Trauerarbeit

Glosse zum Thema Erinnerung

von  loslosch

Post calamitatem memoria alia est calamitas (Publilius Syrus, 1. Jh. v. Chr., Sententiae). Des Leides zweites Leid ist das Gedenken. Oder: Ein weiteres Unglück nach dem Unglück ist die Erinnerung daran.

Wieder gilt: An der Psyche des Menschen hat sich in den letzten zweitausend Jahren nichts Entscheidendes geändert. Anders verhält es sich mit dem wissenschaftlichen Blick auf die psychischen Verarbeitungsprozesse. Posttraumatische Störungen sind nicht nur ein Krankheitsbild der Moderne, wenn sie früher auch seltener aufgetreten sein mögen. Heute greifen fast weltweit kleine Kohorten von Spezialisten ein, die den Erlebnis- und Leidensdruck mit ihren unglücklichen Patienten ab- und aufarbeiten.

Der Satz des Publilius Syrus stimmt also nach wie vor, wenn bedacht wird, dass damals den Opfern keine professionelle Hilfe zuteil wurde, sie mit ihren Erinnerungen sich selbst überlassen blieben. Richtig dürfte aber ebenso sein: Längst nicht alle Traumatisierten bedürfen fachkundiger Hilfe. Die Zeit heilt bekanntlich Wunden.

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Kommentare zu diesem Text

RobertaRupp (48)
(23.11.11)
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 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
du widersprichst mir nicht, roberta. ich sagte: längst nicht alle ... bezogen auf die seelischen verwundungen. lo
Karmesin (20)
(23.11.11)
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 loslosch antwortete darauf am 23.11.11:
als laie weiß ich, dass die "trauma-experten" nicht nur das einzelgespräch mit den betroffenen suchen. das ist das resultat nicht nur aus deiner erfahrung, cathy lothar
Karmesin (20) schrieb daraufhin am 23.11.11:
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 Bergmann (23.11.11)
... hier fehlen konkrete Beispiele, lieber t. m.
t. t. Ulius

 loslosch äußerte darauf am 23.11.11:
denkste, uli! t.t. lothar
supernova (51)
(23.11.11)
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 loslosch ergänzte dazu am 23.11.11:
lehrer lämpel aus dem vierten streich gefiel mir gut, liebe bea lothar
KoKa (43)
(23.11.11)
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 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
... die zeit heilt wunden ... nicht alle! aber die übelsten verblassen eben auch. und es ist individuell höchst unterschiedlich. ich halte mich für einen harten knochen und bringe (hoffentlich) die einsicht mit, dass es bei anderen nicht so ist, so sein kann. danke, john lothar

 Kontrastspiegelung (23.11.11)
Die Trauerarbeit liegt in den eigenen Händen, jedoch nur, wenn man die Einsicht und die benötigte Kraft hat um aus dem Traumakreislauf entrinnenen zu können.

Lg, Kathi

 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
was du vermutlich sagen willst, liebe kathi, ist: dass es kein entrinnen gibt und man sich - alternativlos - der situation stellen muss. analog: wenn ich ständig über mein ableben sinniere, sterbe ich vor dem eigenen tod. lothar

 Kontrastspiegelung meinte dazu am 23.11.11:
Daran habe ich auch ehrlich gesagt gedacht aber auch an die Frage: Muss man das wirklich? Kann man nicht in seiner eigenen Welt verweilen und einfach sein Leben leben, obwohl es trostlos ist und man von traumatischen Sekundenschlaf heim gesucht wird. Schliesslich ist es ein eigenes Gedankengut/-leben...nicht die von der Gesellschaft vorgeschriebenes Vorschriften, wie man zu leben hat. Kathi
magenta (65)
(23.11.11)
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 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
fast eine parodie zum schluss. ich setz einen drauf: ein unglück kommt selten allein. lothar

 irakulani (23.11.11)
So wie uns Freude und Glück, einmal erlebt, kaum genommen werden kann, so ist es auch mit Schmerz und Trauer. Es gehört zu unserem Leben dazu, auch mit dem Verlust, mit Trauer, mit Verletzungen umgehen zu lernen. Diese Gefühle nicht abzuspalten, sondern zu akzeptieren, den Schmerz zuzulassen und nicht zu verdrängen, ist wichtig.
Es muss nicht immer ein Trauma-Therapeut her (obgleich dieser natürlich in besonders extremen Fällen durchaus seine Berechtigung hat!). Eine Umgebung, dir uns in unserer Trauer, unserem Schmerz akzeptiert und im günstigsten Fall, hält hilft ungemein. Den Schmerz (mit-) zu teilen, ist aber (hier) kaum gesellschaftlich erwünscht. Leider!

Herzliche Grüße,
Ira

 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
... Diese Gefühle nicht abzuspalten, sondern zu akzeptieren, den Schmerz zuzulassen und nicht zu verdrängen, ist wichtig ...

wichtiger gedanke.

die erinnerung an positives kann einem ebenfalls nicht genommen werden. stimmt, diese vorstellung ist aber beim trauererlebnis nicht wünschenswert. das willst du damit ja auch nicht sagen. lothar

 Fuchsiberlin (23.11.11)
Die Zeit heilt bekanntlich Wunden."

Wieso "bekanntlich"? Wenn es so einfach wäre, dann würde es allein in Deutschland keine knapp zehntausend Suizide und ca.hunderttausend Suizidversuche geben. Deine Aussage ist zu pauschalisierend.

 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
die fälle robert enke, babak rafati etc. behandelt die glosse nicht. nach übereinstimmender meinung der kommentierenden, die je unterschiedliche betrachtungen anstellen, ist die glosse nicht zynisch.

abstrakt mag sie sein ... lothar

 EkkehartMittelberg (23.11.11)
Ich möchte nicht ganz ausschließen, dass die Zeit Wunden heilt, ohne dass der Trauernde viel dazu tut. Aber ein großer Verlust muss von dem Trauernden in sein neues Leben eingeordnet, er muss verarbeitet werden. Wer darauf verzichtet, läuft Gefahr, dass durch unvorhergesehene kleine alltägliche Ereignisse der Verlust aktualisiert wird und gleichsam durch die Hintertür in die trauernde Seele zurückkehrt. Ohne Trauerarbeit schwärt die Wunde des Schmerzes unbehandelt weiter.
Ekki

 loslosch meinte dazu am 23.11.11:
ein großer verlust kann auch die erkenntnis des scheiterns in einer partnerschaft (beziehung) sein. auch darauf lassen sich deine gedanken übertragen, ekki. t.t. lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.11.11:
O ja, Lothar, viele trauern über diesen großen Verlust. Jeder, der ihn perönlich nicht erlitten hat, möge ganz leise sein. Bewertende Urteile sind in der Regel nicht angebracht; denn jede Beziehung ist einmalig und der Außenstehende lebt in geschützter Distanz solange, bis er selbst vor dem Problem steht.
Ekki
(Antwort korrigiert am 23.11.2011)
Graeculus (69)
(04.06.15)
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 loslosch meinte dazu am 04.06.15:
ja. nach langer zeit den strang wie neu gelesen. (kennst du noch john?)
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