Ich brauche einen Spiegel, auch wenn er aus Blei und nahezu blind ist. Vielleicht sind das sogar die besten. Dem Verrat möchte niemand direkt ins Gesicht sehen, blind gegen das Kind, das man war, die allererste, wahrste Liebe, die fliegenden Träume, um in dieser Welt zu sein, der Welt der Anderen, um Anerkennung zu finden, erkannt zu werden als Verräter unter Gleichen, Verratener unter lauter Wissenden. Ich sollte mir das Zungenbein brechen, das Fleisch mit der Wurzel aus dem Munde reißen. Das Übel an der Naht ablösen. Das Herz ertränken. Den Geist vernebeln und verdampfen. Ich fürchte, wenn es nicht schmerzt, ist es nichts wert vor dieser Welt.
Geh´ ich in die Welt
ohne Stock und ohne Geld...
Dann sehe ich in den blinden Spiegel – ich seh´ tief in dich hinein – und schaue die zerlaufene Fratze, das dumpfe Fleisch,
das von den Knochen fault,
30 Silberlinge wert.
Es lebt verkehrt.
Es brennt am Herd.
Als die Hand ich senkte zu den Scheiten,
sah ich am Himmel die Wolken reiten.
Mein Geist wollte fort
an einen anderen Ort,
doch ich blieb, wo ich war:
In der Hitze brennt mein Herz so wahr,
die Augen glühen im Feuer so klar
wie nie, wenn ich in den Spiegel seh´.
Am Ende tut auch das Leid nicht mehr weh.
Ich bin im Blei der Zeit
hinter Glas und im Spiegel gereiht.