Ab wann ist man biblisch gesehen ein Christ?

Essay

von  Bluebird

Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Johannes 3,3)


Viele vertreten ja die Ansicht, dass die Mitgliedschaft in einer Kirche oder eine christlichen Gemeinschaft jemanden zu einem Christen werden lassen. Dies erscheint auf den ersten Blick durchaus logisch, entspricht aber keineswegs der biblischen Definition von Christsein. Denn da wird schon der Herzensglaube und ein entsprechender Lebenswandel verlangt.

  Also Mitgliedschaft, Herzensglaube und entsprechender Lebenswandel machen einen zum Christen? Was aber, wenn solche "Christen" keine nenneswerten Gotteserfahrungen machen? Sie den Eindruck haben, dass der Himmel zu ihrem Glauben und ihren Bemühungen schweigt?

  Kommt dann nicht unweigerlich irgendwann der Punkt, wo man beginnt alles für eine Illusion zu halten? Tatsächlich haben an diesem Punkt schon etliche ihren Glauben aufgegeben. Ein Gott, der schweigt und sich auch sonstwie nicht groß bemerkbar macht, existiert möglicherweise gar nicht. Oder?


Biblisch gesehen ist diese erlebte Gottesferne aber eigentlich der menschliche Normalzustand. Eine Ursünde und unsere eigenen Sünden trennen uns von Gott, unser Geist ist tot und kann Ihn nicht wahrnehmen. Und daran ändern auch alle menschliche Bemühungen nichts.

   Es bedarf eines göttlichen Gnadenaktes, der in der Bibel als Neugeburt bezeichnet wird. Der eigene Geist wird erweckt, der heilige Geist hält Einzug und plötzlich ist die Gottesverbindung oder das Gottesbewusstsein da.

   Ich vergleiche das gerne mit einem PC, der bislang nur offline wirksam war und nun freigeschaltet und godline ist.


Vielleicht mag dies dem ein oder anderen etwas abstrakt oder zu theoretisch vorkommen. Aus eigener Erfahrung möchte ich aber sagen, dass diese Neugeburt oder Erweckung sich sehr dramatisch und eindrücklich vollziehen kann. Also man ist wirklich verblüfft, in welch konkreter Weise Gott plötzlich gegenwärtig und nahe ist. Ein wirklich starker Kontrast zur vorherigen Gottesferne.

   Aber kann dies nicht auch alles auf Einbildung und Irrtum beruhen? Woher weiß man den genau, dass man wirklich mit Gott verbunden ist? Man hat Ihn doch nie gesehen!

   Der Einwand ist durchaus berechtigt. Man interpretiert plötzlich auftretende ungewöhnliche Ereignisse als ein Wirken Gottes. Und diese Interpretationen sind auch mehr als naheliegend, auch wenn natürlich ein letzter objektiver Beweis fehlt.


These: Ein Christ, der so gut wie keine Gotteserfahrungen macht, hat möglicherweise diese Neugeburt des Geistes noch nicht erlebt!


***

Nächste Folge: Wie gelangt man zur Neugeburt des Geistes?




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Kommentare zu diesem Text


 Regina (29.08.22, 11:54)
Guter Text, der auch die Zweifel mit einbezieht. Spannend wiederum, was in der nächsten Folge passiert.
Taina (39)
(29.08.22, 13:06)
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 Bluebird meinte dazu am 29.08.22 um 14:09:
Die Glaubenstaufe spielt natürlich eine wichtige Rolle. Vielleicht passiert die Neugeburt auch manchmal bei der Taufe. Aber idealerweise ist sie ja nur noch das öffentliche Bekenntnis eines schon vorhandenen Glaubens.
   So denke ich, dass die Neugeburt bei meiner Bekehrung - drei Monate vor meiner Taufe - stattgefunden hat. Seit jenem Tage war die Verbindung mit Gott für mich deutlich erkenn- und spürbar. Es geschahen viele Dinge, die ich mit Leichtigkeit als ein Wirken Gottes interpretieren konnte.

Und dies ist eigentlich auch der Punkt, auf den ich hinausmöchte. Was nützen Bekehrung, Taufe und fromme Werke, wenn Gott ferne bleibt? Da die Gotteserfahrung und innere Gottesgewissheit fehlt. Keine Evidenz der göttlichen Gegenwart erkennbar wird.
   Ich erinnere mich an jemanden, der sich bekehrt hatte, betete und in der Bibel las, aber keine Erfahrungen mit Gott machte.
   Ich ermutigte ihn dranzubleiben und offen für solche bestätigenden Erfahrungen zu sein. Tatsächlich bestätigte er einige Zeit später glaubhaft, dass er jetzt eigene Erfahrungen gemacht habe.

Es ist tatsächlich eine gewisse "Unschärfe" bei der Definition von Christsein, aber die erfahrbare Nähe Gottes scheint mir ein deutliches Kennzeichen einer neutestamentarischen Neugeburt zu sein.

Antwort geändert am 29.08.2022 um 14:11 Uhr

 AngelWings antwortete darauf am 30.08.22 um 07:26:
Taufe, hat nicht mit glauben zutun. Es gibt viele, worden getauft, aber nicht in Kirche vertreten. Du muss in Kirche vertreten, sein dann gehöre du zu Gemeinte ob Christliche, oder Katholik , bis Gott ist bloß eine glaube. Genauso wie Sekt, glauben an was, und sind bin einer Gemeinde.

 linkeln (29.08.22, 15:16)
In jeden Menschen denen wir begegnen, erfahren wir Gott. Man braucht keine übernatürliche Gotteserfahrung.
lg
linkeln

 loslosch (29.08.22, 20:34)
oberflächlich betrachtet erscheint der text ergebnisoffen. der begriff der gottesferne ("erlebte Gottesferne") entlarvt ihn.

gibt es marsmännchen? das sprechen von einer marsmännchenferne wirkte präsumtiv.

 Bluebird schrieb daraufhin am 29.08.22 um 21:12:
Selbstverständlich ist mein Text nicht ergebnisoffen. Ich vertrete ja eine allseits bekannte Überzeugung und leite sie ja auch mit "biblisch gesehen" ein.
Aber es ist völlig okay für mich, wenn der Leser es anders sieht. Ich möchte nicht rechthaberisch rüberkommen, somdern überzeugen und ermutigen.

 Bluebird äußerte darauf am 29.08.22 um 21:36:
Die objektive Unbeweisbarkeit Gottes wird von mir grundsätzlich eingeräumt, eine subkektive Gewissheit ist das Maximum des menschlich Möglichen.
Dies ist eine Grundüberzeugung, die ich schon lange vertrete und somit ein zugestandener Rückzugsraum für Skeptiker und Andersgläubige. Wer das Wagnis des Glaubens nicht eingehen will, kann sich immer darauf berufen, dass es ja ja keine streng objektiven Beweise für die Existenz Gottes gibt. Aber ob derjenige sich  damit  einen Gefallen tut?
Die Beweise im Sinne eines juristischen Indizenprozesses sind - aus meiner Sicht -schon ziemlich überzeugend und mehr als ausreichend.
Also ich müsste meinem gesunden Menschenverstande und  Gefühl schon Gewalt antun, was ich erlebe nicht als Gotteserfahrungen zu verstehen und zu interpretieren

Antwort geändert am 29.08.2022 um 21:37 Uhr

 loslosch ergänzte dazu am 29.08.22 um 22:49:
was ich "erlebe": straffällig gewordene und verurteilte kath. priester wurden wieder von bischöfen eingesetzt - und keine göttliche macht griff ein.

selbstverständlich griff der allmächtige nicht ein. semper idem.

Antwort geändert am 29.08.2022 um 22:50 Uhr
Taina (39) meinte dazu am 29.08.22 um 22:58:
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 Bluebird meinte dazu am 29.08.22 um 23:31:
@taina
Es ist ohne Zweifel richtig, dass man auch ohne erlebte Gotteserfahrungen an Gott glauben kann. Aber Christsein ohne entsprechende Erfahrungen entspricht - aus meiner Sicht - nicht neutestamentarischer Praxis.
   Das Erleben der Gegenwart und Begleitung/Führung (des biblischen) Gottes im Leben ist - normalerweise - ein entscheidender Unterschied zum Leben eines Nicht- oder Andersgläubigen.
   Wenn das fehlt, erlaube ich mir die Frage zu stellen, ob dies ein Christsein im neutestamentarischen Sinne sein kann. Ob da wirklich die propagierte Neugeburt (Johannes 3,3) stattgefunden hat.
Taina (39) meinte dazu am 30.08.22 um 04:44:
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 Bluebird meinte dazu am 30.08.22 um 07:14:
Der Herr kennt  die Seinen ... gleichwohl halte ich das Nachdenken über wirkliches Christsein schon für wichtig. Weil es darüber ganz offensichtlich unterschiedliche Auffassungen gibt, und Vieles ist da einfach nicht zielführend.
   Letztlich geht es um eine Neugeburt und ein Keben in und mit Jesus:
Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden! (2. Korinther 5,17)
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