Summ ... summ ... summ ...

Kurzprosa zum Thema Beobachtungen

von  niemand



Ich denke, dass man Leuten wie mir, die gerne schreiben, durchaus Fantasie und eine gewisse Portion Spinnerei andichten kann. Somit klingt das, was ich nun von mir gebe, durchaus unglaubwürdig und nicht grade real. Seit diesem Sommer hat sich bei uns eine Fliege eingenistet und betrachtet ein mit Klassikern gefülltes Bücherregal als ihr Zuhause. Sie sitzt hinter den dort aufgestellten Bänden, fliegt ab und zu mal durch das sommerlich ganztägig geöffnete Fenster zum Balkon hinaus, treibt sich einige Zeit irgendwo draußen herum und kehrt danach wieder ins Zimmer und zwar ganz genau dorthin, von wo sie nach außen gestartet ist. Dort surrt und summt sie lange Zeit. Das klingt als ob sie mit jemandem ein Gespräch in einer uns Menschen unbekannter Sprache führt. Kunst, Philosophie, Religion? Mit wem diskutiert dieses Tier denn dermaßen begeistert frage ich mich immer wieder. Mag sie Goethe, schimpft und widerspricht sie vielleicht dem Schiller, kann sie Heine nicht ausstehen, oder findet sie vielleicht die Gedichte von Hesse seien nichts als bodenloser Kitsch? Im Regal steht auch ein Schopenhauer. Diesen müsste sie allerdings, wenn schon nicht lieben, dann vielleicht verstehen, hat er doch oft und intensiv die Partei aller Tiere ergriffen. Vielleicht aber liegen ihr die alten Griechen, oder die Römer mehr am Herzen? Oder sie mag den Platon auch so gerne wie ich, dann sollte sie schleunigst mal mit mir darüber reden. Doch wie bringe ich ihr das nur bei. Was uns trennt ist nicht nur die Gestalt, die Größe und die Art. Uns trennt vor allem die Sprache. Wie spricht man fliegesisch? Gendert Madame vielleicht gern und besonders intensiv? Ist sie irgendwie feministisch geprägt? Dann sollte ich bald etwas von Alice Schwarzer ins Regal stellen. Oh, pardon ich vergaß, dass es vielleicht gar keine Madame sein könnte, sondern ein Monsieur. Ein Flieg Erich? Damit wäre ich dann doch ein wenig überfordert,also bleibe ich besser bei der Weiblichkeit. Doch was tun? Sehen wie sie hinausfliegt, bemerken, wann sie zurück kommt, hören dass sie mit irgendwem kommuniziert und vor Neugier vergehen? Erika, bitte oute dich und summe und surre nicht nur! Was sagst Du? Wir sind nicht auf einem Level? Summa summarum heißt es, ich sollte mich mit dir und deiner Sonderbarkeit abfinden? Vielfalt und Toleranz? In Ordnung, aber bitte hinterlass wenigsten ein Wort des Abschieds, wenn du, eines Tages … Man kann sich nämlich an so etwas wie dich gewöhnen.



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Kommentare zu diesem Text


 Saudade (19.07.25, 10:11)
Soll ich dir eine signierte und gewidmete Schwarzer senden? Vergiss es, Irene, die Bücher gehören bereits den Bücherskorpionen, die fressen dir die Bücherläuse weg. 
Herrlich, Erich Flieg. :D
Sagst du auch zur Fliege: "Nicht nichts ohne dich aber nicht mehr viel"?
Hab Hausspinnen... eine gerade aus dem Kühlschrank gejagt, sagte: "Was machst denn du da, du Depp!" Sie folgte und verließ den kalten Ort.

Kommentar geändert am 19.07.2025 um 10:12 Uhr

 niemand meinte dazu am 19.07.25 um 10:51:
Ich denke Dein "Depp" ist garnicht so deppert, denn bei dieser Temperatur erscheint mir der  Kühlschrank doch ein ziemlich gut gewählter Ort zum Überleben zu sein . Nee, aber diese Fliege ist tatsächlich dermaßen anhänglich, dass einem Angst und Bange werden könnte bei dem Begriff "Wohnungsbesetzung"  :D  
Wenn mir das jemand erzählte, hätte ich auch gedacht "der spinnt",
aber so. Da sieht man mal wieder dass ein Tier auch nur ein Mensch sein kann  ;)  Wenn es allerdings eine Spinne wäre, dann hätte ich Probleme. Ich habe eine Phobie und schreie gleich los, wenn ich eine sehe. Mein Mann nimmt sie dann auf die schiere Hand und  bringt sie behautsam raus. Mich schüttelt es  :O

 Saudade antwortete darauf am 19.07.25 um 10:54:
Du, seit ich alleine bin, bin ich leidenschaftslos, was Insekten und Spinnenartige angeht. Man wächst an dem Unheil. Spinnerin am Morgen bringt Kummer und Sorgen.

 Lluviagata (19.07.25, 10:31)
Liebe Irene,

ich traf uns' Alice dereinst in Köln, so sympathisch, laut und selbstbewusst, wie sie mir schon immer vorkam. Die "Emma" war jahrelang meine Lieblingslektüre, bis ich mir sie mir nicht mehr leisten konnte. 

Also, bleiben wir doch bei der normalen Weiblichkeit!  

Toller Text zum Wochenende! 

Liebe Grüße
Llu ♥

 niemand schrieb daraufhin am 19.07.25 um 10:56:
Ich kann mich noch daran erinner, als die erste Emma herauskam.
Da brachte mir mein Mann diese Zeitschrift [sehr ungewöhnlich, allgemein betrachtet] und sagte ganz lakonisch: "Könnte Dich interessieren". Seit damals habe ich jede Ausgabe gekauft und gelesen. Jetzt nicht mehr. Hat sich irgendwie relativiert, aber die Alice Schwarzer mag ich immer noch sehr. Eine intelligente Frau, der man Achtung zollen muss. Ja, auch ich bleibe bei der "normalen Weiblichkeit" liebe Llu . Mit liebem Dank und lieben Grüßen zurück,
Irene  ;)

 Moppel äußerte darauf am 19.07.25 um 19:30:
ich sah mal eine Doku über sie. sehr intersssant. Kraftvolles Leben. lG von M.

 niemand ergänzte dazu am 19.07.25 um 23:10:
Die Doku habe ich auch gesehen . Die Schwarzer war schon nötig mit ihren Ideen und Theorien  ;)
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