Friedel und Buttermüller

Dokumentation zum Thema Harmonie

von  eiskimo

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Die beiden abgebildeten Suppenesser hießen Friedel und Buttermüller und lebten in Rockau.  Sie saßen Modell für den Maler Georg Siebert, der 1915 an der Kunstakademie in Dresden studierte.

 Ende der 90er Jahre bekamen wir das Bild von der Witwe des Malers geschenkt. Auf der Rückseite habe ich jetzt einen Zettel entdeckt, darauf hatte Frau Siebert angemerkt:

„Auch Georg hatte bei Buttermüllers gewohnt. Das war seine glücklichste Zeit.

Dann musste er in den Krieg ziehen. Das war seine schlimmste Zeit“



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (08.03.23, 00:20)
Das ist ein schönes Bild der Eintracht unter einfachen, ärmlichen Verhältnissen!

 eiskimo meinte dazu am 08.03.23 um 08:34:
Warum ich dieses Bild neu wahrnahm ( es hängt schon Jahre bei uns) ?
Ein Freund schickte uns Fotos von seinen Einladungen, da waren reich gedeckte Tafeln zu sehen, trinkfreudige Gäste, er hatte auch die Menüfolgen notiert und die passenden Weine -  la belle vie, würde der Franzose sagen.
Prompt sprang mir unser Gemälde ins Auge, als der totale Kontrast.
Klar, dass ich diese Entdeckung meinem Freund nicht vorenthielt. So hatte ich das oben gezeigte Foto greifbar....
Welten trennen von jenem "Eintopf".

Antwort geändert am 08.03.2023 um 08:35 Uhr

 AlmaMarieSchneider (08.03.23, 00:59)
Irgendwie kamen mir plötzlich starke Erinnerungen an meinen Opa.
Der kochte manchmal für uns Kinder, stellte eine Schüssel mit Suppe auf den Tisch und wir löffelten alle daraus. Er mochte nicht gern abspülen.
Heimeliges Bild, das mir sehr real erschien, als wäre ich zurückversetzt.

Liebe Grüße
Alma Marie

 eiskimo antwortete darauf am 08.03.23 um 08:39:
Seltsam, wie sehr diese Art Erinnerung bleiben. Ich ging nach der Schule auch schon mal zu Oma und Opa, und da wurde extra für mich gekocht. Bratkartoffeln mit Spiegelei. Das reichte für Drei. Aber unvergesslich gut.
LG
Eiskimo

 AlmaMarieSchneider schrieb daraufhin am 08.03.23 um 11:55:
Ich war sowieso ein Oma/Opa-Kind. Mama war noch sehr jung als ich zur Welt kam. Kinder machten damals viel mehr Arbeit. Keine 1xWindeln, keine Gläschen, kein warmes Wasser aus der Leitung....An all das hat mich Dein Bild erinnert, sogar daran, dass Opa immer nach Knoblauch gerochen hat. Schöne Erinnerungen. Armut nahmen wir Kinder damals ja gar nicht wahr. Hunger schon. Doch alles war normal.

Liebe Grüße

Alma Marie

 eiskimo äußerte darauf am 08.03.23 um 12:30:
"...Armut nahmen wir Kinder damals ja gar nicht wahr."
Mit den heutigen Maßstäben gemessen wäre auch ich ein  armes Kind gewesen, sehr arm sogar. Kinderreich waren wir.
Das schützte uns, und ich nahm die materiellen Mängel kaum wahr. Um uns herum die anderen Familien waren auch nicht besser gestellt, das kam natürlich dazu.
Wahrscheinlich romantisieren wir etwas in unserem Blick zurück.
LG
Eiskimo

 AlmaMarieSchneider ergänzte dazu am 08.03.23 um 13:15:
Aber ist dieses romantisieren nicht auch gut für die Seele.
Den heutigen Ansprüchen nach hätte ich eine schreckliche Kindheit gehabt. Aber ich fühlte mich glücklich und wir Kinder hatten kaum Zwänge. Kein Tennis, kein Musikunterricht, kein Ballett, nur wenn wir wollten, dann musste Opa die Bezahlung übernehmen, ja dann durften wir. Es war nichts selbstverständlich.

 AchterZwerg (08.03.23, 07:00)
Ein aussagestarkes Bild sagt mehr als tausend Worte!
Das vorgestellte ist ein gutes Beispiel dafür.
Gleichwohl ist es dir gelungen, die passende Textumrahmung zu finden: schlicht und ergreifend. <3

 eiskimo meinte dazu am 08.03.23 um 08:43:
Danke. Viele Worte hätten zu der kargen Speise, der wortlosen Löffelei und dem nackten Dekor auch nicht gepasst. Konzentration aufs Wesentliche. Fast eine Meditation.
Ich sehe das Bild jetzt auch mit ganz anderen Augen.

LG
Eiskimo

 Quoth (15.03.23, 17:17)
Bei Dir heißt er Georg Siebertz, ich habe ihn schrecklicher Weise gegoogelt (nicht um mit meinem Wissen zu prahlen, sondern weil ich neugierig bin) und einen  Georg Siebert gefunden, der von den Daten und den ihm zugeordneten Bildern her aber gut in Deine Beschreibung passt. Ein guter Maler, der wie so viele andere den Nazis auf den Leim gegangen ist und sogar von Hitler angekauft worden sein soll. Das ändert nichts daran, dass dies ein gutes Bild ist, das auch ich sehr mag. Gruß Quoth

 eiskimo meinte dazu am 15.03.23 um 17:44:
Olala, da habe ich zu flüchtig hingesehen, sorry! 
Danke für die Richtigstellung.
Wir mögen seine Bilder auch sehr. Es ist ein bisschen so wie bei Nolde.
VG
Eiskimo

 Quoth meinte dazu am 15.03.23 um 19:21:
Nein, mit Nolde und dem Expressionismus hat es für mein Gefühl nichts zu tun, es erinnert mich eher an van Goghs "Kartoffelesser". In der totalen Reduktion auf die beiden Essenden, ihre Löffel, die Schüssel und den Tisch liegt freilich auch ein gewisses Pathos der Armut und Einfachheit, das ich bei van Gogh nicht finde.

 eiskimo meinte dazu am 15.03.23 um 19:29:
Nolde habe ich erwähnt, weil ich das Parallelen sehe, was die politische Vereinnahmung angeht. In ihrem künstlerischen Ausdruck sind die beiden natürlich ganz anders.

 Quoth meinte dazu am 16.03.23 um 19:26:
Noldes Versuche, von den Nazis anerkannt zu werden, stießen nicht auf Gegenliebe; Siebert war unexpressionistische genug, um akzeptiert zu werden.
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