Gottesfurcht [Prosa]

Kurzprosa zum Thema Gott

von  loslosch

Die Furcht vor Gott (oder den Göttern) ist Ausgangspunkt der Gläubigkeit. Sie ist auch ein Nebeneffekt des Anthropomorphismus, jener Vorstellung, die menschliche Gestalt und Verhaltensweisen überträgt auf nichtmenschliche Dinge, besonders in der Gottesvorstellung. Petronius (1. Jh. n. Chr.) formulierte zugespitzt:

Primus in orbe deos fecit timor.  Als erstes erschuf die Furcht die Götter hier auf Erden.

Von dort ist es nur ein kleiner Schritt bis zu der Erkenntnis, dass sich Menschen höhere Wesen nach ihrem Ebenbild vorstellen. Früh erkannte dies als einer der ersten der oft unterschätzte Xenophanes (570 - 475 v. Chr.) mit seiner psychologisierenden Deutung:

Wenn Kälber Götter hätten, würden sie sich ein Kalb zum Gotte machen.


Anmerkung von loslosch:

Spiegeltext zum gleichnamigen Sonett   .

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (30.10.09)
Ja, die Kälber...

sorgen dafür, dass ich der Prosafassung den Vorzug gebe. Sie enthält einfach mehr Fleisch.

Links statt Hinweisen in der Anmerkung wären gut.

LG, Dirk
Misanthrop (31) meinte dazu am 30.10.09:
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 loslosch antwortete darauf am 30.10.09:
Ja, Links sind besser. Hier konnte ich sie nicht auf Vorrat speichern (für das Einstellen in der Geisterstunde). Die ungleichen Zwillinge hatten ja noch keine Geburtsnummer.

@Misa: Mehrteiler bei zwei würden mich unter Erfolgsdruck setzen, mich an meine Kapazitätsgrenze führen.

Lothar

 Didi.Costaire schrieb daraufhin am 30.10.09:
Ein Link in den Himmel und ein Meerteiler auf Erden -

das liefert doch jede Menge Material.

 loslosch äußerte darauf am 31.10.09:
Ich hab mal am Sonett rumgebastelt, Deinen Bedenken Rechnung tragend, damit Du von der Fleischvariante wegkommst und zur gereimten, fleischlosen Variante findest. Lo
Klopfstock (60)
(30.10.09)
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Misanthrop (31) ergänzte dazu am 30.10.09:
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Klopfstock (60) meinte dazu am 30.10.09:
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 loslosch meinte dazu am 30.10.09:
Hiermit kündige ich einen ausführlichen Komm zu beiden Beiträgen an - für heute! :) Lothar
Misanthrop (31) meinte dazu am 30.10.09:
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 loslosch meinte dazu am 30.10.09:
Mal kurz zwischendrin: Oida ouk eidoos [ouk und nicht ouden] heißt wörtlich und präzise "ich weiß, dass ich NICHT weiß, d. h., ich weiß, das ich ein Nicht-Wissender bin. Zitat: "... dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen ..."

Man sollte mal wieder googlen. Geht sogar mit der falschen Übersetzung ...

Letztlich Nebenkriegsschauplatz. :) Lo

 loslosch meinte dazu am 30.10.09:
Petronius lag zu seiner Zeit sicher richtig mit der Deutung, Furcht stehe am Anfang des Glaubens. Deine Frage, warum heute, wo die existenziellen, materiellen Probleme (bei den meisten) gelöst sind, der Drang nach Glauben immer noch, sogar verstärkt, vorhanden ist, versuche ich mit den Bordmitteln der "Introspektion" zu beantworten:

Keiner, außer dem Schwerkranken oder Gestörten, FREUT sich auf den Tod, zumindest im europäischen und kulturell europäisch beeinflussten Raum. Vielen scheint unbegreiflich, dass es mit der individuellen Existenz nach dem Tod mutmaßlich unwiderruflich zu Ende ist. Diese Vorstellung belebt Urängste, bei einigen in der Entwicklungsphase schon, bei anderen in Sinnkrisen. Hier bedient der Glaube (in Gestalt von Religion) "fromme Wünsche". Hier werden Sinnfragen "beantwortet", letzte Wahrheiten angeboten.

Die andere Frage, was es bedeutet, EWIG zu leben, ja leben zu müssen, könnte ebenfalls angsteinflößend sein. Aber da hört das weitere Nachdenken auf...

Dann noch die Vorstellung: Wenn der Tod etwas Endgültiges ist, wozu ist dann das Leben nütze? Ich halte dagegen: Warum soll ich mich morgens ankleiden, wenn ich mich abends wieder entkleide? Pardon, kleiner Scherz.

Ist Kunst [sowie Musik und Wissenschaft] nicht auch ein Drang nach mehr? Die richtige Frage. Und wer hat sie beantwortet? Altmeister Goethe - in einem wundervollen Kurzgedicht, das es in sich hat. Goethe als Freimaurer war ja keiner Religion verpflichtet, sondern "nur" humanistischen Idealen (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz). Seine agnostische Grundeinstellung konnte und musste er zeitgerecht etwas einnebeln. Um so schöner dieser Vierzeiler:

Wer Wissenschaft und Kunst besitzt,
Hat auch [!] Religion;
Wer jene beiden nicht besitzt,
Der habe [soll in Gottes Namen haben!] Religion.

Klasse gemacht vom Dichterfürsten. Und vielen Dank für Deine - z. T. wohl unbeabsichtigten - Anregungen.
Lothar
Klopfstock (60) meinte dazu am 30.10.09:
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 loslosch meinte dazu am 31.10.09:
Die Wissenschaft als Pseudo-Ersatzreligion. Das hat der Alte aus Weimar mE richtig gesehen, wenn auch nicht mit dem heutigen Wissenschaftsbild (er hielt noch den Donner für das Geräusch von Meteoriten, die aufeinander treffen usw.). Gerade das Unfertige, der Fort-schritt, die Widerlegung durch Modifikation von Theorien, der Prozess des Trial and Error (es geht auch deutsch: Versuch und Irrtum) ist das Gegenbild von Glauben, der dem Menschen Schein-Gewissheiten bietet. Und auch im künstlerischen Bereich kann es so etwas ähnliches wie Fortschritt geben, wenn auch der persönliche Geschmack immer dominieren wird.

Wenn einer keine wissenschaftlichen oder künstlerischen (im weitesten Sinne; dazu zählt auch das Schachspiel, wohl kaum das Skatspiel ...) Interessen hat, der "habe" Religion. In Gottes Namen ... :)
Lothar
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