Reiz der Satire

Glosse zum Thema Ironie

von  loslosch

Celeritatem linguae manus sequitur (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Der Schnelligkeit der Zunge folgt die Hand.

Ein schlüssiger Gedanke. Schnell gibt ein Wort das andere. Wenn dem - vermeintlich oder tatsächlich - Stärkeren die Worte ausgehen, fährt er (oder ihm) die Hand aus. Seneca jedoch schrieb über eine relative Neuheit der Schreiberzunft. Der Privatsekretär des Cicero, ein gewisser Marcus Tullius Tiro (~103 v. Chr. bis 4 v. Chr.), hatte 100 Jahre vorher eine Art Kurzschrift entwickelt, um die Reden seines Herrn im Senat mitzuschreiben. So kann man sich irren.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (22.05.11)
Die Hand rutscht nicht aus, sondern gleitet übers Papier. Sehr schön!
LG, Dirk

 loslosch meinte dazu am 22.05.11:
Diese Pointierung war mir (unbewusst) gegenwärtig, nicht aber in dieser sprachlichen Eleganz, Dirk. Lothar
Wellblecheisenbahn (39) antwortete darauf am 23.05.11:
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 loslosch schrieb daraufhin am 23.05.11:
Kan niet verstaan.
magenta (65)
(22.05.11)
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 loslosch äußerte darauf am 22.05.11:
Beim Steno merkt man den techn. Fortschritt nun doch. Außer im Bundestag gibts meines Wissens, abgesehen vom Ausbildungsbereich, keine Stenografen mehr. Die Tonbänder mit ihrem leichten Handling sind nicht zu überbieten. Auf der Verhaltensebene hat sich in der Tat wohl nicht so viel geändert. Lothar
KoKa (42)
(22.05.11)
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 loslosch ergänzte dazu am 22.05.11:
Ich habs noch gelernt, bei unserem geschäftstüchtigen Griechischlehrer Karl Mohr in Montabaur!! Der verband humanistisches Bildungsideal mit damals modernen Büromethoden. Ein Unikat. Lothar

 EkkehartMittelberg (22.05.11)
Dein Text kann als schlüssisges Argument gegen die Beschränkung auf die sog. werkimmanente Interpretation verwendet werden. Wenn man den hisitorischen Hintergrund nicht hätte, würde man kaum auf eine andere Interpretation kommen können als auf deine erste.
Ekki

 loslosch meinte dazu am 22.05.11:
Ich fluche oft leise, wenn ich lat. Sentenzen lese, die ich auf Anhieb nicht (!) übersetzen kann, obwohl ich sie bereits kannte, dann - mit Übersezungshilfe - wiedererkenne. Dann noch die oft wilde Wortstellung. Ich könnte, wenn ich dürfte, jeden Lateinlehrer mit einer Musterarbeit aufs Kreuz legen, Ekki. Lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.05.11:
Das glaube ich dir aufs Wort.
Ekki

 Lala (22.05.11)
Spannend. Weil die Interpretation, die Du als gängige, sinnfällige genannt hast, und das bezweifle ich keinen Augenblick, für mich vollkommen verquarkt ist. Wo steht denn da was von einem Stärkeren? Nirgends. Könnte ja auch der Schwächere sein, dem die Hand ausrutscht bzw. der sein ,der weil ihm die Worte fehlen zum Schwert greift?
Auch merkwürdig - bei der gängigen Interpretation - dass einer flinken Zunge auch noch die Hand ausrutscht, wenn sie sich nicht mehr wortreich zu erwehren weiß? Warum das denn? Das passt so gut zusammen wie Cicero in der Rolle des John Rambo - dem Letzteren sind bekanntlich auch die Argumente ausgegangen (s. Rambo I).
Nein, die gängige Interpretation finde ich spannend, weil sie in etwa so kreuzdumm ist wie: Wer schreit hat unrecht, bzw. wer emotional spricht, hat die schlechteren Argumente oder - im übertragenen Sinne - U-Kultur ist nicht E-Kultur.
Die gängige Interpretation ist absolut textfern bzw. nimmt an, was nicht drin steht aber man gerne erkennen möchte und - was das Beste ist - zeugt von der Angst vor der freien Rede, zeugt vor der Angst, sich mit nichts als Worten zu duellieren. Die gängige Interpretation würde ich für eine sehr deutsche halten.

Als ich den Satz gelesen habe, habe ich nichts verstanden. Warum folgt die Hand der flinken Zunge? Ans Schreiben dachte ich, aber brachte keinen sinnvollen Zusammenhang hin. Nur dank Deiner Hinweise hat der Spruch Sinn. Allerdings ist er nun noch flauer im Abgang mit einem bitteren Nachgeschmack ob seiner Deutungen.

 loslosch meinte dazu am 22.05.11:
Du hast sehr viel geschrieben, Lala, und dabei einiges verzapft. Der Reihe nach: Es ist keine gängige Interpretation, sondern meine - fehlerhafte. Und sie ist gespielt-simuliert fehlerhaft dazu, weil Satire, Ironie. Du bist ihr erlegen. Ich schrieb auch nicht von einem Stärkeren, sondern vermeintlich Stärkeren. Die Hand könnte auch ausrutschen, weil die Zunge des Anderen zu schnell war. :)

 Lala meinte dazu am 22.05.11:
So? Nun denn, dann habe ich mich wohl geirrt und tatsächlich, ich kann nicht mehr finden, was ich gelesen haben wollte. Tja, peinlich aber wahr: Aber ich bin wohl auf die Schnauze gefallen. Tut weh, aber kommt vor.

 loslosch meinte dazu am 22.05.11:
So viel Offenheit. Very beeindruckt. Manchmal hilft auch, den Freddy vorher zu lesen. Lo
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