Der waltende Gott

Persiflage zum Thema Gott

von  loslosch

Homo proponit, sed Deus disponit (Thomas von Kempen, ~1390 bis 1471; Imitatio Jesu Christi - Die Nachfolge Christi). Der Mensch macht Vorschläge, aber Gott ordnet an.

Der Augustiner-Chorherr und große christliche Mystiker vom niederrheinischen Kempen gründete seinen Aphorismus auf einer inneren Gewissheit, der Existenz eines waltenden Gottes. Der Volksmund bildete daraus einen eigenen Reim: Der Mensch denkt, aber Gott lenkt. Spötter, auch wohlmeinende, machten daraus einen Vierzeiler: Der Mensch denkt,/ aber Gott lenkt./ Der Mensch dachte,/ aber Gott lachte.

Sie bewegten sich gedanklich immer noch auf dem Boden des Introversions-Mystikers, hatten jedoch unversehens eine Parodie geformt. Sollte die Existenz Gottes pure Spekulation sein, so ist die Spekulation auf himmlisches Lachen gelungenes Wortspiel. Denn was nicht existiert, mag durch ein supponiertes Lachen sein Desinteresse am menschlichen Denken und Wollen bekunden. Ein Gott, der nichts bewirkt und nichts beeinflusst, ist eine wundersame menschliche Kreation.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (02.08.14)
"Der Mensch denkt,/ aber Gott lenkt./ Der Mensch dachte,/ aber Gott lachte."
Diesen Vierzeiler kannte ich noch nicht. Fast täglich erfährt man von Schicksalen, die einen denken lassen, dass er zutrifft.
Man könnte auf die Idee kommen, dass Atheisten auf der sicheren Seite sind, weil sie darüber nicht nachdenken müssen.
alpeko (69) meinte dazu am 02.08.14:
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 loslosch antwortete darauf am 02.08.14:
@alpeko: ... gerne an gott glauben.

dann hätten wir wieder den circulus vitiosus.

@ekki: ein protestant verließ nach jahren des quälenden ringens mit sich die kirche. die folge: er fühlte sich wie von einer fessel befreit. so berichtete er jahre später. der agnostiker fühlt sich nicht auf der sicheren, sondern auf der ehrlichen seite. aber das meintest du wohl.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 02.08.14:
@Alpeko und loslosch: Meine Bemerkung zu den Atheisten auf der sicheren Seite ist ist als Ironie zu verstehen. Den Agnostiker auf der ehrlichen Seite akzeptiere ich ohne Ironie.

 loslosch äußerte darauf am 02.08.14:
klar, du schriebst ja im konjunktiv.

 niemand (02.08.14)
Den Spruch: Der Mensch denkt und Gott lenkt" könnte man leicht abgewandelt auch für Ungläubige gefällig machen und zwar, wenn man die Natur als eine Art Gott annimmt. Denn in der Tat ist der Mensch letztlich ihre Schöpfung und sage mir keiner, dass er in allen Punkten
ein siegreicher Denker sei und der Natur überlegen. Er bemüht sich zwar redlich um ein bisschen Kultur, doch der Urwald ruft. Und das tierische Fell dringt immer irgendwo durch die seidene Kluft. Schon der Kapitalismus ist, auch wenn es vordergründig anders aussieht, etwas was die Natur enttarnt: Die Gier des Stärkeren sich sein
fettes Teil der Beute einzuverleiben. Man gucke sich unter den Raubtieren um. Der Kommunismus hat da recht wenig Chancen - er scheitert immer an der Kraft der Natur und ihrer ICH-Sucht. Der Mensch denkt, die Natur lenkt.
Mit herzlichen Grüßen, Irene

 loslosch ergänzte dazu am 02.08.14:
pantheistisch interpretiert und richtig!

 TrekanBelluvitsh (02.08.14)
Welches Formular benötigt man denn für die Vorschläge? Oder reicht ein formloses Schreiben? Wie lautet die Anrede? Sehr geehrte Damen und Herren? - Korrekt, wenn man das ganze Heiligengedöns mitrechnet -, Lieber Herr Gott?, Liebe Frau Gott?, Was geht ab?... ich bin verwirrt...

 loslosch meinte dazu am 02.08.14:
nur in der gebetsform bitte. die schlussformel nicht "A-men", sondern "A-men and Wo-men".
Graeculus (69)
(02.08.14)
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 loslosch meinte dazu am 02.08.14:
trick dabei: in sämtlichen religionen gibt es "oberwesensverwalter"!
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