in meinem Studierstübchen schreibe ich ein Gegenteil

Tagebuch zum Thema Alltag

von  tulpenrot

ein Gegenteil zu dem Heute des 23.02.2022

es sind einfache, bescheidene Dinge, die ich der derzeitigen Dramatik des Lebens entgegensetze. unscheinbar und unwichtig für die Welt draußen. sie haben dennoch ihr Recht auf Beachtung und auf ihr Dasein nicht verloren. auch wenn sich Menschen und Ereignisse drumherum noch so wild und schrecklich furchterregend gebärden.

   

früh morgens am Fenster

wie immer gelb. doch nur heute halbrund. leuchtet er. hat auch dunkle Flecken, die wohl Gebirge sind. denke ich. kenne ihn kaum oder zu wenig, obwohl er mich schon lebenslang begleitet. jetzt schwimmt er deutlich und klar sichtbar am morgendlichen, noch dunklen Himmel langsam, bedächtig an meinem Fenster vorbei. nach ihm kommt ein neuer Tag. er deutet sich schon an

   

das Fällen der Bäume am Vormittag

nachher sollen in meinem Garten zwei Birken gefällt werden. leider muss es sein. sie sind krank. das bedeutet weniger Schatten im kommenden heißen Sommer, weniger Laub im kommenden windigen Herbst. alles hat zwei Seiten, auch sein Gutes. jedenfalls heute. wenn die Sonne den Mond unsichtbar macht und ihn völlig überstrahlt und mich den Sturm der vergangenen Tage vergessen lässt. die Schneeglöckchen und Märzenbecher werden hoffentlich den Tod der Bäume überleben. sie wachsen in großer Zahl ausgerechnet unter den Birken. in den letzten Jahren haben sie sich stark vermehrt. so schön.

und nun geht es los. die Akkus für die Sägen liegen auf meinem Gartentisch. einer der beiden Gärtner setzt sie in die Säge ein, klettert mit Seilen am Baumstamm empor, sägt zunächst mit einer Handsäge die schwachen Zweige und lässt sie hinabgleiten. die stärkeren trennt er mit der Motorsäge vom Baum, seilt sie dann vorsichtig von oben herab. (ich habe Hoffnung für meine Schneeglöckchen und Märzenbecher), bis der Stamm einsam und nackt in die Höhe ragt. dann wird auch er nach und nach in „handliche“ Stücke zerlegt. sie fallen zu Boden.

ich bewundere das handwerkliche Geschick der Baumfäller. ich trauere um die Bäume.

   

Gedanken am Abend

jetzt ist es Abend und schon dunkel. die Läden sind zu. der Frühling muss warten, bis er bei mir eingelassen wird. ich hab nämlich vergessen Primeln zu kaufen.



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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (24.02.22, 11:06)
Dann eben morgen. LG

 tulpenrot meinte dazu am 24.02.22 um 15:08:
vielleicht - oder auch nicht.
Aber danke und LG

 Dieter_Rotmund (24.02.22, 17:21)
Gehst Du niemals vor die Tür? ...den Eindruck bekommt man nämlich bei diesem Tagebucheintrag...

 tulpenrot antwortete darauf am 24.02.22 um 18:19:
Vor welche Tür sollte ich gehen? 
Tatsächlich gehe ich nicht die Treppe runter zur Haustür raus.  
Sondern ich gehe über die Terrasse durch den Garten ins Dorf - der Rollator kann keine Treppen, du weißt.
 
Gestern stand ich die meiste Zeit während der Baumfällaktion auf der sonnigen Terrasse, aus Sicherheitsgründen, später dann wurde das Wetter schlecht. Heute war ich zwei Stunden unterwegs, hab Einkäufe im Dorf gemacht, hab Gabi und Erwin und den Pfarrer und meine türkische Nachbarin getroffen und gehe j e d e n  Tag eine ordentliche Strecke.
Warum? Ich brauch das.
Entschuldige, dass ich in diesem Text nicht meine ganzen Lebensgewohnheiten dargelegt habe. Aber nun weißt du Bescheid, das mit der Tür jedenfalls ist geklärt.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 24.02.22 um 19:04:
Ja, neee, klar, es steht dir natürlich frei, auszuwählen.
Aber gerade diese Auswahl hier erzeugt eine etwas gruselige klaustrophobe Stimmung, als sei die Erzählerin gefangen...

 tulpenrot äußerte darauf am 25.02.22 um 02:16:
Schon äußerst seltsam, was du aus meinem völlig harmlosen und eindeutigen Text herausliest. Da kommt überhaupt nichts vor, was jemanden auf die Idee bringen könnte, dass ich, in diesem Fall die Erzählerin, das Haus nie verlasse.
Und außerdem: Klaustrophobie hat doch mit der Angst vor engen Räumen zu tun - aber du fragst mich, ob ich niemals vor die Tür gehe. 
Und eine gruselige Stimmung vermittele der Text. Das passt doch alles hinten und vorne nicht zusammen. Ich glaube, du hast einen völlig anderen Text gelesen bzw. deinen Kommentar unter den falschen Text gesetzt.

 GastIltis (24.02.22, 21:22)
... spricht Pfirsich. Nein: spricht für sich! LG von Gil.

 tulpenrot ergänzte dazu am 25.02.22 um 02:03:
Danke und auch LG von mir
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