Ein neuer Schock

Erzählung zum Thema Glaube

von  Bluebird

Am nächsten Morgen wurde ich recht früh wach und stand sofort auf. Ich wollte nun Klarheit. War Jürgen inzwischen wirklich gestorben und bei

meinen „Verwandten“? Ich traf die üblichen Vorbereitungen, setzte mich mit an den Küchentisch und wartete.
   Nach wenigen Augenblicken setzte sich das kleine Tischchen in Bewegung und auf dem Bogen Papier war deutlich lesbar: Willi grüßt
dich und die anderen grüßen dich ebenfalls
    Ich kam nun ohne Umschweife zur Sache und fragte in den Raum hinein: „Ist Jürgen gestorben?“ Das Tischchen setzte sich erneut in Bewegung: Ja er ist  jetzt bei uns!
    Ich atmete tief durch und sagte dann: „Gut, kann ich dann jetzt mit ihm die versprochene Schachpartie spielen!?“

Es entstand eine kleine Pause. Dann kam die Antwort: Das ist im Moment nicht möglich Er hat einen schwerenTodeskampf gehabt und ist noch sehr erschöpft
  

Diese Mitteilung überraschte mich etwas. Ich war naiver Weise davon ausgegangen, dass mit dem Hinüberwechseln in die andere Welt gleich alles in Ordnung sein würde. Offensichtlich war dem aber nicht so!  Plötzlich setze sich das kleine Tischchen erneut in Bewegung und dann las ich eine zittrige Schrift auf dem Bogen Papier:  Hallo Heiner

    Das ist Jürgen! schoss es mir durch den Kopf. Und ich fühlte Freude in mir hochsteigen: „Hallo Jürgen“, sagte ich laut in den Raum hinein. „Schön, dass du bei meinen Verwandten bist!“
    Dann lachte ich: „Heute darfst du dich noch etwas schonen. Aber morgen bist du fällig. Dann spielen wir eine Partie Schach … und du wirst verlieren! Wie immer! Also, dann bis morgen!“


Ich stand auf, goss mir eine Tasse Tee ein und setzte mich wieder an den Küchentisch. Plötzlich kamen mir die Worte vom Vorabend wieder in den Sinn.

"Jesus ist der einzige Weg zu Gott!" hatte der junge Mann aus Konstanz behauptet und mir ja jene eine Bibelstelle im Neuen Testament gezeigt.
    Mal davon ausgehend, dass meine “Verwandten” über mein Gespräch vom Vorabend Bescheid wussten, fragte ich nun in den Raum hinein: “Stimmt das eigentlich, dass Jesus der einzige Weg zu Gott ist?”

    Einen Moment lang geschah nichts, aber dann setze sich das kleine Tischchen wieder in Bewegung: Ja Jesus ist ein Weg zu Gott! Aber es gibt noch viele andere!

  Ah, das ist es also. Es gibt also doch verschiedene Wege, die zu Gott führen!

Meine Neugier war nun gestillt. Ich wechselte das Thema und stellte "Onkel Willi" eine neue Frage.
  Zu meiner Überraschung aber ging er darauf nicht ein, sondern begann etwas über einen meiner Freunde zu schreiben. Ich las es und stutzte.
Das stimmt doch nicht! dachte ich irritiert, ohne es aber auszusprechen.
   Beunruhigt
erhob ich mich vom Küchentisch und begann in der Wohnung umherzugehen. Was ging hier ab? Wieso erzählte mir „Onkel Willi“ diese offensichtliche Unwahrheit? Wusste er es nicht besser oder wollte er mich absichtlich täuschen? Aber warum?
    Ich spürte eine seltsame Furcht  in mir hochsteigen. Langsam begab ich mich zurück in die Küche, schaute zur Decke und sagte dann jedes einzelne Wort betonend:
„Was ist hier eigentlich los?“

Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Aber auf keinen Fall das, was nun geschah. Das kleine Tischchen setzte sich augenblicklich in Bewegung und raste mit hoher, wutgetriebener Geschwindigkeit über das Papier.
  Die Heftigkeit dieser Bewegung erschreckte mich. Kurz darauf las ich mit ungläubigen Augen in gestochenen scharfer Schrift:
Wenn du dich jemals wieder an uns wenden wirst wird etwas ganz
  Schreckliches passieren


Ich stand wie angewurzelt vor dem Küchentisch und spürte, wie mich blankes Entsetzen erfasste. Dann begann ich wieder in der Wohnung auf und ab zu gehen. Ich versuchte meine Gedanken zu sortieren und meine Nerven in den Griff zu bekommen. Was war los? Wieso bedrohten mich meine „Verwandten“ plötzlich? Was hatte ich falsch gemacht?
  Aber so sehr ich mir auch das Hirn zermarterte, ich konnte einfach keine vernünftige Antwort finden. Es ergab einfach alles keinen rechten Sinn.

Aber ich bin in Gefahr! Es muss etwas geschehen! Ich zog mir eine Jacke über und verließ die Wohnung.





Anmerkung von Bluebird:

Folge 15 meiner autobiografischen Erzählung aus dem Jahre 1985

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