Todesfolgen

Glosse zum Thema Zeit

von  loslosch

Post mortem in morte nihil est, quod metuam mali (Plautus, ~254 v. Chr. bis ~184 v. Chr.; Captivi). Nächst dem Tod (selbst) ist im Tod kein Übel, das ich fürchten müsste. Oder: Nach dem Tod ist im Tod kein Übel (mehr), das ich fürchten müsste.

Ist der Mensch tot, hat er keine Empfindungen und Wahrnehmungen mehr. Somit fehlt jede Grundlage für daran anknüpfende Befürchtungen. Kleines Gedankenexperiment gefällig? Was geschah eigentlich zu der Zeit, als du noch im großen Teich geschwommen bist? Deine "Erinnerungen" basieren auf Buchwissen, Aufzeichnungen und Berichten älterer Zeitzeugen. Wie gehst du mit dem Gedanken um, dass es eine unendlich lange Zeit vor deiner Zeit gab - so ganz ohne dich?

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (14.01.14)
Tod: So sehr man sich auch mit ihm beschäftigt, niemand kann wissen, ob oder was danach kommt. Das bedeutet aber auch, dass es ein Stück weit absurd ist, sich mit dem eigenen Tod zu beschäftigen, denn mehr als das er kommt, werden wir nie erfahren. Ganz anders sieht es da mit der Trauer aus, aber dabei geht es ja auch um den Tod der anderen und dessen Auswirkungen.

Das Leben vor mir: Genauer, das Leben der anderen vor mir. Nun, verzeih einem, der Geschichte studiert hat, aber die meisten Zeitgenossen und Zeitgenossinnen wissen so wenig über die Zeit vor ihrem Sprung ins Leben, dass sie sich gar keine Gedanken darüber zu machen brauchen oder machen müssen. Denn von nix kommt nix...

 loslosch meinte dazu am 14.01.14:
wir zart besaiteten (oder überheblichen?) menschenkinder erwarten ein unendliches leben, whatever that means. der mensch als strahl, geometrisch gesprochen.

 LotharAtzert (14.01.14)
Es nutzt nicht wirklich viel, über den Tod klug, dh. bloß rational zu reden - "spekulieren" nennen wir das wohl.
Daß es auch anders geht, zeigen Texte, wie das tibetanische Totenbuch. Die darin beschriebenen Praktiken sind nicht "tot", sondern werden von Lehrer zu Schüler ohne Unterbrechung bis heute weiter gegeben - längst auch im Westen!
LG
Lothar

 loslosch antwortete darauf am 14.01.14:
soviel ich weiß, sind die verschiedenen buddhistischen prägungen eine art von zt meditativ gelebter einstellung ohne jenseitslehre. korrigiere mich, falls nötig. und zur lehre der palingenese im buddhismus paar worte vllt. von lo zu lo

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 14.01.14:
Leben und Tod werden wie Tag und Nacht betrachtet/behandelt. Der Begriff "Jenseits" ist da etwas zu dramatisch, zu sehr an ein Ich gebunden. Zwischen Tag und Nacht ist die Dämmerung und zwischen Nacht und Tag die Morgenröte. Diese vier Zustände behandelt das Totenbuch.
(von lo zu lo - gerne in Kürze)

 EkkehartMittelberg (14.01.14)
Ich kommentiere parteiisch, weil ich Plautus und deinem Kommentar zustimme, aber auch die, die an ein Leben nach dem Tode glauben, werden vielleicht anerkennen, dass es sehr schön ist, sich vor dem Tode nicht fürchten zu müssen.
t.t.
Ekki

 loslosch äußerte darauf am 14.01.14:
(ver-)führt zum gedanken, wieviele kath. priester keine angst vor dem tod haben. (nahe 100%? lippenbekenntnisse sind wohlfeil.)

 tigujo (14.01.14)
Nüchtern sein. Doch dabei nüchtern bleiben?

Ein nüchterner Kommentar zu Plautus seinem Text ist fein.
Loslosch ist bekanntlich nüchtern im Kommentieren von Texten.
Besonders jener, die sich oft genug - ohne Grund - als (allzu) mystisch und bedeutungsschwanger selbst aufblasen, besonders, wenn prominent und obendrein althergebracht dahersprechend, dann klärt loslosch gerne auf. Gut so.

Hier jedoch scheint es mir zu einfach zuzugehen im Exegieren: "Ist der Mensch tot, hat er keine Empfindungen und Wahrnehmungen mehr", lese ich und frage mich, ob diese starke Vermutung - neben loslosch und mir - nicht auch schon Plautus bereits zur Genüge innehatte.

Wenn nämlich ja, frage ich mich, wozu er den Text schrieb, was sich hinter seinem Text an Verborgenem beinhaltet, welcher Hinweis allzu platte Gegenlogik seit jeher übersteht.

Hab noch wenig Antwort, doch - meine schwache Vermutung - dahinter birgt sich womöglich etwas von der Art spukhafter Klarwirkung, die dem schlichten Hausverstand zwar widersprechen mag, doch trotzdem stimmig ist.

Soweit meine drei Cent zum Gulden.
t.t. tigujo
(Kommentar korrigiert am 14.01.2014)

 loslosch ergänzte dazu am 14.01.14:
ein konvolut zu früher stunde.

plautus hat den gedanken wohl aus der stoa, 3. jh. v. chr. seine komödie captivi, ein verwirrspiel über verlorene söhne und sklaventausch mit happy-end, ist hier ohne belang. mir kam es darauf an, auf den todesfolgen aufzubauen, die asymmetrie im denken aufzuspießen. jeder mensch hat mal klein, aus dem nichts, angefangen und wird von den religionen auf ein ewiges leben "konditioniert". nebenbei: heilsversprechen ohne obligo! (mein scherflein dazu.) t.t. lo

 Dieter Wal (14.01.14)
Gedanklich seichte Epikurübernahme durch Plautus. Epikur formulierte es wesentlich prägnanter.

Trauerbegleitung über Jahre ergab, dass Aufarbeitung im Träumen von Sterbefällen die Regel zu sein scheint. Inwieweit und ob überhaupt das ein Indiz für ein Leben nach dem Tod liefert, bleibt jedem selbst überlassen.

Ich persönlich halte Gedanken wie deine, dass sich nämlich alles (in Wohlgefallen ?) auflöst und im Großen Ganzen endet, für tröstlich. Ob nun als bereichernde Erinnerungen in der Anima Mundi oder apersonale Moleküle, macht für mich geringen Unterschied.
(Kommentar korrigiert am 14.01.2014)

 loslosch meinte dazu am 14.01.14:
wenn für den expartner die ex "gestorben" ist, verläuft die "trauerarbeit" im traum anders: o gott, sie ist wieder da! - dann wacht er schweißgebadet auf: wie fein, sie ist weg!

 kilroy (14.01.14)
Das ist mein Endlosschleifen-Gedanke. Seit Jahren.

lg

k.

 loslosch meinte dazu am 14.01.14:
verkäuferin neulich im zufällig leeren obstladen: sie glaube nicht, dass sie ewig lebe. "ich hab doch mal angefangen. und wo war ich vorher?" lo
Graeculus (69)
(14.01.14)
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 loslosch meinte dazu am 14.01.14:
ich hatte es in eine frage gekleidet: wie gehst du mit dem gedanken um ...? das erzeugt mehr wirkung als eine philosophische erörterung! für viele im glauben verwurzelte eine neue frage.

 Regina (15.01.14)
Aus der Tatsache, dass du dich nicht an deine Zeugung, deine Geburt und meistens auch nicht an die ersten Jahre erinnerst, geht nicht hervor, dass diese Ereignisse nicht stattgefunden haben. Von manchen Nahtoderfahrenen wurde das Steben wie ein "Aufwachen" geschildert. Die Frage ist: Gibt es Bewusstsein jenseits der Sinneswahrnehmung?

 loslosch meinte dazu am 15.01.14:
... Gibt es Bewusstsein jenseits der Sinneswahrnehmung?

tja, es darf fleißig spekuliert werden. ob diese debatte fruchtbar ist?
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