German Standard - Brief an Dieter

Brief zum Thema Wahrhaftigkeit

von  LotharAtzert

Ich vermute bei dir einen Pluto-Merkur, aber das ist ein anderes Thema.
Zu Hölderlin fiel mir noch ein 'Es ereignet sich aber das Wahre und mit diesem wird es sich wenden' - ein Satz, der von vielen Soldaten in den Schützengräben vollkommen falsch, nämlich in ihrem Sinne, ausgelegt wurde und so stürmten sie mit aufgepflanztem (auch ein schönes Wort!) Bajonett und mit seinen Worten auf den Lippen in den sicheren Tod. Immerhin wurde er damals noch vom Volk gelesen.

Ja Dieter, die mittelalterliche Sigillenlehre hat auch mich einmal interessiert, Agrippa usw. Kennst du Franz Bardon? Der lebte zwar im 20. Jh., hat aber lesenswerte Bücher verfasst, u.a, "Der Schlüssel zur wahren Quabbalah" und "Die Praxis der magischen Evokation" - sehr lesenswert! Aber ich bin da anders, als du, dh. ich merkte frühzeitig, daß es mir nichts bringt, wenn ich das alles inhaliere, dann kommt es zu Vermischungen des nur halb Verstandenen und am Ende hast du nichts davon. Ein Steinbock braucht Klarheit, nicht Vielfalt. Kurzzeitig war ich auch vom I-Ging fast besessen - dasselbe! - es war nur ein Herumstochern in den Rosinen, vielleicht auch Sultaninen. Freilich - ich sah etwa im Alter von 19 Jahren in einer Discco ein sehr schönes Groupie mit den Schafgarbenstengeln hantieren und beraten und das Bild hat mich natürlich beeinflußt. Ja, sowas gab es damals noch: Disco und l-Ging am selben Ort, das waren noch Zeiten. Heute nicht mehr denkbar.

Als ich das erste mal einem begegnete, der als "erleuchtet" galt - Seine Heiligkeit, der 16. Gyalwa Karmapa, inzwischen ist die 17. Reinkarnation bereits inthronisiert - fiel das alles von mir ab. Nur an der Münchner Rhythmenlehre hielt ich fest, da ihre Deutungsmethode auch jenseits allen Zweifels ist und ich ebenso wie beim Karmapa, ihrem Gründer, Wolfgang Döbereiner, einem wie Obazder deftigen Bayer begegnen durfte.
Das "Auge in Auge" ist schon was ganz Besonderes. Eigentlich zwischen allen Menschen. Aber es setzt halt den Willen voraus, sich selbst bis ins Mark zu offenbaren. Vielleicht, das kommt mir gerade, hat die Augenerkrankung Grauer- oder Grüner Star etwas mit der Haltung des Verweigerns, Nichtsehenwollens zu tun. Jedenfalls ist das Durchschautwerdenwollen Grundvoraussetzung für Aufrichtigkeit. Wer das nicht will, darf keinem Licht je zu nahe kommen.

Die Flügel sind als erstes weg, wenn die Motte ins Feuer fliegt. Und nur der Rumpf fällt, falls sie das entsprechende Karma fürs Nichtverbrennen hat, in die Finsternis zurück. Nun gilt das durchaus auch für Dichter wie Hölderlin, der, nachdem er einen Blick in die Götterwelt werfen konnte, erkannte: "... und mehr bedarf es nicht". Das nannten die Menschen damals geistige Umnachtung - die Bedürfnislosigkeit. Heute sind sie auch nicht weiter, davon mal abgesehen.
Ich denke, daß alles so ist, wie es ist. Sobald einer sagt, es ist so und so, kommt der nächste und sagt, nein, das Gegenteil ist richtig. Für mich bleibt nur die Frage: wieviel Licht verträgt das dritte Auge, ohne zu erblinden.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

aliceandthebutterfly (36)
(02.04.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 02.04.19:
Ach, dankeschön, du Liebe.
Ein Satz allerdings ist weniger gelungen:
"Ein Steinbock braucht Klarheit, nicht Vielfalt" - das bezog sich auf das Asketische. Ansonsten ist (Arten-)Vielfalt natürlich eine Grundvoraussetzung für Gesundheit und Vitalität.
(Ich lasse es stehen, weil Dieter so schon zu lesen bekam)

Gruß
Lothar
aliceandthebutterfly (36) antwortete darauf am 02.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 02.04.19:
Fische lügen doch nicht, sie "schummeln"
Ich kannte einen Bert Fischer, der hieß auch noch so, der, als man ihn längst kleinerer Unterschlagungen im Freundeskreis überführt hatte, meinte - statt einer Entschuldigung: "Wer weiß, wozu es gut ist".

Fiel mir eben noch ein; Im Lügenmäxi/Lügenpasch (weiß nicht, wie das Würfelspiel bei euch heißt) war ich einer der Besten. Wer verlor, musste die Runde bezahlen. Da war ich oft betrunken und es kostete keinen Pfennig.
Mein Freund Mattes, der schon verstorbene Krebs, wir lernten uns später erst kennen, wollte es nicht glauben und hat alles mögliche dagegen gewettet. Der Arme! - hat fast jedes Spiel verloren.

Antwort geändert am 02.04.2019 um 18:07 Uhr
aliceandthebutterfly (36) äußerte darauf am 02.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert ergänzte dazu am 03.04.19:
Der war reich nur an Originalität. (- wir hatten zu dem Zeitpunkt nur noch um Bücher gespielt) Einmal ging er zum Friseur und wurde nicht bedient, weil es ein Damenfriseur war. Für ihn waren aber Haare gleich Haare. Da ging er in die nächste Telefonzelle und machte eine Bombendrohung, worauf ein riesiger Polizeieinsatz statt fand. Jeder andere wäre verhaftet worden, aber er war schon als Idiot stadtbekannt und kam aus der Nummer heil wieder raus. (Er hatte wohl früher einen Verkehrsunfall und daraus resultierend eine Bescheinigung für geistige Einschränkung - das hat er schamlos ausgenutzt. Aber nicht, daß du denkst, ich hätte nur deshalb gegen ihn gewonnen :)
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 03.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 03.04.19:
Lachen ist gesund.
Was du von Krebs, Bombenbasteln und der Polizei schreibst, kann ich mit gut vorstellen. Ich habe auch mit sowas gerechnet, als ich mich im Netz über Cannabissamen informierte, aber das ist wohl inzwischen zu harmlos für die Gesetzeshüter.

Ja der Oskar, hast du ja gesehen. Das wird schwierig für mich zu deuten, da unsere Sonnnen in Opposition stehen (ich merk da auch deutliche Widerstände) Krebs mit Mond im Steinbock im Widderhaus - das ist für ihn natürlich schade, denn der Mond kann im Steinbock seine empfindsame Natur nur schwer entfalten. ...
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 03.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 03.04.19:
Danke.
Will's nicht ausufern lassen, deshalb nur noch kurz dieses, dann bin ich erst mal weg:
Mond im Skorpion ist Leidenschaft pur. Meine Exfrau, Sonne Fische, hatte zwar Mond in der Jungfrau, aber in Konjunktion mit Pluto und im 8. Haus. Das hatte was von Totalität, als Mann hat man das ja ganz gerne - nur auf Dauer ist es selbstzerstörerisch.
Sie kannte sich in Astrologie aus und so konnten wir immerhin drüber reden. Allein es hat nicht ausgereicht, um die Ehe zu retten.
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 03.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.04.19:
Ich antworte!

Skorpion/Pluto ist geistige Bindung; Mond/Krebs ist seelisches Empfinden, das sind zwei verschiedene Welten, Da ist Leidenschaft garantiert, aber der Preis ist hoch.
Mond-Pluto ist die schwarze Witwe, die ihr Männchen frißt.

Ich meins ja nicht so hart, das sind nur Bilder … oder?

Antwort geändert am 06.04.2019 um 22:54 Uhr
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 07.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 07.04.19:
Ja schade - du hast keinen Narren an mir gefressen - (jetzt weiß ich nicht, ob man das in Österreich auch so sagt.

Nein, das Tragische ist, daß damit auch ein unbewußtes Schuldgefühl einher geht: man verzehrt sich nach dem Partner und möchte ihn gleichzeitig vor sich schützen. Das kann bis zum Selbstmord gehen - nur um des Geliebten Leben zu retten.
Für Außenstehende ist das einfach nur geil, für die Betroffenen leider oft nicht.
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 07.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Dieter Wal (58)
(06.04.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.04.19:
Lieber Dieter
Danke für Deine Reaktion
Der Phaeton kam mir auch in den Sinn.
Daß man Gott nicht zu nahe kommen dürfe, will ich nicht gesagt haben, (ich glaube ja nicht an den Christengott) sondern es verhält sich ganz natürlich: die menschliche Verdorbenheit von ich und mein, bzw. Anhaftung, Abneigung und Unwissenheit, bilden eine natürliche Grenze zum Himmel, die von den einen von außen (Beherrschung des Kosmos) und den anderen von innen ( Askese, Yogas, auch Drogen) aufzuheben versucht wird. Das ist immer ein gefährlicher Weg, weswegen er des erfahrenen Lehrers, wie Buddha, Christus ua. bedarf. Das ist auch der Grund, warum die so genannten Tantras früher geheim gehalten wurden: aus Schutzgründen. Heute braucht es diese Art Schutz nicht mehr, weil die Menschen ihr Interesse daran verloren haben und sich mit bloßen Informationen begnügen, die selbstverständlich ungefährlich sind.

Auch ungefährlich sind einfache Atemübung, Stillemeditation und ähnliches.
Das Vajrayana wird auch der kurze Pfad genannt, weil er in einem Leben zur Befreiung führen kann und nicht über viele Stufen und Inkarnationen hinweg, wie ein Glaubensweg. Wobei der Glaube vorausgesetzt ist. Wenn ich grenzenloses Vertrauen zum Lehrer habe, hat er es auch zu mir: wie man in den Wald ruft ... auf der höchsten Ebene sind Lehrer und Schüler untrennbar eins. Oder wie Tulku Jampa Kalsang einmal sagte: der Lehrer ist immer das, was du ich ihm siehst.

Ich schreibe übrigens auch aus Erfahrung. Oder bei wem, glaubst du, schreibe ich ab?

Gruß
Lothar
Dieter Wal (58) meinte dazu am 07.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Jorge meinte dazu am 07.04.19:
Als Waage in der Hängematte zwischen Sonne und Mond hat mich dieser Kommentarstrang sehr gut unterhalten. Dieters Vergleich von japanischer Tuschemalerei und Leonardos Bildern finde ich köstlich.

 LotharAtzert meinte dazu am 07.04.19:
Hallo Jorge,
dann bedanke ich mich mal, auch und vor allem im Namen von Dieter.

Gruß
Lothar
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram