Alle 9.545 Textkommentarantworten von Graeculus

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Zum letzten: Da hast Du recht ... ich hätte mich genauer ausdrücken müssen."

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Zu Deinem Text: Ist das nicht gut, wie inspirierend der Kafka ist? Mehr kann Literatur ja kaum leisten."

06.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Was sich im 20. Jahrhundert so alles ereignet hat und sich - wie wir nun feststellen müssen - nunmehr fortsetzt, also 230 Jahre nach der Verkündung der allgemeinen Menschenrechte, läßt sich nicht mehr mit Hegels Vernunft in der Geschichte erklären: Falls da ein Logos am Werke ist, ist es einer, den wir nicht begreifen können. Inwiefern sind Nikolaus von Kues und Meister Eckehart dabei (eventuell) nützlich? Kannst Du das kurz erläutern? Man mag sagen, daß meine Vorstellung von Gerechtigkeit eine beschränkte ist - aber es ist nun einmal die einzige, die ich habe. Der Taoismus beschreibt eine Naturordnung, in der z.B. die Anwendung von Gewalt negative Folgen hat. Ja, tröstet das denn diejenigen, die durch diese Gewalt um ihr Leben gekommen sind? Oft sind die negativen Folgen nicht einmal negativ für diejenigen, die sie zu verantworten haben. Irgendwo habe ich einmal gelesen (ich glaube, es war bei Dostojewskij): Ich möchte, daß jedes einzelne ermordete Kind getröstet wird, sonst kann ich mich mit dieser Weltordnung nicht abfinden. (Vielleicht kennst Du diese Stelle sogar; dann frische bitte meine Erinnerung auf und sage mir, wo das steht.) Gut erinnern kann ich mich noch an einen Dokumentarfilm über die Hinrichtung eines Farbigen in den USA, wobei wir die ganze Zeit den Eindruck haben: 1. Dieser Farbige ist ein sehr sympathischer Mensch. 2. Die Beweise gegen ihn sind jämmerlich. 3. Hier wird ein Unschuldiger hingerichtet! Am Schluß tritt sein Verteidiger vor die Kameras der Journalisten und sagt: "This is a sick world!" Verstehst Du, was ich meine?"

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Daß speziell das Judentum eher eine Kult- als eine Glaubensgemeinschaft ist, entspricht meinem - etwas unsicheren - Eindruck, allerdings mehr aus aus Begegnungen mit Juden. Liest man die Thora, kommt man nicht leicht darauf. Als Kultgemeinschaft erscheint mir allerdings das Christentum als wenig attraktiv. Und wenn man direkt sagt, daß man nicht an Gott glaubt, kommt das dort nicht gut an. Die Offenheit für einen Sinneswandel ist eine vorzügliche Eigenschaft, meine ich; aber sie schließt wohl ein unbedingtes Vertrauen in Gott aus. "Offene Weite, kein Spur von heilig" (Bodhidharma) gefällt mir gut. Witzig, einer der Vorzüge des Nicht-Glaubens an ein Leben nach dem Tod ist der, daß man sich dann nicht 'von oben' eine kirchliche Predigt anhören muß."

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Zum vorigen: Gestatte, daß ich dies mit einem eigenen Eindruck zum Christentum als Kultgemeinschaft beantworte, der meinen Standpunkt in Teilen in Frage stellt. Bei mir: katholischer Hintergrund. Vor ca. 12 Jahren war ich mit Freunden für eine Woche in Rom. Am letzten Tag mußten wir vormittags aus dem Hotel raus, das Flugzeug startete aber erst nachmittags. Was tun mit der Zwischenzeit? In der Nachbarschaft des Hotels befand sich eine der großen Kirchen Roms: Santa Maria Maggiore, Patronatskirche eines Kardinals. Dort begann ein Hochamt (besonders feierliche Messe), und das haben wir uns dann halt angeschaut. Die Liturgie war tridentinisch, also auf Latein, samt Chorgesang. Weihrauch und Kostüme inklusive. So wie ich es aus meiner Kindheit noch kannte. Der Zelebrant war der Kardinal. Ich konnte mir nicht helfen: mir standen die Tränen in den Augen. Das ist ja nun rein kultisch und hat mit theologischem Inhalt nichts zu tun - aber es muß ganz tief sitzen! Übrigens ist es der Freundin mit katholischer Vergangeheit genau so ergangen, während die anderen gar nicht wußten, was wir hatten. Die Kindheitsprägung scheint ungeheuer wichtig, und das ist ja nun eine kultische."

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Ich habe die Ausgangsthese mit der Meinung "des ersten" gleichgesetzt, was falsch sein kann. Dann bin ich in der Tat von Gleichnissen ausgegangen, die sich auf die Transzendenz beziehen, also beispielsweise Gott, Himmel usw. (an sich uns völlig unbekannt) durch Gleichnisse anschaulich machen: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn" etc. (Buddhas Gleichnisse haben oft nicht diesen Charakter, sondern sind ganz immanent; aber die meint Kafka sicherlich nicht.) Aber wieso wird man dadurch selbst zum Gleichnis? Als idealer Mensch, so wie Gott und Himmel Ideale, nicht Realitäten sind? Oder als Gläubiger? So recht klar ist mir das nicht, auch nicht in Deiner Interpretation. Das Weitere leuchtet mir bei Dir ein - wobei ich bei Dir dann doch eine kritische Stellung Kafkas zu Gleichnissen herauslese (und dem zustimme). Meint er damit nun auch seine eigenen gleichnishaften Texte? "In der Strafkolonie" ist ja gewiß ein Gleichnis."

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Gewiß steckt in den lateinischen Gebeten, den gregorianischen Chorälen viel theologisches Gedankengut, wenn man auf den Inhalt achtet. Aber darum geht es m.E. nicht und ging es mir jedenfalls nicht in dieser Situation. (Die meisten Gläubigen verstehen ja eh kein Latein.) Es war die Theaterinszenierung, die mich so berührt hat! Deswegen meine ich, daß es da um Riten geht; und deswegen irre ich mich vermutlich, wenn ich sage, daß das katholische Christentum da schwach auf der Brust ist. Evangelische Gottesdienste hingegen kenne ich gar nicht. Sie würden, so vermute ich, nicht auf mich wirken. (Du tust Dich da breitflächiger um.) Rubrizistik kenne ich nicht. Kannst Du das kurz erklären?"

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Den Tod kann man als Hinübergehen bezeichnen, das geschieht ja häufig. Aber wieso wird man dadurch zum Gleichnis? Die Struktur des Gleichnisses ist doch diese: Es verhält sich so wie ... Der Tote ist nicht mehr vorhanden, aber es ist so, als ob er vorhanden wäre? Im Grab, im Gedenken? Meinst Du das? Durch die Inspiration bin ich wie wiedergeboren? Seine Gleichnisse wollen die Welt nicht erklären. Er zeichnet ein Bild und wenn wir vermeinen es zu sehen, zeigt er uns eine weitere Facette welche dem Bild eine neue Farbe verleiht, dann eine weitere usw. Er bringt uns der "ich weiss dass ich nichts weiss"  Fraktion näher. Ja, das stimmt. Das macht seine Texte unausschöpflich."

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "An Dieter Wal 1: Ha, danke. Mir wird bewußt, daß ich noch nie in ein liturgisches Buch hineingeschaut habe, speziell nicht ins Missale. Auch mit Amuletten habe ich keinerlei Erfahrung. Was Du schreibst, klingt geradezu beunruhigend. Wie kann ein Spruch eine solche Wirkung haben? Anscheinend kann er es. Muß man dazu besonders suggestibel sein? Bin ich dafür "unmusikalisch"? Eigentlich habe ich selbst meine Kindheit nicht als gläubiger Mensch erlebt. Damals, als Kind, hätte ich das nicht so sagen können; aber heute ist es mir klar, daß es keinen Gottesbezug gab und daß ich als natürlicher Heide in eine religiöse Umgebung gerutscht war. Was mir bis Rom nicht bewußt war: in welchem Maße die andere Seite der Religion, das Rituelle in meinem Unbewußten verankert war. Das funktioniert bei heutigen Gottesdiensten überhaupt nicht mehr. Aber daß mir das bei einem lateinischen Hochamt erneut passieren könnte, halte ich für möglich. Ein interessantes Experiment wäre die Teilnahme an einem Gospel-Gottesdienst - wegen seines stark rauschhaften Charakters. Hast Du damit Erfahrungen gemacht? Ist es nun Jesus oder Dionysos, dem dort gedient wird? (Die Beziehung Jesus : Dionysos ist schon spannend.)"

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "An Dieter Wal 2: Das ist etwas anderes! Ich meinte speziell das Lesen. Das berührt mich oft mehr als das mündlich Erzählte. Vielleicht deshalb, weil es in einem guten Buch gekonnt geschildert wird. Konsequenterweise ist das auch bei einem guten Film möglich. Bei anderen Menschen funktioniert das ganz anders, das weiß ich."

Diese Liste umfasst nur von Graeculus abgegebene Antworten bzw. Reaktionen auf Kommentare zu Texten. Eigenständige Textkommentare von Graeculus findest Du  hier.

 
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