Die Kürze des Ausdrucks

Kurzprosa zum Thema Sprache/ Sprachen

von  loslosch

In der Kürze liegt die Würze. Nur wer etwas präzise verstanden hat, vermag es kurz, knapp und verständlich weiterzugeben. Horaz (65 - 8 v. Chr.), der wortmächtige Römer, hält dagegen:

Brevis esse laboro, obscurus fio.

Zu Deutsch: Ich arbeite darauf hin, kurz und knapp zu sein, und werde dadurch undeutlich.

Latein hat relativ wenige Wörter mit relativ vielen, unterschiedlichen Bedeutungen (Homonyme). Zugespitzt: eine wortarme Sprache. Das macht sie - jenseits der Grammatik - so schwer erlernbar. Wörter mit mehr als 15 Bedeutungen sind keine Seltenheit (habere [ = haben, besitzen] kennt bis zu 30 Varianten; im Deutschen sind 10 Homonyme schon rekordverdächtig; siehe "Zug": vom Schweizer Kanton und Ferienort über die Eisenbahn, das [Mienen]-Spiel, usw. usw., bis zur Erkältung durch denselben).

Wer knapp formuliert, läuft Gefahr, undeutlich zu sein, hauptsächlich im Lateinischen. Horaz konnte nicht ahnen, was heute in der Medienvielfalt abgeht. Dutzende Fernsehkanäle in ein und derselben Sprache, da entsteht - mit geradezu naturgesetzlicher Macht und Gewalt - Wortmüll, Sprachmüll, Datenmüll mit Folgen.

Versprecher und Wortfehler von Moderatoren, Ansagern usw. werden kaum mehr korrigiert. Motto: Das merkt keine Sau. Gleich wird die nächste durchs Dorf getrieben.

Die bemerkt - jeder.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (15.09.09)
Die Anzahl der Wörter in der deutschen Sprache wächst ständig und zugleich gibt es die weit verbreitete Tendenz, dass immer weniger verwendet werden. Auf Einschaltquoten ausgerichtete Fernsehprogramme sind ein Spiegel dessen, was sich im täglichen Leben ausdrückt. Wenn ich zum Beispiel manchmal junge Mädchen so reden höre, scheint es eine Rückkehr zu weniger Worten zu geben, die allerdings weder in der Kürze des Ausdrucks noch in deren Präzision münden. Da könnte man lange drüber schwafeln...

LG, Dirk

 loslosch meinte dazu am 15.09.09:
Dir fehlt es an Ausgewogenheit, Dirk!
... junge Mädchen [und Buben] ... :)

Natürlich kann man auch mit wenigen Worten Unsinn sagen. Adenauer war aus anderem Holz: Sein täglicher Wortschatz lag unter 1000 Wörtern, für einen Ademiker - zumal einen Juristen - ungewöhnlich niedrig. Aber er konnte mit dem wenigen tricksen. Beispiel: "Ich ... meine Damen und Herren ... bin der Auffassung ..." Er hätte auch formulieren können: Ich meine xyz ...! Der Alte wusste, wie man beim Reden Zeit kauft. Aber das ist ein anderes Thema.
Lothar
(Antwort korrigiert am 15.09.2009)
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