Alle 9.505 Textkommentarantworten von Graeculus

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Zu Deinem Text: Ist das nicht gut, wie inspirierend der Kafka ist? Mehr kann Literatur ja kaum leisten."

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Gewiß steckt in den lateinischen Gebeten, den gregorianischen Chorälen viel theologisches Gedankengut, wenn man auf den Inhalt achtet. Aber darum geht es m.E. nicht und ging es mir jedenfalls nicht in dieser Situation. (Die meisten Gläubigen verstehen ja eh kein Latein.) Es war die Theaterinszenierung, die mich so berührt hat! Deswegen meine ich, daß es da um Riten geht; und deswegen irre ich mich vermutlich, wenn ich sage, daß das katholische Christentum da schwach auf der Brust ist. Evangelische Gottesdienste hingegen kenne ich gar nicht. Sie würden, so vermute ich, nicht auf mich wirken. (Du tust Dich da breitflächiger um.) Rubrizistik kenne ich nicht. Kannst Du das kurz erklären?"

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Zum vorigen: Gestatte, daß ich dies mit einem eigenen Eindruck zum Christentum als Kultgemeinschaft beantworte, der meinen Standpunkt in Teilen in Frage stellt. Bei mir: katholischer Hintergrund. Vor ca. 12 Jahren war ich mit Freunden für eine Woche in Rom. Am letzten Tag mußten wir vormittags aus dem Hotel raus, das Flugzeug startete aber erst nachmittags. Was tun mit der Zwischenzeit? In der Nachbarschaft des Hotels befand sich eine der großen Kirchen Roms: Santa Maria Maggiore, Patronatskirche eines Kardinals. Dort begann ein Hochamt (besonders feierliche Messe), und das haben wir uns dann halt angeschaut. Die Liturgie war tridentinisch, also auf Latein, samt Chorgesang. Weihrauch und Kostüme inklusive. So wie ich es aus meiner Kindheit noch kannte. Der Zelebrant war der Kardinal. Ich konnte mir nicht helfen: mir standen die Tränen in den Augen. Das ist ja nun rein kultisch und hat mit theologischem Inhalt nichts zu tun - aber es muß ganz tief sitzen! Übrigens ist es der Freundin mit katholischer Vergangeheit genau so ergangen, während die anderen gar nicht wußten, was wir hatten. Die Kindheitsprägung scheint ungeheuer wichtig, und das ist ja nun eine kultische."

07.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Ich habe die Ausgangsthese mit der Meinung "des ersten" gleichgesetzt, was falsch sein kann. Dann bin ich in der Tat von Gleichnissen ausgegangen, die sich auf die Transzendenz beziehen, also beispielsweise Gott, Himmel usw. (an sich uns völlig unbekannt) durch Gleichnisse anschaulich machen: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn" etc. (Buddhas Gleichnisse haben oft nicht diesen Charakter, sondern sind ganz immanent; aber die meint Kafka sicherlich nicht.) Aber wieso wird man dadurch selbst zum Gleichnis? Als idealer Mensch, so wie Gott und Himmel Ideale, nicht Realitäten sind? Oder als Gläubiger? So recht klar ist mir das nicht, auch nicht in Deiner Interpretation. Das Weitere leuchtet mir bei Dir ein - wobei ich bei Dir dann doch eine kritische Stellung Kafkas zu Gleichnissen herauslese (und dem zustimme). Meint er damit nun auch seine eigenen gleichnishaften Texte? "In der Strafkolonie" ist ja gewiß ein Gleichnis."

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Den Tod kann man als Hinübergehen bezeichnen, das geschieht ja häufig. Aber wieso wird man dadurch zum Gleichnis? Die Struktur des Gleichnisses ist doch diese: Es verhält sich so wie ... Der Tote ist nicht mehr vorhanden, aber es ist so, als ob er vorhanden wäre? Im Grab, im Gedenken? Meinst Du das? Durch die Inspiration bin ich wie wiedergeboren? Seine Gleichnisse wollen die Welt nicht erklären. Er zeichnet ein Bild und wenn wir vermeinen es zu sehen, zeigt er uns eine weitere Facette welche dem Bild eine neue Farbe verleiht, dann eine weitere usw. Er bringt uns der "ich weiss dass ich nichts weiss"  Fraktion näher. Ja, das stimmt. Das macht seine Texte unausschöpflich."

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "An Dieter Wal 2: Das ist etwas anderes! Ich meinte speziell das Lesen. Das berührt mich oft mehr als das mündlich Erzählte. Vielleicht deshalb, weil es in einem guten Buch gekonnt geschildert wird. Konsequenterweise ist das auch bei einem guten Film möglich. Bei anderen Menschen funktioniert das ganz anders, das weiß ich."

09.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Ach so, das erste verstehe ich jetzt: eigentlich eine Wiedergeburt in anderen, indem man für sie zur Inspiration wird. Das kann man so sehen. Das zweite wäre dann ein ähnlicher Vorgang, nur daß die Initiative dann von den anderen ausgeht, die z.B. jemanden zur Kultfigur machen. In diesem Sinne wäre z.B. Florence Nightingale ein Gleichnis, Caesar ein anderes. Dann kann jemand beides sein, Wiedergeburt und Gleichnis, richtig?"

08.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "An Dieter Wal 1: Ha, danke. Mir wird bewußt, daß ich noch nie in ein liturgisches Buch hineingeschaut habe, speziell nicht ins Missale. Auch mit Amuletten habe ich keinerlei Erfahrung. Was Du schreibst, klingt geradezu beunruhigend. Wie kann ein Spruch eine solche Wirkung haben? Anscheinend kann er es. Muß man dazu besonders suggestibel sein? Bin ich dafür "unmusikalisch"? Eigentlich habe ich selbst meine Kindheit nicht als gläubiger Mensch erlebt. Damals, als Kind, hätte ich das nicht so sagen können; aber heute ist es mir klar, daß es keinen Gottesbezug gab und daß ich als natürlicher Heide in eine religiöse Umgebung gerutscht war. Was mir bis Rom nicht bewußt war: in welchem Maße die andere Seite der Religion, das Rituelle in meinem Unbewußten verankert war. Das funktioniert bei heutigen Gottesdiensten überhaupt nicht mehr. Aber daß mir das bei einem lateinischen Hochamt erneut passieren könnte, halte ich für möglich. Ein interessantes Experiment wäre die Teilnahme an einem Gospel-Gottesdienst - wegen seines stark rauschhaften Charakters. Hast Du damit Erfahrungen gemacht? Ist es nun Jesus oder Dionysos, dem dort gedient wird? (Die Beziehung Jesus : Dionysos ist schon spannend.)"

10.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Sakralmusik und kultische Handlungen bewirken Katharsis. Die Teilnehmer "laden dabei ihre Batterien auf". Das ist eine sehr gute Aussage. Es beschreibt die Wirkung von Gospel auf mich und wird auf viele Menschen, die Gottesdienste besuchen, zutreffen. (Ist wie in der Aristoteles-Deutung der Tragödie.) Bei Amuletten - Dank für die Abbildung! - vermute ich zunächst, daß der Glaube daran die Wirkung verursacht. Aber ich bin weit entfernt davon, etwas dazu zu wissen. Interessantes Gespräch!"

10.07.22 - Kommentarantwort zum eigenen Text  Wiedergeburt?: "Gleichnis im Sinne von Vorbild. Dem möchte ich spontan zustimmen. Leider nennst Du selbst gleich wieder einen Einwand bzw. ein Problem bei dieser Annahme. Verloren in dem Sinne, daß man selber tot ist? Falls ich nochmal einen derart spannenden Text finde, teile ich ihn Dir mit!"

Diese Liste umfasst nur von Graeculus abgegebene Antworten bzw. Reaktionen auf Kommentare zu Texten. Eigenständige Textkommentare von Graeculus findest Du  hier.

 
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