Ignoranz

Szene zum Thema Achtung/Missachtung

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  BEGEGNUNGEN (Kurze Prosa)

Beim Fahren mit seinem SUV horcht Hans auf den Motor - wie eine Mutter auf den Atem eines fiebernden Kindes. Er sehnt sich nach Vertrauen, nicht dem großen Vertrauen, sondern dem nach alltäglicher Verlässlichkeit.

 

Nach einer Weile sieht er nur noch seine Gedanken sich fortbewegen. Er hält sich für einen Intelligenzler, entwickelt gern Theorien über den Sinn von Wahlen, über natürliche und künstliche Intelligenz, über das Heiraten, das Rauchen oder Nichtrauchen, Saufen oder nicht Saufen. Ob Beziehungen besser werden bei einer Liebe auf den ersten Blick oder sie Stück für Stück wachsen zu lassen. Ob es da Gesetzmäßigkeiten gibt. Ob es was mit Qualität zu tun hat wenn Bindungen lange halten. Oder ob sich die Liebe erfüllt und dann endet.

 

Am Ziel angekommen, rangiert er den großen Wagen in eine Parklücke vor der Apotheke. Eine Frau, die gerade aus dem Gebäude kommt und in ihren Kleinwagen einsteigen will, kann sich wegen der entstandenen Enge nur mit Mühe hineinzwängen. Sie beschimpft ihn deshalb und echauffiert sich darüber hinaus, dass er solch ein großes Auto fährt und damit auch noch die Luft extrem verpestet.

 

Hans hört sich das wie eine Art Ohrenfilm an und erwidert:

„Gnädige Frau, ich muss nur kurz in die Apotheke, um mir einen Protonenpumpenblocker gegen meine überschüssige Magensäure zu besorgen. Ich bin gleich wieder da und fahre dann sofort weg.“

Er sieht sich genussvoll innerlich dabei zu, so wie seine Bewegungen sich beim Gehen in die Apotheke leicht anfühlen als schwebe sein Körper. Die Worte, die die Frau hinter ihm herwirft, passieren seine Ohren ohne einen Eindruck zu hinterlassen.




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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(29.10.23, 14:34)
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 uwesch meinte dazu am 29.10.23 um 14:56:
Tja so lässt sich wahrscheinlich für einige Menschen "besser" leben. LG Uwe
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