Pechvogel oder Hochstapler?

Erzählung zum Thema Glaube

von  Bluebird

Wenn man John Glauben schenken wollte - und ich hatte eigentlich keinen Grund es nicht zu tun -, so hatte er gerade eine wirkliche Pechsträhne hinter sich. Dies im Einzelnen zu erklären würde jetzt zu weit führen. Aber angeblich mischte er groß im Bankengeschäft mit, saß aber wegen geklauter Papiere in Deutschland fest. Und nun konnte er wegen des geschwollenen Zehs nicht einmal seinen Aushilfsjob als Kellner versehen.
  So verbrachte er nun seine Tage in meiner Wohnung und diskutierte mit mir  in einem ziemlich gewöhnungsbedürftigen Slang - English über Gott und die Welt. Wobei er durchaus auch dem Whisky zugetan war und auch mal etwas lauter werden konnte.

Ich denke, dass klar geworden ist, dass es nicht immer einfach mit ihm war. Aber im Prinzip verstanden wir uns ganz gut. Nur wusste ich auch nicht, wie ich ihm aus seiner Misere heraushelfen konnte. Er schien aber nicht wirklich beunruhigt zu sein, sprach davon, dass er normalerweise mit "Millionenbeträgen" umgehe und dass das alles eigentlich ein schlechter Scherz sei. Über den er dann auch durchaus manchmal lachte!
    Ich erzählte ihm natürlich viel vom Glauben, was er allerdings zu extrem fand: "Ich glaube auch an Gott, aber ich vergesse dabei nicht das Leben. So wie ihr im Jesushaus! Ihr habt doch alle Scheuklappen auf! Ich habe Gott im Gebet um fünf Millionen Dollar gebeten. Davon werde ich dann zwei Millionen spenden!" "John", sagte ich, "Gott will nicht dein Geld, sondern dein Herz!"

Als der Zustand seines Zehs sich gebessert hatte, sagte John: "Ich brauche einen Job!"  Und er begann ein Düsseldorfer Anzeigenblättchen zu studieren.


Anmerkung von Bluebird:

Folge 66 meiner autobiografischen Erzählung (1985 - ...)

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