Charlotte
Sonett zum Thema Begegnung
von Isaban
Kommentare zu diesem Text
...dann kam sie mit. Sie ist mit mir gekommen!
So bleibt Charlotte lang in Erinnerung.
LG
Jorge
So bleibt Charlotte lang in Erinnerung.
LG
Jorge
Ja, auf die eine oder andere Weise auf jeden Fall.
Vielen Dank für deine Rückmeldung, Jorge.
Liebe Grüße
Sabine
Vielen Dank für deine Rückmeldung, Jorge.
Liebe Grüße
Sabine
Charlotte wird beschrieben wie eine Geisha, ein chinesisches „tanzendes Mädchen der Kunst“: Ihre Zartheit, die braunen Augen, die weiße „Haut so fein, wie China-Porzellan“ (V.1). Das ganze Sonett ist sehr fein und rein gereimt, wie das Mädchen. Einzig Vers 1 und Vers 3 zeigen einen kleinen Bruch (Vokallänge „Porzellan“ – „an“). Hier deutet sich bereits die leichte Zerbrechlichkeit dieses zarten Geschöpfes an. Auch der Titel ist gut gewählt: „Charlotte“. Das klingt edel. So heißen viele Prinzessinnen („Schloss Charlottenburg“ in Berlin). Es ist kein chinesischer Name, dennoch wird über das Ch am Namensanfang eine Beziehung zu einem chinesischen Mädchen hergestellt.
Jung scheint Charlotte zu sein: „Nicht Kind war sie, nicht Mädchen und nicht Frau, / sehr rein und doch nichts Halbes und nichts Ganzes“ (V.5/6). Dieses Dazwischensein scheint einen besonderen Reiz auf LyrIch auszuüben. Ein Mädchen auf dem Übergang zum Frausein. Eine junge Frau, eine Jungfrau, unberührt ("als ob ihr außer Schauen nicht viel bliebe“) mit einer hohen erotischen Ausstrahlung. In ihrem ernsten Blick scheint das Wissen um mehr zu liegen: „als wisse sie genau, / sie war nicht Schülerin, noch Meisterin des Tanzes“ (V.7/8). Noch nicht in die körperliche Liebe eingewiesen, scheint sie doch eine Ahnung davon zu haben.
LyrIch bittet sie am Abend um einen Tanz. Anfangs „verschüchtert und beklommen“ (V.10) lässt sie sich doch darauf ein. Das heißt, sie lässt sich auf LyrIch ein, lässt sich mit ihm ein: „dann kam sie mit. Sie ist mit mir gekommen!“ (V.11). LyrIch scheint fast ein wenig überrascht zu sein, dass sie dies tut. „Mich überkam es.“ (V.12): LyrIch wird überwältigt von seinen Gefühlen. Und das scheinen nicht nur Gefühle der Zuneigung und zarter erotischer Anziehung zu sein, sondern eine starke sexuelle Lust, der LyrIch nachgibt: „Vage und verschwommen / bebildert sich das, was ich damals tat“ (V.13).
Stilistisch interessant ist hier diese kleine Betonungsverlagerung vom „das“ auf das vorhergehende „sich“. Das unterstreicht dieses Verschwommene in der Erinnerung von LyrIch. An „das“, was damals passierte, will sich LyrIch auch besser nicht so genau erinnern, er verschiebt diese Bilder ("das") in seiner Erinnerung ins Vage.
"Ich hab ihr Herz in meine Hand genommen.“ (V.14) Er ist seinen „Triebe(n)“ gefolgt, die ja bereits im zweiten Vers der ersten Strophe ganz unschuldig anklingen. Er hat sich über sie her gemacht, hat sie sexuell genommen, ihre zarten Gefühle missbraucht. LyrIch weiß das und hat im Nachhinein ein schlechtes Gewissen. Wenn das Herz dieses Porzellan-Mädchens so zerbrechlich ist, wie ihre Haut, dann wird sie innerlich daran zerbrochen sein.
Gefällt mir ganz ausgezeichnet! LG Irma
Jung scheint Charlotte zu sein: „Nicht Kind war sie, nicht Mädchen und nicht Frau, / sehr rein und doch nichts Halbes und nichts Ganzes“ (V.5/6). Dieses Dazwischensein scheint einen besonderen Reiz auf LyrIch auszuüben. Ein Mädchen auf dem Übergang zum Frausein. Eine junge Frau, eine Jungfrau, unberührt ("als ob ihr außer Schauen nicht viel bliebe“) mit einer hohen erotischen Ausstrahlung. In ihrem ernsten Blick scheint das Wissen um mehr zu liegen: „als wisse sie genau, / sie war nicht Schülerin, noch Meisterin des Tanzes“ (V.7/8). Noch nicht in die körperliche Liebe eingewiesen, scheint sie doch eine Ahnung davon zu haben.
LyrIch bittet sie am Abend um einen Tanz. Anfangs „verschüchtert und beklommen“ (V.10) lässt sie sich doch darauf ein. Das heißt, sie lässt sich auf LyrIch ein, lässt sich mit ihm ein: „dann kam sie mit. Sie ist mit mir gekommen!“ (V.11). LyrIch scheint fast ein wenig überrascht zu sein, dass sie dies tut. „Mich überkam es.“ (V.12): LyrIch wird überwältigt von seinen Gefühlen. Und das scheinen nicht nur Gefühle der Zuneigung und zarter erotischer Anziehung zu sein, sondern eine starke sexuelle Lust, der LyrIch nachgibt: „Vage und verschwommen / bebildert sich das, was ich damals tat“ (V.13).
Stilistisch interessant ist hier diese kleine Betonungsverlagerung vom „das“ auf das vorhergehende „sich“. Das unterstreicht dieses Verschwommene in der Erinnerung von LyrIch. An „das“, was damals passierte, will sich LyrIch auch besser nicht so genau erinnern, er verschiebt diese Bilder ("das") in seiner Erinnerung ins Vage.
"Ich hab ihr Herz in meine Hand genommen.“ (V.14) Er ist seinen „Triebe(n)“ gefolgt, die ja bereits im zweiten Vers der ersten Strophe ganz unschuldig anklingen. Er hat sich über sie her gemacht, hat sie sexuell genommen, ihre zarten Gefühle missbraucht. LyrIch weiß das und hat im Nachhinein ein schlechtes Gewissen. Wenn das Herz dieses Porzellan-Mädchens so zerbrechlich ist, wie ihre Haut, dann wird sie innerlich daran zerbrochen sein.
Gefällt mir ganz ausgezeichnet! LG Irma
Kommentar geändert am 13.03.2018 um 09:34 Uhr
Echo (34) antwortete darauf am 13.03.18:
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Ein homoerotisches Abenteuer? Das ist auch eine interessante Lesart.
Habe gerade das Video zu "Where The Wild Roses Grow" geschaut. So gesehen könnte man das Ende auch noch auf eine dritte Art und Weise interpretieren ...
Habe gerade das Video zu "Where The Wild Roses Grow" geschaut. So gesehen könnte man das Ende auch noch auf eine dritte Art und Weise interpretieren ...
Echo (34) äußerte darauf am 13.03.18:
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Toller Kommentar, Irma, mir scheint du läufst zu Höchstform auf 😊!
Aber auch deine Version, Echo, ist durchaus nachvollziehbar 😊.
Das Video hab ich auch geschaut, es kommt der Stimmung im Text sehr nahe, finde ich!
Aber ich hätte auch noch eine Variante anzubieten: Der personifizerte Tod selbst umwirbt das sehr junge Mädchen und führt es zu Totentanz.
Liebe Grüße
mona
Aber auch deine Version, Echo, ist durchaus nachvollziehbar 😊.
Das Video hab ich auch geschaut, es kommt der Stimmung im Text sehr nahe, finde ich!
Aber ich hätte auch noch eine Variante anzubieten: Der personifizerte Tod selbst umwirbt das sehr junge Mädchen und führt es zu Totentanz.
Liebe Grüße
mona
Echo (34) meinte dazu am 13.03.18:
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Hallo zusammen!
@ Irma:
Was soll ich sagen - deine Interpretation ist KLASSE, wie immer. Ja, auch deine kleine Geisha habe ich mit eingebaut und es freut mich sehr, dass dir diese "unberührbare Erotik" nicht entgangen ist.
@ Echo:
Auch eine sehr interessante Interpretation, die ganz gewiss was für sich hat! Und keine Sorge, so ein Link zu einem anderen Text bedeutet nicht, dass die Bedeutung in diesem hier die gleiche sein muss, es ist eine reine Inspiration. Die Interpretation eines Textes obliegt sowieso immer dem jeweiligen Leser, da gibt es klein richtig oder falsch.
@ Mona:
Ebenfalls eine tolle Interpretation und sehr gut am Text belegbar!
Und nun zur Auflösung: Es war ein Experiment. Ich habe den Schluss, insbesondere das letzte Terzett - wie auch im Text selbst beschrieben - so vage angelegt, dass alles offen blieb, dass jeder Leser seine eigene Interpretation finden konnte, dass es sich für jeden Leser anders bebildert, ganz so, als sei er in die Rolle des LI geschlüpft und auf diese Weise auch "Schuld" an dem, was der Porzellanprinzessin, beziehungsweise ihrem Herzen passierte. Gemein? Ich fand die Idee einfach zu verführerisch und ich finde es phantastisch, wie viele wirklich gute und am Text belegbare Interpretationen hier gefunden wurden!
Herzlichen Dank!
Liebe Grüße
Sabine
@ Irma:
Was soll ich sagen - deine Interpretation ist KLASSE, wie immer. Ja, auch deine kleine Geisha habe ich mit eingebaut und es freut mich sehr, dass dir diese "unberührbare Erotik" nicht entgangen ist.
@ Echo:
Auch eine sehr interessante Interpretation, die ganz gewiss was für sich hat! Und keine Sorge, so ein Link zu einem anderen Text bedeutet nicht, dass die Bedeutung in diesem hier die gleiche sein muss, es ist eine reine Inspiration. Die Interpretation eines Textes obliegt sowieso immer dem jeweiligen Leser, da gibt es klein richtig oder falsch.
@ Mona:
Ebenfalls eine tolle Interpretation und sehr gut am Text belegbar!
Und nun zur Auflösung: Es war ein Experiment. Ich habe den Schluss, insbesondere das letzte Terzett - wie auch im Text selbst beschrieben - so vage angelegt, dass alles offen blieb, dass jeder Leser seine eigene Interpretation finden konnte, dass es sich für jeden Leser anders bebildert, ganz so, als sei er in die Rolle des LI geschlüpft und auf diese Weise auch "Schuld" an dem, was der Porzellanprinzessin, beziehungsweise ihrem Herzen passierte. Gemein? Ich fand die Idee einfach zu verführerisch und ich finde es phantastisch, wie viele wirklich gute und am Text belegbare Interpretationen hier gefunden wurden!
Herzlichen Dank!
Liebe Grüße
Sabine
Aron Manfeld (48)
(13.03.18)
(13.03.18)
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Du Quengelchen,
warum soll ich nur ein Spiel spielen, wenn ich mehrere kenne, die mir Spaß machen?
warum soll ich nur ein Spiel spielen, wenn ich mehrere kenne, die mir Spaß machen?
Liebe Sabine,
Irma hat wieder 'zugeschlagen' und einen wirklich fantasischen Kommentar abgegeben, da kann man nur ein wenig täppisch hinterherhinken. Ich beschränke mich nun auf ein paar Details, die ich gern noch anfügen möchte.
Irma hat schon angemerkt, dass der Reim 'Porzelan' Und 'ernst an' durch die unterschiedliche Vokallänge des 'a' ein besonderer ist, das 'ernst' davor unbetont zu lesen ist fast unmöglich, sodass ein etwas 'schiefer KLang' entsteht - herzzerreißend könnte dieser 'ernste Blick' beim LI ankommen, durch das 'als ob ihr außer Schauen nicht viel bliebe' könnte die durchsichtig-weiße Chinaporzellan-Haut auch auf eine schwere Erkrankung hindeuten. Sie ist schon so geschwächt (dass sie nur noch schauen kann) und viel zu ernst für ihr Alter ('zu ernst vielleicht' wiederholt sich im S2 V3, muss also von einiger Bedeutung sein.
'... als wisse sie genau' , vom Tod gezeichnete Kinder/Jugendliche scheinen (gleich Neugeborenen) uns ein Wissen vorauszuhaben, ein Ahnung von der ganz anderen Welt, die sie erwartet.
Nachdem sich ihre Beklommenheit gelöst,hat betont LI (besonders eindringlich durch die Wiederholung)
'Dann kam sie mit. Sie ist mit mir gekommen.' - Sie hat sich ihm überlassen, dem Tod, der, was er tut (tun muss) nicht gerne tut, sodass er es nur noch 'vage und verschwommen) erinnert.
Bei 'bebildert sich das, was ich damals tat: ' fällt es nicht leicht den Jambus beizubehalten, als Zeichen großer innere Erregung, deute ich es.
Überaus zärtlich liest sich dann in diesem Kontext der letzte Vers..
Nunja, ich denke, auch so können deine Zeilen gelesen werden, was wiederum zeigt, dass du eine Meisterin darin bist, mehrere Deutungsebenen stiimmig zu verweben.
Liebe Grüße
mona
Irma hat wieder 'zugeschlagen' und einen wirklich fantasischen Kommentar abgegeben, da kann man nur ein wenig täppisch hinterherhinken. Ich beschränke mich nun auf ein paar Details, die ich gern noch anfügen möchte.
Irma hat schon angemerkt, dass der Reim 'Porzelan' Und 'ernst an' durch die unterschiedliche Vokallänge des 'a' ein besonderer ist, das 'ernst' davor unbetont zu lesen ist fast unmöglich, sodass ein etwas 'schiefer KLang' entsteht - herzzerreißend könnte dieser 'ernste Blick' beim LI ankommen, durch das 'als ob ihr außer Schauen nicht viel bliebe' könnte die durchsichtig-weiße Chinaporzellan-Haut auch auf eine schwere Erkrankung hindeuten. Sie ist schon so geschwächt (dass sie nur noch schauen kann) und viel zu ernst für ihr Alter ('zu ernst vielleicht' wiederholt sich im S2 V3, muss also von einiger Bedeutung sein.
'... als wisse sie genau' , vom Tod gezeichnete Kinder/Jugendliche scheinen (gleich Neugeborenen) uns ein Wissen vorauszuhaben, ein Ahnung von der ganz anderen Welt, die sie erwartet.
Nachdem sich ihre Beklommenheit gelöst,hat betont LI (besonders eindringlich durch die Wiederholung)
'Dann kam sie mit. Sie ist mit mir gekommen.' - Sie hat sich ihm überlassen, dem Tod, der, was er tut (tun muss) nicht gerne tut, sodass er es nur noch 'vage und verschwommen) erinnert.
Bei 'bebildert sich das, was ich damals tat: ' fällt es nicht leicht den Jambus beizubehalten, als Zeichen großer innere Erregung, deute ich es.
Überaus zärtlich liest sich dann in diesem Kontext der letzte Vers..
Nunja, ich denke, auch so können deine Zeilen gelesen werden, was wiederum zeigt, dass du eine Meisterin darin bist, mehrere Deutungsebenen stiimmig zu verweben.
Liebe Grüße
mona
Aron Manfeld (48) meinte dazu am 13.03.18:
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Hallo Mona,
ja, sie hat - und sie kann und das richtig gut!
Aber auch deine Interpretation ist nicht von schlechten Eltern und ebenfalls absolut am Text zu belegen. Ivch freu mich riesig, dass der Text dich so in den Bann ziehen konnte. Danke schön!
Liebe Grüße
Sabine
@ Aron:
Wer kann, der kann.
ja, sie hat - und sie kann und das richtig gut!
Aber auch deine Interpretation ist nicht von schlechten Eltern und ebenfalls absolut am Text zu belegen. Ivch freu mich riesig, dass der Text dich so in den Bann ziehen konnte. Danke schön!
Liebe Grüße
Sabine
@ Aron:
Wer kann, der kann.
Zarte Begegnung, zart geschildert. LG
Zart? Irma meint der hätte die kaputt gevögelt.
Hallo ihr beiden!
Alles eine Frage der Interpretation.
Lieben Dank für eure Rückmeldungen.
Viele Grüße
Sabine
Alles eine Frage der Interpretation.
Lieben Dank für eure Rückmeldungen.
Viele Grüße
Sabine
der Name Charlotte bedutet ja schon Anmutigkeit mit der sich nur eine zartheit , eine Zerbrechlichkeit , etwas Feines , Schönes assoziieren lässt. Es ist der Tod, der um diesen Tanz bittet, einem anderen Tanz als der in dem das leben Pirouetten dreht und manchmal zu fliegen glaubt weil das Leben so unbeschwingt ist. Dieser Tanz ist ein letzter, schwerer, einer so ganz ohne Takt....
Auch eine tolle Auslegung!
Vielen Dank, Morphi.
Liebe Grüße
Sabine
Vielen Dank, Morphi.
Liebe Grüße
Sabine
Das erste Lesen führte zu einem: Oha. Böseböse.
Und ich muss echt zugeben, fast, fast!, hättest du mich damit gehabt.
Von vorne.
Da haben wir Charlotte, nicht Kind, nicht Mädchen, Zwischenwesen, zwischendrin, puppengleich, weiß, zart, zierlich, rein, schüchtern und augenscheinlich zurückhaltend, sich langsam in gewissen Territorien ausprobierend aber natürlich noch weit von Meisterschaft entfernt.
Strophe drei führt das zuvor in Vers drei (nice!) angedeutete LI weiter ein/aus. Charlotte wird um einen Tanz gebeten, ziert sich, wird aber entweder überredet oder überrumpelt, jedenfalls bekommt das LI sie doch zu diesem Tanz. Und dann passiert irgendwas, irgendwas Schlimmes in Strophe vier. Das LI ist nicht mehr Herr oder Herrin seiner Sinne, was auch erklärt, warum alles danach nur noch vage und verschwommen zu erinnern ist: es folgt ein Gemetzel, das damit endet, dass das LI Charlottes Herz tatsächlich als solches in der Hand hat.
Wir haben also einen Mörder, mit sexuell konnotiertem Unterton wahrscheinlich einen Mann. Auf der Suche nach Indizien hierfür landen wir bereits im letzten Vers der Strophe drei – „Sie ist mit mir gekommen!“. Wenn ich es richtig im Kopf habe, greift bei vielen Sexualstraftätern im Akt (bzw. davor und danach) selbst ein ziemlich abstruser Verdrängungsmechanismus, der dem Täter suggeriert, das Opfer wolle die Tat ja. Es stachle ihn an, und habe selbst auch Spaß dabei. Dazu passt „Sie ist mir mir gekommen!“ in seiner Doppel&Dreideutigkeit natürlich sehr. Das Ausrufezeichen suggeriert neben einem „Sie hatte Spaß!“ auch ein „Sie wollte es so!“. Dass es das LI überkommt und es letzten Endes Charlottes Herz in der Hand hält, spricht ebenfalls für einen Sexualmord, oder zumindest eine Vergewaltigung/ einen Missbrauch mit Todesfolge zur Verschleierung der Täteridentität (oder wie sich das nennt), schließlich kannten die beiden sich ja.
Joah. Wie gesagt. Du hättest mich fast gehabt.
Aber – Charlotte ist eine Puppe. Charlottes Gesichtchen, Hände und Füße vermutlich auch, sind nicht wie, sondern aus China-Porzellan. Charlotte ist ein beliebter Puppenname in diesen ganzen seltsamen Verkaufssendern. Meine Omas hatten beide eine Charlotte. Meine Mutter hat eine. Echte Charlottes kenne ich nicht eine einzige. Charlotte bleibt nicht viel mehr außer Schauen. Vielleicht kann sie blinzen, vielleicht nicht. Sie ist keine Babypuppe, sondern eine von diesen Zwischendrin-Puppen, 40 bis 50 Zentimeter hoch, Haare gerichtet, das Gesichtchen geschminkt (wie diese kleinen Missen in Amiland), vermutlich mit pompösem Kleidchen. Ich persönlich hasse diese Teile, sie sind wunderschön anzuschauen, aber sie eignen sich für nix außer der Vitrine. Spielen damit? Auf gar keinen Fall! Gibt auch direkt immer Ärger mit der Besitzerin. Womit wir beim LI wären. Es handelt sich um ein kleines Mädchen, das schon länger um diese Puppe herumschleicht und unbedingt mit ihr spielen möchte. Und wie kleine Mädchen immer so sind, kriegen Puppen auf Persönlichkeiten, und man legt ihnen Worte in den Mund. Charlotte hat sich lange erfolgreich dagegen gewehrt, mit zum Spielen zu kommen. Sie wusste ja, dass das Ärger gibt und fungierte für das LI als eine Art Gewissen oder vernünftige Stimme. Und eines Tags hat das kleine Mädchen besonders gute Laune oder wasauchimmer, die vernünftige Stimme fehlt oder ist zu schwach, Charlotte wird aus der Vitrine, vom Regal, vom Sofa genommen, und die beiden tanzen. Dabei übertreibt es das kleine Mädchen, diese Vitrinenpuppen sind unglaublich empfindlich, und Charlotte fällt und zerbricht. Ah .. Charlotte ist eine ganz exquisite Puppe und komplett aus Porzellan, das Herz in der Hand ist entweder eine Scherbe, die Füllung (ich kenne leider nur die Variante mit Stoffkörper und habe keine Ahnung, womit und ob Porzellanpuppenporzellankörper gefüllt werden) oder metaphorisch, weil es nichts zu nehmen gab.
(Ich konnte unmöglich noch mal in die gleiche Kerbe schlagen. )
Liebe Grüße
Tina
Und ich muss echt zugeben, fast, fast!, hättest du mich damit gehabt.
Von vorne.
Da haben wir Charlotte, nicht Kind, nicht Mädchen, Zwischenwesen, zwischendrin, puppengleich, weiß, zart, zierlich, rein, schüchtern und augenscheinlich zurückhaltend, sich langsam in gewissen Territorien ausprobierend aber natürlich noch weit von Meisterschaft entfernt.
Strophe drei führt das zuvor in Vers drei (nice!) angedeutete LI weiter ein/aus. Charlotte wird um einen Tanz gebeten, ziert sich, wird aber entweder überredet oder überrumpelt, jedenfalls bekommt das LI sie doch zu diesem Tanz. Und dann passiert irgendwas, irgendwas Schlimmes in Strophe vier. Das LI ist nicht mehr Herr oder Herrin seiner Sinne, was auch erklärt, warum alles danach nur noch vage und verschwommen zu erinnern ist: es folgt ein Gemetzel, das damit endet, dass das LI Charlottes Herz tatsächlich als solches in der Hand hat.
Wir haben also einen Mörder, mit sexuell konnotiertem Unterton wahrscheinlich einen Mann. Auf der Suche nach Indizien hierfür landen wir bereits im letzten Vers der Strophe drei – „Sie ist mit mir gekommen!“. Wenn ich es richtig im Kopf habe, greift bei vielen Sexualstraftätern im Akt (bzw. davor und danach) selbst ein ziemlich abstruser Verdrängungsmechanismus, der dem Täter suggeriert, das Opfer wolle die Tat ja. Es stachle ihn an, und habe selbst auch Spaß dabei. Dazu passt „Sie ist mir mir gekommen!“ in seiner Doppel&Dreideutigkeit natürlich sehr. Das Ausrufezeichen suggeriert neben einem „Sie hatte Spaß!“ auch ein „Sie wollte es so!“. Dass es das LI überkommt und es letzten Endes Charlottes Herz in der Hand hält, spricht ebenfalls für einen Sexualmord, oder zumindest eine Vergewaltigung/ einen Missbrauch mit Todesfolge zur Verschleierung der Täteridentität (oder wie sich das nennt), schließlich kannten die beiden sich ja.
Joah. Wie gesagt. Du hättest mich fast gehabt.
Aber – Charlotte ist eine Puppe. Charlottes Gesichtchen, Hände und Füße vermutlich auch, sind nicht wie, sondern aus China-Porzellan. Charlotte ist ein beliebter Puppenname in diesen ganzen seltsamen Verkaufssendern. Meine Omas hatten beide eine Charlotte. Meine Mutter hat eine. Echte Charlottes kenne ich nicht eine einzige. Charlotte bleibt nicht viel mehr außer Schauen. Vielleicht kann sie blinzen, vielleicht nicht. Sie ist keine Babypuppe, sondern eine von diesen Zwischendrin-Puppen, 40 bis 50 Zentimeter hoch, Haare gerichtet, das Gesichtchen geschminkt (wie diese kleinen Missen in Amiland), vermutlich mit pompösem Kleidchen. Ich persönlich hasse diese Teile, sie sind wunderschön anzuschauen, aber sie eignen sich für nix außer der Vitrine. Spielen damit? Auf gar keinen Fall! Gibt auch direkt immer Ärger mit der Besitzerin. Womit wir beim LI wären. Es handelt sich um ein kleines Mädchen, das schon länger um diese Puppe herumschleicht und unbedingt mit ihr spielen möchte. Und wie kleine Mädchen immer so sind, kriegen Puppen auf Persönlichkeiten, und man legt ihnen Worte in den Mund. Charlotte hat sich lange erfolgreich dagegen gewehrt, mit zum Spielen zu kommen. Sie wusste ja, dass das Ärger gibt und fungierte für das LI als eine Art Gewissen oder vernünftige Stimme. Und eines Tags hat das kleine Mädchen besonders gute Laune oder wasauchimmer, die vernünftige Stimme fehlt oder ist zu schwach, Charlotte wird aus der Vitrine, vom Regal, vom Sofa genommen, und die beiden tanzen. Dabei übertreibt es das kleine Mädchen, diese Vitrinenpuppen sind unglaublich empfindlich, und Charlotte fällt und zerbricht. Ah .. Charlotte ist eine ganz exquisite Puppe und komplett aus Porzellan, das Herz in der Hand ist entweder eine Scherbe, die Füllung (ich kenne leider nur die Variante mit Stoffkörper und habe keine Ahnung, womit und ob Porzellanpuppenporzellankörper gefüllt werden) oder metaphorisch, weil es nichts zu nehmen gab.
(Ich konnte unmöglich noch mal in die gleiche Kerbe schlagen. )
Liebe Grüße
Tina
Echo (34) meinte dazu am 14.03.18:
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Die vielen Facetten der Kommentare sind tatsächlich ein besonderer Wert unserer Plattform. KeinVerlag.
So macht es Sinn und Spaß sich immer wieder einzuloggen.
Danke pauschal an alle Beteiligten 😋
Liebe Grüße
Jorge
So macht es Sinn und Spaß sich immer wieder einzuloggen.
Danke pauschal an alle Beteiligten 😋
Liebe Grüße
Jorge
Hallo ihr drei!
@ keinB:
Na, du schießt mal wieder den Vogel ab!
Phantastische Interpretation, herrliches Kopfkino und wunderbar am Text belegt - mehr kann man sich als Autor kaum wünschen.
Merci beaucoup, Madame!
@ Echo:
Ja, ich finde es auch herrlich, wieviele Möglichkeiten der Betrachtung hier offengelegt werden; es ist mir eine ausgesprochene Freude!
@ Jorge:
Hier schließe ich mich einfach mal an.
@ all:
Tausend Dank, ihr habt dem Text einen ganz besonderen Glanz verliehen. So macht KV einfach nur Vergnügen.
Liebe Grüße
Sabine
@ keinB:
Na, du schießt mal wieder den Vogel ab!
Phantastische Interpretation, herrliches Kopfkino und wunderbar am Text belegt - mehr kann man sich als Autor kaum wünschen.
Merci beaucoup, Madame!
@ Echo:
Ja, ich finde es auch herrlich, wieviele Möglichkeiten der Betrachtung hier offengelegt werden; es ist mir eine ausgesprochene Freude!
@ Jorge:
Hier schließe ich mich einfach mal an.
@ all:
Tausend Dank, ihr habt dem Text einen ganz besonderen Glanz verliehen. So macht KV einfach nur Vergnügen.
Liebe Grüße
Sabine
Echo (34)
(16.03.18)
(16.03.18)
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Interessante Interpretation!
Uhhhh. Auch sehr cool, Echo.