Muttertag

Gedicht zum Thema Ironie

von  niemand

Es gibt da einen Tag im Jahr,
an welchem Frau [die unsichtbar
alltäglich sich im Haus verliert]
konturenscharf und sichtbar wird.

Was macht man nur mit solcher Sicht
auf die, die nie ins Auge sticht,
der jedoch der Kalender heut
Aufmerksamkeit verspricht und Freud?

Man kauft den größten Strauß der Welt -
der wird vors Antlitz ihr gestellt,
damit die Sippe er verschont
vom Anblick den sie nicht gewohnt.

Entlastet ist das Auge nun,
doch was soll mit dem Ohr man tun?
Was man nicht sehen kann, das spricht,
drauf ist der Hörgang nicht erpicht,

so stopft den Mund, der schweigen soll,
man mit Gebäck, sprich: Torte, voll.
Und Mutter schweigt und kaut und schweigt,
bis sich der Tag dem Ende neigt.

Am nächsten Tag, im Alltagsgrau,
entschwindet Mutter/Ehefrau.
Der Sippe fällt vom Herz ein Stein,
erlöst von Feiertages Pein.

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Kommentare zu diesem Text


 Peer (03.05.14)
Traurige Tatsache mit klopftstock'schem Erfindungsreichtum leicht lustig aufbereitet.;-)))
LG Peer

 Sanchina (03.05.14)
Da hast du sehr gelungen die tatsächliche Wertung des Muttertages getroffen!
Gruß, Barbara
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