DAHEIM

Text

von  Mondscheinsonate

Judith Hermanns Buch liegt neben mir, gleich werde ich es aufschlagen und lesen. "Was brauchen wir und worauf können wir verzichten. Wir sind Trabanten, denke ich, wir kreisen um unsere Sonnen, jeder um seine eigene."

Manche können bereits mit einem Satz in die Geschichte ziehen, wenige, ich vermisse das oft, zumeist liest man es zu selten, auch nie. 

Es tut gut, einfach dasitzen, ein Glas Wasser zu trinken und lesen. Draußen höre ich das Leben toben. 

Ein befreundeter Notar erzählte mir heute, dass eine polnische Pflegerin EUR 100.000 vermacht bekam, die sah so arm aus, dass ihm das Herz aufging. Ich nickte, sagte, vielleicht hat sie es wirklich gut gemacht. Er sagte, dass er allzu oft Fälle hatte, wo die Verwandtschaft klagte, es stellte sich nicht einmal heraus, dass die Pflegerinnen die Patienten vernachlässigten und Geld stahlen, auch erschlichen. Ich sagte, dass ich niemals meiner Pflegekraft etwas vermachen würde, das ist ihr Job. Da bin ich beinhart. 

Ja, das Alter, manche haben schon sehr abgebaut, man merkt es. Niemand lebt ewig, es wird Zeit die Papiere zusammen zu suchen, dann haben es Verwandte leichter. 

Ich mache mir Gedanken um eine streunende Katze, die ich seit 16 Jahren gefüttert habe. Seit zwei Wochen kommt sie nicht mehr, das stimmt mich traurig. Auch war ich schon wochenlang nicht mehr auf dem Friedhof. Ich werde am Samstag gehen (müssen - ich habe so ein Gefühl, dass ich es brauchen könnte). 

Die Sommer war immer schön, ich las viel auf der hässlichen Couch, während er arbeitete. Es passierte nichts. 

Es passiert nie etwas im Außen, wenn man liest. Das Nichts hat sich eingebrannt ins Sein. Sein Bruder hat mir seine Armbanduhr geschenkt, ich bekam sie gestern. Die Zeit blieb stehen.






Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Aron Manfeld.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (25.06.24, 22:57)
Ich sagte, dass ich niemals meiner Pflegekraft etwas vermachen würde, das ist ihr Job.

Bei meist schlechter Bezahlung; natürlich sollte abgewogen werden, aber solange die Verwandtschaft nicht zu kurz kommt, spricht eigentlich nichts dagegen. 👋😉

 Mondscheinsonate meinte dazu am 26.06.24 um 04:06:
Stimmt, ich vermache trotzdem nichts. Wenn man so denkt, müsste man der Verkäuferin, die dir dein Brot gibt, etwas geben, der Krankenschwester/mann, dem Bestattungspersonal (verdienen tut nur der Chef gut), dem Reinigungspersonal, ... es gibt nämlich viele die fast nichts verdienen und täglich oder oft oder nur einmal zu Diensten sind. Aber, darüber können wir gerne Diskutieren, wem du  gerne alles vermachen möchtest, die Liste wäre sicher lang, wenn man gut nachdenkt, was alles falsch läuft. Ich kann dir aber auch gerne am Ende des Jahres meine Visa-Rechnungen senden, die monatliche Spendenbeiträge ans Rote Kreuz, Neunerhaus und Tierschutzhaus aufweisen. Also, keine Sorge, mein Mitgefühl gilt stets denen, die es wirklich brauchen. Aber eigentlich ist das eine Sache von "Wen wähle ich eigentlich und was tut dieser für das Soziale"? Nicht von Erbenmachthabern.
Anbei ein Link, vielleicht schaust du dir die Gehaltssprünge einmal an, diese Sparten verdienen nur kollektiv, lieb, nicht?
https://www.wko.at/kollektivvertrag/lohntafeln-arbeiter-handel-2024
Also, es nützt wenig, einer viel zu geben, wenn das Übel global ist und längst korrigiert gehört. Meine Meinung. Und, da freunde ich mich lieber mit dem Gedanken an, an Vereine zu spenden, die vielen helfen, so wie die BASF-Erbin, die vielen helfen. Und im Übrigen bleibt DIR SELBST überlassen, ob du einer Pflegekraft Trinkgeld gibst, das hast du in deinen Überlegungen außer acht gelassen, dass das sowieso eines jeden Pflicht wäre, sofern man nicht von der Hand im Mund lebt. 


Antwort geändert am 26.06.2024 um 04:24 Uhr

 FrankReich antwortete darauf am 26.06.24 um 08:13:
Was Du allerdings nicht zu bedenken scheinst, ist die besondere Situation, in der sich ein alter Mensch am Ende seines Lebens befindet. Wenn ihm dann noch die Aufmerksamkeit zuteil wird, die ihm Zeit seines Lebens verwehrt blieb, hat er allen Grund, sich bei denen, die sie ihm gewähren, zu bedanken.
Wahrscheinlich lässt sich das aber nur bei entsprechender Erfahrung nachvollziehen. 👋😉

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 26.06.24 um 08:35:
Die Bedankung ist das Trinkgeld und nicht nur einmal. Sprich: ein Zusatz zum Gehalt.

 AchterZwerg (26.06.24, 17:59)
Wenn ich 100.000 hätte, würde ich es mir selber nett machen.
Bis zum letzten Tag - falls das Geld so lange reicht! :D

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 26.06.24 um 18:36:
Ja🥰
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram