Der tütelige Brommhardt – Teil III

Groteske zum Thema Weihnachtsgeschichte

von  Saira

Es war ein seltsamer Tag am Nordpol, ein Tag, der nicht wusste, ob er der 1. Dezember, der 29. Februar oder Silvester sein wollte. Brommhardt entschied kurzerhand, es sei alles zugleich – und so stapfte er übers Eis, begleitet von einer kleinen Tröte, die „O Tannenbaum“ in dünnen, schiefen Tönen flötete.

 

Zur selben Zeit hatte sein Bruder Bollwin eine Eingebung. Er war fest überzeugt, dass jetzt, in diesem wunderlich wankenden Morgenlicht, der perfekte Augenblick für die große Weihnachtsrede gekommen sei.

Die Elfen, die schon viele solcher Eingebungen erlebt hatten, lösten Alarm Nummer 47 ...  die höchste aller Warnstufen aus: „Bollwin hat eine Idee.“

 

Bollwin verkündete, Weihnachten brauche neuen Glanz, stürmische Innovationen und eine ordentliche Portion Glitzer. Währenddessen wickelte er Donner, das stoischste aller Rentiere, in Geschenkpapier wie ein übergroßes Überraschungsei.

 

Brommhardt klatschte begeistert und nannte Bollwin „Pastor“, woraufhin dieser stolz „Ich bin Prophet!“ rief – ein Wort, das in den Ohren der Elfen klang wie eine entfernte Bedrohung.

 

Im Festsaal baute Bollwin sich ein Rednerpult aus drei Bierkisten, einer alten Tür und dem Schal eines Elfen, der kurz darauf ohnmächtig wurde. „Nordpolianer!“, rief Bollwin. „Ich sehe … Feuerwerk!“ Und ehe jemand eingreifen konnte, loderten Wunderkerzen, brannten Tischdecken, flüsterten Vorhänge und loderte Bollwins Mütze wie ein kleiner, verirrter Sonnenaufgang.

 

Brommhardt jedoch rief entzückt: „Ein Sternschnuppenregen! Ich wünsche mir … ach, was wollte ich? Und wer bist du gleich?“

 

Die Elfen drückten den großen Alarmknopf. Vom Dach fielen eine Löschdecke und ein Becher Glühwein. Der Glühwein zähmte Bollwins Tatendrang und überzeugte ihn, die Rede auf irgendwann zu verschieben – vielleicht auf Ostern.

 

Brommhardt spazierte inzwischen über die Eisflächen und grüßte freundlich alles, was sich zeigte: eine Robbe mit schiefem Blick, einen Schneehaufen mit melancholischer Aura und den Nordwind selbst, der daraufhin aus beleidigtem Stolz einen Schneesturm auslöste.

 

Später fand Brommhardt Bollwin vor einer Tanne, der dieser gerade zuflüsterte: „Du wirkst so symmetrisch, möchtest du nicht Weihnachtsbaum werden?“

 

Da rief Brommhardt strahlend: „Ich weiß jetzt, wer du bist! Du bist der Weihnachtsmann!“

 

Und Bollwin, der für solche Sätze empfänglich war, leuchtete wie eine frisch polierte Laterne. „Dann bin ich wohl dein Bruder!“, jubelte Brommhardt – und die Elfen warfen sich im Chor verzweifelt in den Schnee.

 

Doch plötzlich umarmten sich die Brüder, und ein kleines, seltenes Wunder breitete sich aus: Für einen Augenblick wirkte Weihnachten sicher.

 

„Bruder“, murmelte Bollwin, „ich hatte eine Idee. Komm mit mir in den Stall. Ich will dir etwas zeigen.“

 

Die Elfen schrien. Die Rentiere flohen. Der Wind flehte um Gnade.

 

Brommhardt folgte Bollwin, bis sie im Stall eine wackelige Konstruktion fanden, die aussah wie ein halb zerlegtes Fahrrad, eine Bierkiste, zwei Eislöffel und ein nervös zuckendes Rentier.

 

Daneben stand, in krakeliger Schrift geschrieben:

Bollwins erste Erfindung
Fliegender Schneewal

 

Und Rudolph flüsterte, kaum hörbar: „Ich kündige.“

 

 

©Sigrun Al-Badri/ 2025



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Kommentare zu diesem Text


 Antagonist (04.12.25, 13:27)
Seitenhieb auf unseren Platzhirsch, liebe Saira?

 Saira meinte dazu am 04.12.25 um 13:58:
Dein Hinweis auf den Platzhirsch hat mich kurz ins Grübeln gebracht: Wer soll das denn sein, lieber Aaron? Oder hast du dich dabei selbst in der Lichtung schimmern sehen?

Sag’s ruhig – ich freue mich immer, wenn ich die Tierwelt im Forum besser kennenlerne.
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