Als Kind wohnte ich im Haus meines Opas in der Altstadt. Schräg gegenüber von uns gab es einen Krämerladen, der von einem blinden Klavierstimmer mit seiner Frau geführt wurde. Nach dem Tod der Eltern betrieb der Sohn, der ebenfalls blind war, den Laden ganz alleine. Man konnnte bei ihnen alles kaufen, was man so zum täglichen Leben brauchte. Zigaretten, Nudeln, Reis, Negerküsse, Schokolade, Klopapier, Lottoscheine, Soßenpulver und so weiter. Wenn mein Opa einen Bleistift wollte, um seinen Lottoschein auszufüllen, sagte er zu mir: “Töv man too min Deern un hol mi vom Blinden mol ne Blifedder.”
Der blinde Sohn des Kaufmanns hatte mich übrigens nach über 25 Jahren an meiner Stimme erkannt, als ich mal wieder meine Heimatstadt und -straße besucht hatte.
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