkt: Tod und Vergänglichkeit. Obwohl diese menschliche Geburt also viele Möglichkeiten des Wachstums gestattet, ist die zur Verfügung stehende Zeit knapp bemessen, so daß wir nichts auf morgen verschieben können. Wenn wir sterben, was jeden Moment geschehen kann, verwandeln wir uns in einen Leichnam und dann ist alles zu spät.
 
- Der dritte Punkt: Karma - Ursache und Wirkung. Alles Verursachte hat Folgen, auch über den Tod hinaus, ja die Taten bestimmen sogar, als was wir wiedergeboren werden. Denn was man aussendet, das kehrt unweigerlich zuletzt wieder zum Verursacher zurück. Wir kennen das aus "Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück."
 
- Der vierte Punkt: Leiden. Um das durch Unwissenheit, Gier und Haß bedingte, stetig wiederkehrende Leiden zu beenden, praktizieren wir das, was bewußte Klarheit, Mitgefühl und Weisheit entstehen läßt.
Je klarer diese vier Punkte werden, umso unerschütterlicher wird unsere Motivation.
Vernünftige Einsicht ist ein Widerspruch in sich selbst, fällt das denn wieder nur mir auf? Vernunft -von vernehmen abgeleitet - gehört zum 2., dem bewirkenden Grund; die Einsicht jedoch erst zur Causa formalis.

Der Charakterkopf mag edel sein - und in gewisser Weise tatsächlich dem deinen ähnelnd - aber was unterm Strich rauskommt ...
Hat er denn wenigstens auch Hanf im Garten gehabt, der edle Denker?

 Graeculus meinte dazu am 04.02.23 um 16:36:
Eine vernünftige Einsicht - ich übernehme Dein Modell nicht - ist eine aus Argumenten entstandene. Es liegt in der Macht der Vernunft, unsere Seele zur Ruhe zu bringen.

Wo wir einander im Prinzip berühren könnten:
"Epikuros" heißt nicht nur "Arzt", sondern er ist auch ein Seelenarzt.
Der Indologe Heinrich Zimmer hat den Buddha, ausgehend von dessen "Vier Edlen Wahrheiten", konsequent als Arzt, als Seelenarzt interpretiert.
Die Methoden beider sind verschieden, doch das Ziel, die Heilung von Gier und Angst, ist das gleiche.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.23 um 20:47:
Hallo Graeculus,

ich kann mir einen Essay nicht schlichter und klarer und das heißt für mich nicht schöner vorstellen.

LG
Ekki

 Graeculus meinte dazu am 05.02.23 um 15:29:
Herzlichen Dank.
Ich bin mir nicht sicher, ob diese Ängste - und damit auch die Therapie gegen sie - noch aktuell sind. Was die Schmerzen angeht, so vertrauen wir nicht mehr darauf, sie auszuhalten zu lernen, sondern auf Medikamente; die Angst vor Gott ist anscheinend nicht mehr verbreitet; und der Tod - ja der ängstigt schon noch.

 Quoth (05.02.23, 18:02)
Eine gute Zusammenfassung seiner Lehre - die aber, will mir scheinen, nicht alles abdeckt, vor allem die Widersprüchlichkeit des menschlichen Charakters nicht. "Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will" (Paulus, Römerbrief). Hiermit hat sich die auf Zenon von Kition (dessen Porträt freilich nicht so schön ist wie das von Epikur) zurückgehende Lehre auseinandergesetzt, Stoa genannt. Im Leben jedes Menschen gibt es das Leiden an zurückliegenden Pflichtverletzungen und das Bemühen, durch Erkenntnis, Reue und Wiedergutmachung daran zu arbeiten. Selbstgenügsamkeit und Unerschütterlichkeit, Arbeit an sich selbst und Pflichterfüllung - auch sie tragen zur Eudaimonia bei, die das Ziel nicht nur Epikurs, sondern auch Zenons, Senecas und Marc Aurels ist. Gruß Quoth

 Graeculus meinte dazu am 06.02.23 um 14:22:
Es ist richtig, daß diese Zusammenfassung von Epikurs Lehre, die auf seinem Brief an Menoikeus beruht, nicht alles abdeckt, und, ja, gerade die Widersprüchlichkeit des menschlichen Charakters nicht.
Wenn man dies nun mit der Stoa vergleicht, muß man auch erwähnten, daß die Stoa textlich - weil mit dem Christentum kompatibel - ungleich besser überliefert ist als Epikur und seine Schule. Ob Epikur für die Feinheiten in der menschlichen Psyche ein Gespür hatte, kann man daher nur vermuten. Mir fällt immerhin auf, daß Epikur eingeht auf diejenigen Menschen, die trotz der Tatsache, daß der Tod "uns nichts angeht", Angst vor ihm haben.
Für eine spezielle Affinität der Epikuräer zu dem, was die Stoa in die Nähe des Christentums rückt (Seneca: anima naturaliter Christiana), etwa Pflicht und Reue, sehe ich bei Epikur - in dem überlieferten Corpus - keine Anhaltspunkte.

In der Antike, das weißt Du sicher, hat man Epikurs Lehrer Demokrit auf eine Stufe mit Platon gestellt; und dann vergleiche, was von Demokrit und was von Platon an Texten überliefert ist. Die Christen waren ausgesprochen selektiv in ihrer Tradierung antiker Schriften.

 TrekanBelluvitsh (14.02.23, 03:48)
Ich nehme mal an, dass Epikur aus gehobenen Kreisen stammte. Denn nur solche Leute können sich aussuchen, mit wem sie sich umgeben. sonst hätte er als Viertes noch die Angst vor den Menschen dazu genommen.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 17:45:
Ein Adliger war er m.W. nicht; aber gegen die Angst vor anderen Menschen hat er - habe ich hier nicht erwähnt - ein weiteres Mittel empfohlen: "Lebe im Verborgenen". D.h. falle möglichst wenig auf. Woraus ein Dichter (Ovid) den schönen Vers gemacht hat: "Bene qui latuit, bene vixit - Wer gut verborgen war, hat gut gelebt."
Epikur war - anders als die Stoiker - ein unpolitischer Philosoph, ohne jede Ambition, "die Welt zu verbessern".

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 01:37:
Die Lust als höchstes Gut?
Da schau her! Jetzt bin ich baff.
Für mich ist es eher nach Aristoteles, die Glückseeligkeit.

Antwort geändert am 19.02.2023 um 01:46 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 13:49:
Von "Lust" habe ich nicht gesprochen, sondern von "Glück", "Glücklichsein". Der Begriff, den Epikur verwendet, lautet "ἡδονή" (hēdonē) [wovon unser Begriff "Hedonismus" abgeleitet ist].
Aristoteles verwendet zur Bezeichnung seines Idealzustandes den Begriff "εὐδαιμονία" (eudaimonía).
Der Bedeutungsunterschied ist nicht groß; soweit ich sehe, wird εὐδαιμονία nicht auf nichtmenschliche Lebewesen angewendet. Da Epikur von "allen Lebewesen" sagt, daß sie nach Glück streben, verwendet er ἡδονή, und ich nehme an, er würde Kühe, die nach der Winterruhe im Stall im Frühjahr erstmals wieder auf die Weide dürfen, als glücklich bezeichnen. Oder eine Katze, die gestreichelt wird und schnurrt.

Wichtig ist, daß - anders als es der Begriff "Hedonismus" suggeriert - bei Epikur nicht gemeint ist, man solle sich möglichst viel mit Fressen, Saufen, Huren, Buben abgeben. Vielmehr vertritt er den interessanten Gedanken, daß es zum Glück besser ist, die Zahl der Bedürfnisse zu reduzieren, statt möglichst vielen von ihnen nachzujagen. Dazu unterscheidet er zwischen (zum Leben) notwendigen, natürlichen und unnatürlichen Bedürfnissen. Die notwendigen muß man befriedigen, die natürlichen kann man befriedigen, wenn sie im Aufwand dafür nicht ein größeres Maß an Unzufriedenheit erzeugen, die unnatürlichen - heute möchte man sagen: die durch Werbung erzeugten - sollte man aufgeben.
Sein Lebensideal ist das kultivierte Gespräch mit Freunden im Garten, bei einer bescheidenen Mahlzeit und einem Becher Wein. Auf die Freundschaft hält er hohe Stücke; was die Liebe angeht, so ist er skeptisch, ob sie zum Glück beiträgt - er zählt sie zu den natürlichen, aber nicht zu den notwendigen Bedürfnissen. Nietzsche hat Epikurs Ideal einmal so ausgedrückt: in ruhiger Stimmung am Meer sitzen und dem Sonnenuntergang zuschauen.

Zwar ist von ihm ein Liebesbrief an eine Hetäre überliefert, aber ich habe mir sagen lassen, daß - Echtheit vorausgesetzt - seine Deutung schwierig und nicht ganz klar ist.

Das mußte ich jetzt zur Verteidigung des 'Vaters' sagen. Ihm Hedonismus, ein exzessives Ausleben aller möglichen Bedürfnisse, zu unterstellen, ist eine Polemik seiner Gegner: der Stoiker und der Christen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 13:54:
Der Satz:"Der Anfang und die Wurzel alles Guten ist die Lust, die der Bauch zu geben hat", war leider nie meines. Ich wünschte, es wäre anders.

Antwort geändert am 19.02.2023 um 13:57 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 13:58:
Der stammt aber nicht von Epikur, oder?

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 14:02:
Angeblich schon. Ich suche ihn dir heute raus.

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 14:02:
Sowas behaupten nur Leute, die nie eine andere Lust kennengelernt haben. Überhaupt sollte man sich über die Frage, welches das größte Glück ist, nur mit kompetenten Leuten unterhalten, d.h. solchen, die verschiedene Arten des Glücklichseins kennen. Mit jemandem, der - physisch oder metaphorisch - keine Ohren hat, braucht man sich nicht über die Freude an Musik auseinanderzusetzen.

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 14:07:
Was immer Du da jetzt ausgraben wirst, zu meiner Interpretation stehe ich. Allenfalls kann ich mir vorstellen, daß er meinte: das elementare natürliche und notwendige Bedürfnis ist es, satt zu sein, nicht zu hungern. Aber auf keinen Fall: exzessiv zu schlemmen, so wie der Kaiser Caligula, der für eine einzige Mahlzeit die Jahressteuereinnahmen dreier Provinzen aufgewendet hat.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 14:16:
Sehr spannendes Thema! Wie du weißt..., aber das kommt nach dem 2.3.auf jeden Fall auf die Diskussionsagenda, vorallem muss ich erklären, warum mir Aristoteles mehr gibt. Musik...gemeines Thema! Da schlägt bei mir auch der Bauch zu, nur der. Wäre ja noch Schöner, wenn man, stell dir vor, mit dem Satz:"Das gibt meinem Geist nichts!" argumentieren würde. Arm. Wir plaudern weiter, zuerst Klausur.

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 14:26:
Ein französischer Naturwissenschaftler hat einmal nach der Lektüre von Homer gesagt: "Und? Was beweist das?" Manche Leute sind in bestimmten Dimensionen nicht erreichbar.
Das Weitere später. Nach der Klausur.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 14:27:
Ja! :)

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.02.23 um 15:18:
Für Mitleser, der Satz ist Epikur untergeschoben worden.

 Dieter Wal meinte dazu am 20.02.23 um 17:46:
@Mondscheinsonate: Luciano De Crescenzos populärwissenschaftliche "Geschichte der griechischen Philosophie" bringt weitere typische antike Beispiele für solche Anti-Epikur-Polemik.
     

 Graeculus meinte dazu am 20.02.23 um 18:23:
Das stimmt (falls ich antworten darf, obgleich ich nicht angesprochen bin), und gleich auf der ersten Seite seines Epikur-Kapitels finden sich Bemerkungen zu Epikurs mäßiger Lebensweise, was das Essen angeht. Aber den Sachverhalt hat Mondscheinsonate ja bereits richtiggestellt. Epikur wurde und wird halt oft entstellend wiedergegeben; darauf sollte man nicht hereinfallen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 20.02.23 um 19:34:
Stimmt.
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