Berufshalluzinationen

Parodie zum Thema Traum/ Träume

von  loslosch

Iudicibus lites, aurigae somnia currus (Claudianus, ~370 bis ~405; De sexto consulatu Honorii Augusti). Den Richtern die Streitigkeiten, dem Wagenlenker die Triumphwagen als Traumbilder. Oder: Richter träumen von Prozessen, Rennfahrer von Wagen.

Der spätantike weströmische Kaiser Flavius Honorius Augustus (Augustus als schmückender Kaisertitel), Regierungszeit von 395 bis 423, soll ein herausragend unfähiger Regent gewesen sein, der sich im noch sicheren Norden Italiens (Ravenna, die Trutzburg) mit der Hühnerzucht befasste, während das weströmische Reich kollabierte und das stolze Rom von Barbaren eingenommen wurde. Vermutlich träumte Kaiser Flavius nächtens von seinem Federvieh mit dem Lieblingshahn Roma - ja, der Hahn als Rom-Ersatz.

In modern times hat sich manches gewandelt. Der Wirtschaftswunder-Kanzler Ludwig Erhard (Regierungszeit 1963 bis 1966) bemühte sich als Pensionist, seine karge Exkanzler-Rente aufzubessern. Zuerst per Beratervertrag mit der New Yorker Firma Bauer International (1969). Schwerpunkte: Fleisch, Geflügel, Fett. Nachts träumte er vom lieben Federvieh. Sodann folgte der Beratervertrag mit der Argenta International Anlagengesellschaft mbH. O-Ton Erhard: "Von Wertpapiergeschäften verstehe ich nichts." (Er träumte offenbar weiter vom Federvieh.) 36 Jahre später nun träumt Altkanzler Gerhard Schröder von Röhren und Pipelines. Endlich sind Traum und Wirklichkeit zur Deckung gebracht.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

magenta (65)
(25.06.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 25.06.11:
Schröder ist geschäftstüchtig, der Dicke wollte es sein. Der Gegensatz ist gut rübergekommen? Lothar sagt danke
jbd (47)
(25.06.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bergmann (25.06.11)
Ich erinnere an Dürrenmatts Komödie "Romulus der Große", die mit den gackernden Hühnern des letzten weströmischen Kaisers beginnt...
LG, Uli

 loslosch antwortete darauf am 25.06.11:
Der letzte weströmische Kaiser kam erst 50 Jahre danach. Aber interessant: Diese morbiden, dekadenten Kerlchen hatten es öfter mit der Hühnerzucht zu tun. Auch nächtens im Traum. Italienisches Rebhuhn, braun.

 Bergmann schrieb daraufhin am 25.06.11:
Solche Hühnchen nennt der Volksmund heute berlusconini... (Rotazismus: reb > ber; lus + con = Lust mit; -ini: Deminuativ-Endung)...
:-)

 loslosch äußerte darauf am 25.06.11:
Naja, mit palindromischen Partikeln schafft mans. Er nimmt aber nicht nur junge Italiener-Hühner, auch kaffeebraune ... :) Unser sel. Latein- und Griechischlehrer Mohr leitete mal Fuchs aus Alopex (gr. für Fuchs) ab: Alopex - Schwundstufig - pex - pox - p/f-Lautverschiebung -fox (lat. Variante von vulpes!!) - fuchs. Wir glaubten ihm, bis er uns auslachte. Dabei konnte der gar kein Englisch. :)
Nimbus (35)
(25.06.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch ergänzte dazu am 25.06.11:
Heike macht sich über meine Texte her, dass ich mit dem Korrigieren kaum noch nachkomme. Bitte um Nachsicht, übersah, dass die Römer auch Elfjährige zum Kaiser machten (krönten? das hieße Genickbruch).

Ich wusste längst, dass man beim Fehlerfinden selbst lernt. Vielen Dank für deinen Hinweis. Lothar
Nimbus (35) meinte dazu am 25.06.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg (25.06.11)
Heutige Christen lassen sich durch ihren Glauben nicht daran hindern, der Astrologie zu frönen. Spätrömische Kaiser, egal , ob heidnisch denkend oder dogmatisch christlich, betrieben die altrömische Tradition der Eingeweideschau für Zukuntsprognosen weiter, die bevorzugt an Hühnern vorgenommen wurde. Da erwies es sich als praktisch, dass Honorius immer Federvieh zur Hand hatte, denn bei den vielen Niederlagen der Römer in dieser Zeit waren tröstliche Vorzeichen wichtiger denn je, und man kann sich vorstellen, wie beschäftigt die Priester (die haruspices) waren. (meine Mutmaßung, fragt mich bitte nicht nach Quellen)
Es gibt wohl keine Zeugnisse darüber , ob einige von Honorius Hühnern in westgotischer Pfanne landeten-))).
Ekki

 loslosch meinte dazu am 25.06.11:
Ekki, der Historiker i. S. römisches Brauchtum. Du dürftest richtig liegen. Das hier, wenn auch zeitlich viel früher, hab ich ausgegraben:

Ut biberent, quoniam esse [= edere] nollent (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; De natura deorum; zitiert bei Sueton, Geschichts- und Kaiser-Geschichtenschreiber des 1./2. Jh. n. Chr.). Damit sie wenigstens trinken, wenn sie schon nicht fressen wollen. Mit diesen Worten soll Admiral Publius Claudius Pulcher die als Deuterinnen angestellten heiligen Hühner über Bord geworfen haben, weil sie die Nahrungsaufnahme verweigert hatten - ein böses Omen für den Ausgang der sich abzeichnenden Schlacht ...

Der absolute Wahnsinn. Ja, so warns, ja, so warns ... Lothar - gratias agens
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram