Das Geschenk

Erzählung zum Thema Erinnerung

von  Moja

Andrea durchstöberte die Geschäfte nach einem passenden Geburtstagsgeschenk. Ihr war nicht klar, wonach sie eigentlich suchte. Sie wünschte sich, dass das passende Geschenk einfach sie aussuchte, sich von selbst fand. Es sollte daliegen in einem Regal, auf einem der dekorierten Tische, in einer Auslage und genau das sein, von dem sie vorher nicht gewusst hatte, dass es das einzig Richtige wäre. Sie wollte es greifen, ohne Zaudern zur Kasse gehen, es einpacken lassen, Zufriedenheit in sich spüren und auch die Vorfreude auf das Überreichen des Geschenks. Das alles sollte das Geschenk sein. Regalreihe um Regalreihe ließ sie hinter sich. Nichts sprach zu ihr. Sie verließ den Laden, heute hatte sie kein Gespür für das Besondere.
Ziellos lief Andrea durch die Straßen, nahm die Umgebung kaum wahr. Sie bemerkte einige Veränderungen, neue Geschäfte, Restaurants, einige andere gab es nicht mehr. Sie war hier immer nur durchgeeilt, ohne sich wirklich einzulassen. In ihre Selbstgespräche mischte sich scharfer Sarkasmus, Ironie und Spott trieben sie voran.
In der Passage im Metroschacht hielt sie inne, als sie einen russischen Laden entdeckte. Vor dem Schaufenster beugte sie sich hinunter, um die kyrillisch beschrifteten Verpackungen besser lesen zu können. Sie entdeckte eine unscheinbare Tüte mit eingewickeltem Konfekt. Andrea ging in die Hocke und starrte selbstvergessen auf die kleine Tüte. Mischka-Konfekt, knusprige Waffeln ummantelt von Schokolade, erinnerte sie sich. Der Geschmack lag ihr bereits auf der Zunge. Lange her, sie hatte es vergessen. Teuer war es und selten zu haben gewesen, der Genuss dafür umso stärker. Sollte sie hineingehen, fragen? Erst da fiel ihr die Dunkelheit im Geschäft auf, es war bereits geschlossen. Leichten Schrittes entfernte sie sich. Wenn ihr das Konfekt nun nicht mehr schmecken würde? Aber wollte sie das wirklich wissen!

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(12.08.20)
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 Moja meinte dazu am 15.08.20:
Für mich ist Schreiben das Geschenk, aber die Figur Andrea muss selbst dahinterkommen, wonach sie sucht - mein Motto wäre eher: Finden, nicht suchen.

Danke Dir, Sätzer!

Lieben Gruß,
Moja
Stelzie (55)
(12.08.20)
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 Moja antwortete darauf am 15.08.20:
Noch ein Naschkätzchen

Lieben Dank,
Moja
Al-Badri_Sigrun (61)
(12.08.20)
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 Moja schrieb daraufhin am 15.08.20:

Bin selbst ja mehr für hochprozentig bittere Schokolade, aber Andrea hätte ich das Vergnügen gegönnt.

Süßen Gruß,
Moja

 AchterZwerg (13.08.20)
Das Geschenk an sich selbst, oft die Belohnung für überstandene Drangsal, ist in seiner Wirkung nicht hoch genug einzuschätzen.
Es schafft den nötigen Stimmungsausgleich und beruhigt die Nerven. Manchmal genügt auch die Erinnerung an solche Effekte.

Russisches Konfekt habe ich noch nie probiert. Deine Beschreibung lässt es jedoch zur Verlockung werden.

Liebe Grüße
der8.

 Moja äußerte darauf am 15.08.20:
Wer sucht, der findet, lieber 8. - einen Versuch ist dieses leckere Konfekt wert, vorsichtig: süß! Der Zuckergehalt proportional zur Zwergengröße löst vermutlich einen Zuckerschock aus.

Besser bitteres Eiskonfekt
empfiehlt heutzutage,
Moja aus der Heißzone

 Dieter_Rotmund (13.08.20)
Etwas zu viel vorgekaut, zu wenig erzählt, dafür sehr hastig.

 Moja ergänzte dazu am 15.08.20:
Da muss ich mal in mich gehen und ruhig drüber nachdenken, wie ich mehr und langsamer erzählen könnte,
nachdenklichen Gruß,

Moja

 AvaLiam (15.08.20)
Liebe Moja...

Wo soll ich anfangen?

Am Anfang deiner Zeilen schmunzelte ich noch. Ich heiße ja auch Andrea. Gut, dass ist nichts Besonderes, ein Allerweltsname.
Aber auch meine Suche nach Geschenken verläuft genau mit der gleichen Intention und Motivation. Das fand ich schon ein wenig magisch/mystisch/fasznierend.

Und auch in unserer Stadt stehe ich immer wieder vor neuerlich geschossenen Geschäften, in denen ich hin und wieder fündig nach lang vermissten Dingen war. Aus der DDR-Zeit zum Beispiel.
Und weil wir gerade über die alten Zeiten sprechen - ich habe auch (zwangsweise) Russisch gelernt.
An der Stelle hatte ich dann schon so ein kleines unheimliches, aber nicht unangenehmes Gefühl.

Allerdings mag ich überhaupt keine Schokolade.
Waffeln - ja, die schon, allerdings aus Tschechien.
Was ich aber liebe - vergötterte und anhimmel, ist das RUSSISCHE(!!) Eis "Plombir".
Das gabs schon in meiner Kindheit.

Nach der Wende gab es das nicht mehr zu kaufen.
Als ich dann vor ca. 7 Jahren in einem türkischen Großmarkt einkaufte, in dem es auch aus vielen anderen Ländern, in Deutschland schmerzlich vermisste, Landes typische Dinge zu kaufen gab, entdeckte ich Tatsache mein heiß geliebtes Eis.

Und es gibt es noch so wie früher. Das Eis eingewickelt in dünnem Alupapier. Kindheit pur.

Genau das Gefühl hast du mir mit deiner kleinen Geschichte gegeben - ganz ohne Eis.
Erfrischt bin ich dennoch.

Vielen Dank für diese Kost-barkeit.
Herzliche Grüße - Andrea

 Moja meinte dazu am 15.08.20:
Dankeschön, liebe Ava, für Deinen Gedankenspaziergang!

Ich stöbere auch gerne in fremden Märkten, staune über die verschiedenen Köstlichkeiten, probiere aus.
Manchmal ist man in so einer Stimmung, wo einem nichts anspricht, so ergeht es der Figur im Text, letztendlich findet sie dann eine Erinnerung wieder - auch ein Geschenk.

Eine Freundin (Deutsch-Russin aus Kasachstan) verwöhnt uns beim Zirkel mit diesem leckeren hübsch verpackten Konfekt, übersetzt die Aufschriften und ruft bei einigen einen nostalgischer Moment hervor. Bei bitterer Schokolade schmelze ich dahin. Das Eis, das Du beschreibst, kenne ich zwar nicht, aber das Gefühl, etwas wieder zu entdecken. Das ist fast so, als hätte man es genossen.

Manchmal passiert es, dass sich der Geschmack verändert hat, dann ist man enttäuscht, darauf zielte der letzte Satz hin. Bewahrt man die Erinnerung, bleibt sie erhalten.
meist sind wir zu neugierig und wollen es unbedingt noch einmal wissen, schmunzelnd grüßt

Moja
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