Lion’s Song
Auf der Bühne ein negroider Typ von fast zwei Metern Länge mit schwarzem, die Ohren verdeckenden Tuch bis unters Kinn, Bart und Schotten- Mütze. Den Body in Anzug mit Weste, der dem Old- Fashion- Jazz seine Stimme gibt. - Doch deswegen bin ich nicht da. Ich will eine Frau tiefer legen. Die ’mit den großen Ohren’ neben mir wäre mir zum Beispiel recht. Doch als ich ihr prüfend zwischen die Beine greife, riecht es an meinen Fingern rauchig nach Torf. Und das ist es nicht, was ich will. Also mache ich weiter, bis ich auf Minze treffe. Und das ist es -, obwohl Lavendel auch gereicht hätte. Allerdings ist Minze schon sehr außergewöhnlich. Genau wie der Jazz- Typ mit dem Strickschlauch (unter der Mütze), den ich Anfangs als Schador einordnete und somit ihn als Muslim, der gerade ’Be Good’ intoniert.
Ob dessen Aussehen ich eben noch dachte, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Wie bei den bemalten Gesichtern von Kiss einst, den bescheuerten Brillen von Elton John, oder bei Madonnas hässlichem Pyramiden- BH. Alles Freaks, deren Fans anders sind und nicht nur doof, sondern der Musik (beim Vögeln) Sinn geben. - Die schärfsten Frauen staubte ich allerdings bei Kinskis Rezitationsabenden ab. Jesus Christ Erlöser. Unter dessen schwarzen Schafen. Denn genau an diesem Punkt, an dem er ’IHR SCHEISS GESINDEL’ grölt, kommen sie alle wie auf Rosendornen. Wegen der Vergebung. Und wenn er ’DER HEILAND LIEBT DICH, DU SAU!’ brüllt funktioniere auch ich auf den Punkt. Danach lasse ich sie liegen wie Putzlumpen, - bis die Presse sie findet. Und die finden. Jede Sensation. Glaubt jeden Scheiß. Jeden Mord. (Nur) richtig pervers muss es sein. Wie der Duft von Minze an einer Möse. Obwohl, Lavendel täte es auch.
wenn ich aufhöre zu träumen läuten glocken
... tanze ich mit dir ...
töte mit leichter hand
geht die welt nicht unter deswegen
ist leben anderswo
auf hohen bergen
paranoider könig im niemandsland
fliegen blut rote raben
in den sonnen hellen tag
halte ich deine eiskalte hand
trinke whiskey
zünde eine kerze an
atemlos am fenster nun
erwacht ein morgen ohne dich
sei glücklich weites land
tiefes tal
’’Seid getrost! Es gibt so etwas gar nicht, es liegt nicht im Bereich des Annehmbaren, Zulässigen, Denkbaren. Es wird verhindert werden, - vielmehr, er selbst wird es immer verhindern, der klägliche Schurke, durch sich selbst, durch seine bloße Natur, durch die Unmöglichkeit seiner trostlos verpfuschten Anlage, aus der er nur Falsches, Lügenhaftes, im voraus Verworfenes denken, wollen und tun kann. Man spricht vom betrogenen Teufel. Aber der Teufel wird nicht betrogen, er ist es, von sich aus und von vornherein. Nicht mit Faustens Seele, der Seele der Menschheit, wird dieser stupide Gottseibeiuns zur Hölle fahren, sondern allein.’’
Leicht verfremdeter Thomas Mann; Original und Quelle: Thomas Mann, Deutsche Hörer! Fünfundfünfzig Radiosendungen nach Deutschland, zweite erweiterte Ausgabe, Stockholm, 1945, S. 64-66.
