Ja, hätte man nur die Hälfte gelernt, hätte man keine Chance gehabt. Zum Glück half das drei Tage Powerlearning, er fragte alles. Und nein, das ist nicht wie in der Schule, so in etwa:"Nenne mir die drei Punischen Kriege, wann, wer und warum?", sondern "Hier haben Sie eine Patentschrift, wo, was, wann, wer und die schlimmste Frage ist "Was ist, wenn...?", die dauernd kam. Verständnis also. Ein Gut, zum Glück.
Unser Schulsystem krankt komplett. Jetzt gehen die Kinder ins Gymnasium, das auf die Uni vorbereiten sollte und abgesehen davon, dass die Gymnasiasten nach Abschluss nicht einmal wissen, wie man einen Erlagschein ausfüllt (braucht es nicht mehr, gibt schließlich Internetbanking), werden sie überhaupt nicht auf die Universität vorbereitet. "Kompetenzorientiert", "fächerübergreifend", so, so?
An den Universitäten bieten sie schon längere Zeit Vorbereitungskurse in Mathematik, Physik und Chemie an, weil die zukünftigen Erstsemester überhaupt nichts können, nur wenige können das behaupten. Die Naturwissenschaften führten vor ein paar Jahren nun auch Aufnahmetests ein, weil stets ein Ansturm war und dann ein großes Scheitern. Unis schreiben nun eine gewisse Anzahl an Credits im Jahr vor, weil zu wenig Prüfungen gemacht wurden. In der Elektrotechnik, einer, der schwersten Studienrichtungen, war bei Klausuren die Durchfallquote bei 92%, die Österreichische Hochschülerschaft schaltete sich ein.
Nun, aber, wieder etwas geschafft, das ist doch schön. Heute bitte ich um die "Einvernehmliche", damit ich ab nächster Woche wieder in eine Großkanzlei eintreten darf. Die Freude darüber ist riesengroß, überhaupt, diesmal nicht der Blick auf den Stadtpark, sondern der auf die Alma Mater. Ich liebe Wirtschaftsrecht. Der Input von Partnern in Großkanzleien ist unbezahlbar. Hat man einen Fuß drinnen, bekommt man jeden Job in der Branche. So ist es. Geld spielt keine Rolle, aber es ist viel.
Mit dem Gymnasium habe ich das nicht geschafft, es gab nur einen Schlüssel, nämlich das Abitur, der Rest, nämlich wie man wirklich lernt, das habe ich mühevollst, unter Tränen und Entbehrungen selbst lernen müssen.
Dem Gymnasium muss man eines zu Gute halten, es sollte Interesse wecken, aber ganz ehrlich, das ist auch eine Aufgabe des Elternhauses. Es gab und gibt genug Menschen, die nicht im Gymnasium waren oder nur kurz und als Erwachsene sehr gebildet sind, weil sie Interesse zeigten.
Und, weil ich Tag und Nacht gelernt habe, das Recht ist äußerst kompliziert, stößt es mir oft peinlich berührt auf, wenn sich manche über andere Menschen stellen wollen und Paragrafen zitieren, diese aus einem Konvolut aus Kontexten reißen, Hintergründe nicht kennen, keine Kommentare von Gelehrten kennen, sich nicht durch Rechtsdatenbanken gequält haben, aber komplett wichtig vorkommen, wenn sie zitieren. Anders die Frage: Ist das rechtens? Das ist ganz etwas anderes. Die Frage stelle ich mir als Juristin auch, muss ich sogar, das ist mein tägliches Brot.
Vorallem, dies tun, um zu zeigen:"Ha, ich kann das auch!" - Nein, kannst du nicht. Schuster bleibe bei Deinen Leisten!
Genausowenig, wie ich die Tiefe der Elektrotechnik oder der Elektrochemie kann, obwohl ich im Gymnasium Sehr gut hatte. Also, diesbezüglich halte ich meinen Mund.
Das lernt man auch im Gymnasium, nämlich das Prahlen, den Hochmut und den Fall.
Es gehört reformiert, nichts gestrichen.
