Alle 10.091 Textkommentarantworten von Graeculus

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Ein Vorurteil ist eine verfestigte Intuition, kann man das so sagen? Wenn man dem Vorurteil entgegenwirken will, müßte man meines Erachtens bei der Intuition mit der Reflexion ansetzen, d.h. sie nicht ohne weiteres zur Grundlage des eigenen Verhaltens machen."

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Interessant. Ich habe den Eindruck, daß man (auch) mit einem Vorurteil Neuem begegnet. Intuitiv lehnen z.B. viele Menschen Fremde ab. Begegnen sie nun einem neuen Fremden (etwa einem, der in die Nachbarschaft zieht), dann wenden sie dieses Vorurteil auf diesen neuen Fremden an. Dann kommt der Punkt, in dem ich Dir uneingeschränkt zustimme: Derjenige, der es hat, nennt ein Vorurteil nicht Vorurteil, sondern Intuitin (oder Instinkt). Du hältst das für einen Mißbrauch des Begriffs und siehst einen echten Unterschied. Den müßtest Du mir angeben. Im Neuen an sich liegt er m.E. nicht, aber vielleicht in einer im Vergleich zum Vorurteil doch größeren Offenheit. Das ist schwer zu entscheiden, wenn die betreffenden Menschen diesen Unterschied selbst nicht machen."

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Nein, es gibt keinen Menschen ohne Vorurteile. Gesteht man sich die ein, wird man sie nicht - rechtfertigend - Intuition oder Instinkt nennen. Das zu tun, ist eine Schutzbehauptung. Indem ich darüber nachgedacht habe, wurde mir unklar, was denn eigentlich Intuition und Instinkt sein sollen, wenn sie nicht zur Tarnung von Vorurteilen dienen. Ich weiß es nicht. Deshalb habe ich meinen Gedanken als Frage(n) formuliert."

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Ist ein Vorurteil eine Annahme, die sich als nicht zutreffend herausstellt ... für den Betreffenden selbst? Nun, erstens gibt es auch positive Vorurteile (zugunsten von irgendetwas). So hat z.B. ein CDU-Mitglied Vorurteile zugunsten der CDU-Politik. Zweitens gebraucht man nach meinem Eindruck das Wort "Vorurteil" grundsätzlich nur bei anderen. Bei sich selbst spricht man lieber von Intuition o.ä. Eine Ausnahme könnte der Fall sein, daß jemand sich von einem Vorurteil gelöst, befreit hat. Aber nicht, an dem man selber hängt, bezeichnet man als Vorurteil."

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Intuition und auch Instinkt können einen furchtbar in die Irre führen. Deshalb setze ich selbst sie keineswegs mit "gut" gleich. Das tun nur Leute, die sich unkritisch darauf verlassen. Begegnet ihnen das gleiche bei anderen, nennen sie es Vorurteil ... und kritisieren es damit. Eigentlich ist das Vorurteil - neutral gesehen - ein Vor-Urteil oder, wie Du schreibst, ein Vor-Bild (was natürlich im normalen Sprachgebrauch etwas anderes meint). Es ist eine Basis, von der aus wir neue Erfahrungen einschätzen. Dabei kann das Vor-Urteil durchaus positiv sein: für die eigene Partei, die eigene Rasse, die eigenen Nachkommen usw. Allerdings nennt man es dann auf keinen Fall ein Vorurteil. Will sagen: mit "gut" und "schlecht" meine ich die Art, wie die Menschen diesen Vorgang einschätzen. Bei sich selber sprechen sie von Intuition (und finden das gut), bei anderen von Vorurteil (und finden das schlecht). Hast Du schon einmal jemanden sagen hören: "Ich habe ein Vorurteil gegenüber X, und das ist gut so!"? Ist mir noch nicht begegnet."

21.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Das stimmt. Sowohl die (positiv konnotierte) Intuition als auch das (negativ konnotierte) Vorurteil (= Vor-Urteil) haben Vorteile. Sie ermöglichen die schnelle Einschätzung einer Lage. Trivial gesagt, wenn ich einem Löwen begegne, kann ein Vorurteil gegenüber Löwen lebensrettend sein. Allerdings würde man das selber dann wohl eher Instinkt nennen. Will man ein Verhaltensmuster positiv darstellen (vor allem bei sich selbst), nennt man es Intuition bzw. Instinkt, will man es negativ darstellen (vor allem bei anderen), heißt es Vorurteil. Das ist der einzige klare Unterschied, den ich sehe."

22.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Es gibt keine "Anderen". In jedem Wesen begegnet sich das Eine. Das ist meine Empfindung ...Nach meiner Empfindung merkt man dir diese Empfindung selten an."

22.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Es ist kein schlechter Reformvorschlag, dafür ein neues Wort zu etablieren: Vor-Urteil, Vor-Bild, Vor-Vorstellung. Dann wäre man vielleicht sogar leichter bereit, es zu revidieren. Vorurteil hingegen - das weist man hingegen (instinktiv?) weit von sich."

22.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Dem ersten Abschnitt stimme ich zu, obgleich Du ihn mit "Nee, Graeculus" einleitest. In aller Regel ist "Vorurteil" negativ konnotiert, weshalb man es auch nie sich selbwer zuordnet. Überlegt man aber, was damit eigentlich gemeint ist, eine Vorab-Einstellung zu etwas, dann wird es m.E. klarer, daß es auch positive Vorurteile (zugunsten von etwas) gibt, was wir dann freilich ungern "Vorurteil" nennen. Walldorf & Städtler, das sagt mir leider nichts. Vorurteile habe ich gegen religiöse Menschen, und ich empfinde das durchaus als einen Instinkt von mir. (Ich meine, auch Nietzsche hat das so gesehen.)"

22.11.21 - Kommentarantwort zum eigenen Text  ... und Vorurteil?: "Daß die Intuition eine ergebnisoffene Prüfung ist, würde sie in der Tat vom Vorurteil unterscheiden. Ich muß mal darüber nachdenken, ob sich das mit meinen Eindrücken deckt. Hitler war ein gläubiger Antisemit. Das war gewiß ein Vorurteil von ihm. Beruhte es auf einem Instinkt oder auf einer Wahrnehmung? Wie Du schreibst, war diese Wahrnehmung jedenfalls selektiv. Und das beobachte ich häufig bei Vorurteilen. Die Wahrnehmung ist schon geleitet von der Absicht, etwas Bestimmtes wahrzunehmen."

Diese Liste umfasst nur von Graeculus abgegebene Antworten bzw. Reaktionen auf Kommentare zu Texten. Eigenständige Textkommentare von Graeculus findest Du  hier.

 
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