Es gibt Einschnitte im Leben, da will man sich ändern. Wirklich! Damit diese denkwürdige Einsicht bemerkt und auch verbindlich wird, sollte man davon erzählen, also einen Anderen zum Zeugen machen. Hab ich gemacht. Bei mir war es mein Freund Krings-Meierling. Der kann zuhören, und er unterbricht einen auch nicht. Ich habe das dann ein bisschen theatralisch inszeniert, fast wie ein Selbstgespräch....
Mein Leben in Ordnung bringen. Oh, ja, höchste Zeit! Dieses Chaos. Nichts passt da mehr zusammen. Verdreht, verkrumpelt, auf Links gedreht. Resultat einer ständig wiederkehrenden Schlampigkeit. Jeden Tag aufs Neu. Du hast längst gesehen, wie da alles durcheinander geht. Nie wirklich sauber auseinander sortiert. Einfach auf die Schnelle so genommen wie es kommt. Immer nur bequem. War da was Graues? Was Schwarzes? War da nicht auch schon was Kaputtes? (Ich griff mir an den Kopf, spielte diese Selbstbetrachtung mit Nachdruck - Krings-Meyerling zeigte keine Reaktion)
Neuer Anlauf: Ja, ich habe es mir immer einfach gemacht. Wird schon keiner merken. Und überhaupt – ist es nicht mittlerweile chic und modern, Unpassendes zu kombineren? Hemden ohne Schnitt, Hosen mit Löchern, Schuhe zum Davonlaufen! (hier nickte Krings-Meierling mit sanftem Lächeln)
Ich weiter: Also bitte kein Drama. Ich war da mit meinen völlig zusammengewürfelten Socken doch noch absolut harmlos. Und wenn ich jetzt hier sitze und sie alle einzeln auf dem Teppich in ihrer ganzen Schönheit glatt streiche, dann ist das schlicht … Therapie! (Krings-Meierling reagierte wieder gar nicht– mir schien diese Erkenntnis aber schon gewichtig!)
Darum mit neuem Anlauf: Es ist, hallo! - mein radikaler Neuanfang. Ab sofort sei Links Links und Rechts Rechts. Das Muster muss stimmen. Die Farbe. Jede Socke hat schließlich nur eine Entsprechung, und die, verdammt noch mal, kann man doch finden. Und zusammenführen, schön in ein Sockenpärchen, stimmig, Ton in Ton, in derselben Größe, 43-44, um genau zu sein. (Mein Freund schien zuzustimmen)
Ein geordnetes Leben, ja, so könnte es aussehen. Kein Sockensalat mehr, sondern Ordnung! Und alle sollen es merken. Dieser Mann, (ich zeigte bedeutsam auf mich selbst) jawohl, hat sein Leben wieder im Griff! Ja, er bückt sich. Er macht sich klein und krumm, sinkt förmlich vor sich selbst nieder. Sockentief. Täglich jetzt dem Dress-Code huldigen. Aber sein Ziel:, Endlich den Sockenteufel besiegen. Pärchensortiert durchs Leben gehen, sauber sich bewegen, konsequent auf den makellosen Socken – Leute, es ist möglich!
(Ich war laut geworden, pathetisch...Krings-Meierling wollte schon zu einer Replik ansetzen...)
– nein, noch nicht, ein Schlussgedanke noch: Wenn nur nicht diese verdammte Höhere Gewalt da wäre! Immer wieder greift sie brutal ein. Hier mittels Waschmaschine. Die frisst einfach bei jedem Waschgang … eine Socke. Eine Socke, die dann fehlt. Und schon wäre die mühsam erreichte Harmonie wieder hin. (Verzweiflung in meiner Darbietung, und große, fragende Miene: ) Ist das nicht ein absurder Kampf, das Leben?
Uff – ich hatte meinen Neuanfang ganz offen und ausführlich dargelegt. Mit Herzblut. Aber mein Freund Krings-Meierling hat dann über meine grandiose Socken-Therapie …. nur milde gelächelt. „Warum machst du dir das Leben so schwer?“ hat er gefragt. Und wieder so überlegen sanft gelächelt.
Sein Ansatz, das Leben immer sauber im Griff zu haben, sei dagegen total simpel: „Ich kaufe immer die gleichen Socken. Selbe Farbe, selbe Größe. Die passen nämlich immer zusammen – über Jahre!“ Gewichtiger Blick.
Und dann noch sein Schluss: „Denn alles Diverse ist mir von vorn herein zu kompliziert.“